7.

Waage-Venus

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Das Prinzip von Harmonie, Partnerschaft und Ästhetik

 

In der Liebe versinken und verlieren sich alle
Widersprüche des Lebens. Nur in der Liebe
sind Einheit und Zweiheit nicht in Widerstreit.

Rabindranath Tagore

Die senkrechte Themenkette

Das luftige Waage-Venusprinzip folgt im Entwicklungskreis auf das irdische und archetypisch weibliche Jungfrau-Merkurprinzip. Dem Wechselspiel von Yin und Yang zufolge ist dieses Venusprinzip wieder dem männlichen Yang zuzuordnen, was auch schon aus seinem Element Luft hervorgeht. Waage-Venus ist sogar das kardinale, also alles im Luftreich in Gang bringende Prinzip. Trotzdem lässt der Name Venus-Aphrodite natürlich vor allem weibliche Assoziationen aufkommen, die uns beim Mythos noch beschäftigen werden.

Das Luftelement ist so wenig greifbar, dass es irdischen Ausgleich braucht; deshalb wird das luftige Waage-Venusprinzip durch das irdische Stier-Venusprinzip ergänzt – wie das Prinzip des luftigen Zwillinge-Merkurs durch das des irdischen Jungfrau-Merkurs. Früher unterstand übrigens das heutige Uranusprinzip noch dem irdischen Saturnprinzip.

Das Lebensprinzip der Waage-Venus bringt Ausgleich und Balance, Aussteuerung und Gleichgewicht, außerdem Schönheit und Harmonie und deren Verbindung in Eleganz und Gleichmaß ins Leben. Folglich ist der Goldene Schnitt hier ein Anliegen, denn alles, was im »goldenen« (Strecken-) Verhältnis aufgebaut ist, empfinden wir als schön und harmonisch.

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Bild 123

Das Pentagramm – die Form, die der Planet Venus im Laufe von acht Jahren an den Himmel zeichnet. Der goldene Winkel beträgt 137,5 Grad.

Auch für Versöhnung, Frieden und jene Diplomatie, die beides durch gerechten Ausgleich der Interessen und Energien verwirklicht, ist das Waage-Venusprinzip zuständig. Darüber hinaus steht es für Erotik und Liebe, für Verbindungen und speziell Partnerschaft. Sorgfältig abwägen, bemessen und gerecht beurteilen und Unterschiede ausgleichen, ist das Anliegen dieses Lebensprinzips.

Hier zeigt sich große Offenheit für Begegnungen. Generell wird bei Waage-Venus die Umwelt als Ergänzung gesehen und das Du als Ausgleich zum eigenen Ich erstrebt. Trotzdem hat dieses luftige Prinzip mehr mit dem Kopf und folglich dem Intellekt beziehungsweise dem Geistigen zu tun. Und obwohl romantische Gefühle des Verliebtseins Raum bekommen, will man sich bei diesem Venusprinzip weniger gefühlsmäßig (ver-)binden als beim urweiblichen Mondprinzip. Mondhafte Wünsche nach Geborgenheit und Gemütlichkeit sind hier fremd. Auch identifiziert man sich unter dem Waage-Venusprinzip ungern; die beim Mondprinzip aufkommenden Verschmelzungswünsche werden nicht geteilt. Ein vom Waage-Venusprinzip geprägter Mensch bleibt lieber in der abwägenden Position, deshalb vage und in einer distanzierten, an ästhetischen Kriterien orientierten Betrachterrolle.

Das Prinzip ist das erste des dritten und damit des Begegnungsquadranten, in dem es um das Denken geht, was erst durch eine Abstraktion vom Ich möglich ist. Tatsächlich können wir nach dem Resonanzgesetz nur dem innerlich begegnen, was wir denken, uns vorstellen, in inneren Bildern ausmalen und mit Ideen erfassen können. Wir reagieren überhaupt nur auf Dinge, die in unserer Vorstellungs- und Ideenwelt bereits bewusst oder unbewusst angelegt sind. Genau das macht den Charme von Geschichten wie der vom Papalago aus, der, als Südseehäuptling in unsere Welt verschlagen, hier vieles einfach übersieht, oder des australischen Crocodile-Dundee aus dem Outback, der in New York über viele Dinge konsequent hinwegsieht oder sie seiner Wahrnehmung entsprechend anders sieht und deutet.

Im menschlichen Entwicklungskreis kann nach der Phase intensiver Verwertung durch den irdischen Jungfrau-Merkur bei Waage-Venus nun Kultur erblühen. Geschmack, Stil und Kunst und ganz allgemein ein Gefühl für Ästhetik sowie kultivierte Eleganz entwickeln sich. Es wird eine Lebensart gepflegt, bei der alles vortrefflich zusammenpasst und die sich ständig verfeinern lässt, allerdings mit der Gefahr, in reine Abstraktion, Manieriertheit und Snobismus abzugleiten. Dieser Anspruch des Waage-Venusprinzips steht dem im Entwicklungskreis stimmigerweise gegenüberliegenden und für seine unbedachte, vorwärtsstürmende Art bekannten Marsprinzip diametral entgegen. Unter dem Einfluss von Waage-Venus will man alles erst distanziert wahrnehmen und abwägen, um dann unparteiisch darüber zu sinnieren, wie etwaige Gegensätze auszugleichen und ausgewogene Beurteilungen erreichbar sind. Darin wird bereits die hier typische Entscheidungsschwäche, die das marsische Gegenüber gar nicht kennt, deutlich und verständlich. Mit diesem ausgeprägt ausgleichenden Denken steht Waage-Venus subjektiven Bedürfnissen distanzierter gegenüber als alle im Kreis vorausgehenden Prinzipien. Egozentrische, gefühlsbetonte, instinktive Vorgehensweisen sollen gemäßigt werden, um nach gerechtem und natürlich unparteiischem Urteilen alles unter einen Hut zu bringen, so dass ausgleichende und wohltuende Harmonie entsteht. Damit sind ethisch-moralische und ästhetische Maßstäbe und Ideale bei diesem Lebensprinzip sehr wichtig. Das zweckorientierte Nützlichkeitsdenken, das für Jungfrau-Merkur typisch ist, wird hier zugunsten von Geschmack und Ästhetik, ausgleichender Harmonie und Schönheit überwunden.

Das Metall des Waage-Venusprinzips ist Kupfer, das als Kupfermünze Glück bringt wie der frühere Glückspfennig. Es ist als hoch leitfähiges Metall in Form von Kupferdraht in Elektroleitungen zu finden und überall, wo im übertragenen Sinn Verbindungen herzustellen sind, wie schon beim Stier-Venusprinzip besprochen: Wenn Kirchen- und Kirchturmdächer aus Kupfer sind, geht es um die Verbindung nach oben. Beim Hämoglobinaufbau kommt Kupfer eine entscheidende Katalysatorfunktion zu, denn im Organismus kann das marsische Eisen erst durch das Venusmetall Kupfer wirksam werden.

In der Homöopathie ist Cuprum (Kupfer) häufig das Mittel bei Nierenerkrankungen und Hautproblemen, die dem Waage-Venusprinzip zugeordnet werden. In ihrer Eigenschaft als Kontaktorgan gehört die Haut zu Venus; in ihrer Grenzfunktion ist sie Saturn zugeordnet. Außerdem hilft Cuprum oft bei den vom marsischen Gegenpol geprägten Krampfbeschwerden und -adern sowie bei Gallensteinen, die oft einiges an Kupfer enthalten und mit krampfartigen Koliken geboren werden. Das seelische Bild dieses Mittels zeigt einen kontaktfreudigen, wie auf Rosen gebetteten, genussvoll lebenden Menschen, der oft Bindungsängste hat und nicht selten unter Krankheitsbildern wie Akne leidet, die subjektiv Kontaktversuche verhindern.

Unter den Mineralien ist der rosafarbene Rosenquarz typisch, den der Legende nach Eros-Amor, der Gott der Liebe, auf die Erde gebracht hat. Auch der rosarote Turmalin, der Rubellit, gehört zu Waage-Venus.

Bei den Farben liegt Rosa nahe, das die Rose, eine klassische Venusblume, schon im Namen trägt. Auch Lila als Ausgleich zwischen männlich feurigem Rot und weiblich wässrigem Blau gehört zu Waage-Venus und wurde nicht zufällig zur Farbe der Frauenbewegung. Diese nahm sich auch das Venuszeichen zum Symbol, das uns beim Waage-Venusprinzip in seiner männlichen Rolle begegnet. Dem entspricht auch die Erfahrung, dass viele frauenbewegte Frauen sehr männlich um archetypisch ausgesprochen männliche Positionen kämpfen. Im Übrigen sind hier noch zarte, luftige, fast duftige Farben passend und das Blau des Planeten Venus.

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Die Gestalt von bis auf Körperebene vom Waage-Venusprinzip geprägten Menschen ist oft ebenmäßig und harmonisch, wohlgeformt, wohlproportioniert und symmetrisch. Nicht selten zeichnen sich solche Menschen durch eine schöne Linienführung aus, etwa der Oberlippe.

Unter den Berufen ist an jene zu denken, die auf Verbindungen und Begegnungen gründen und diplomatisches Geschick erfordern, wie eben Diplomat, aber auch Empfangschef, Restaurant-oder Hotelleiter, die ständig Wogen glätten müssen. Wo strategisches Denken und Planen erforderlich ist, sind Waage-Venustypen ebenfalls gefragt, was vom CEO bis zum Feldherrn reichen kann. Aber auch der Richterberuf kommt in Frage, da hier un- oder überparteiisches Denken und (Be-)Urteilen notwendig sind; dann auch Beratungsberufe, die auf Schlichtung und Ausgleich hinauslaufen wie vor allem Mediatoren und Ehe- oder Lebensberater, die auf harmonische Lebenskonzepte zielen.

Da die Lebensprinzipien immer das ganze Thema umfassen, reicht bei Waage-Venus die Spannweite vom Heiratsvermittler bis zur Kupplerin, Hauptsache, es kommen Verbindungen zustande. Natürlich sind auch solche Berufe typisch, die auf Geschmack und ästhetischem Empfinden aufbauen wie Dekorateur, Innenarchitekt, (Mode-)Designer, Bühnen-, Masken- und Kostümbildner sowie Friseur – besser gesagt Coiffeur. Und natürlich gehören alle Künstler zu Waage-Venus.

Begegnungen mit dem Du und Beziehung sind das zentrale Thema dieses Lebensprinzips. Die (arche-)typische Waage-Venus-Persönlichkeit ist liebreizend und aufs Flirten aus, dabei sehr auf Harmonie bedacht, um nicht zu sagen harmoniesüchtig. Sie geht also jedem Streit aus dem Weg, da sie es immer schön und angenehm haben will. Dieser Mensch träumt so sehr von harmonischer und heiler Beziehungswelt, aber da er (arche-)typischerweise bei Waage-Venus auch den Ausgleich im Du ersehnt und braucht, werden seine Beziehungen und Partnerschaften nicht selten zu Begegnungen zum Heil(-werden). Er begegnet also dem Du, dem Anderen, auch im Sinne des nach außen und auf den Partner projizierten Schattens.

Von Waage-Venus geprägte Menschen sind ständig auf der Suche nach Ergänzung im Außen, um ein Gefühl von Vollständigkeit zu bekommen. Sie wissen oder ahnen, wie viel dabei zu gewinnen ist im Sinne der Erkenntnis, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Vor dem Hintergrund ihrer hohen Kompromissbereitschaft und schon um Auseinandersetzungen zu vermeiden, ist es ihr Anliegen, das jeweilige Gegenüber zu verstehen und eine einander ergänzende und ausgleichende Beziehung zu führen, die ruhig etwas luftig bleiben darf. Ideen- und Gedankenaustausch ist beim Waage-Venusprinzip sehr wichtig, ebenso gemeinsames Ausgehen, Tanzen, sich mit anderen Treffen und Essengehen.

Über das Beziehungsthema machen sich Menschen mit Waage-Venusbetonung fast ständig Gedanken. Je leichter und flirtiger, je weniger verbindlich der Kontakt oder gern auch die Affäre bleibt, desto angenehmer ist es ihnen. Da das Gegenüber immer gleichsam wie ein Spiegel einbezogen und sogar für den anderen mitgedacht und geplant wird, ist beim Waage-Venusprinzip die Meinung der anderen und überhaupt der Umwelt sehr wichtig: »Was würden die anderen sagen?« Hier möchte man keinesfalls schlecht dastehen oder wegkommen und vermeidet alles, was dazu führen könnte. Der schöne Schein soll nicht getrübt werden. Entscheidungen, die irgendwen verletzen könnten, werden daher oft so lange gedanklich gewälzt und abgewogen, bis die Situation schon vorbei und die Chance verpasst ist. Diese Durchsetzungs- und Entscheidungsschwäche wird allerdings durch die Fähigkeit aufgewogen, faire Kompromisse und Vergleiche zu schließen, die möglichst allen Seiten gerecht werden. Ziel ist das hohe Ideal, bei dessen Durchsetzung das Waage-Venusprinzip aber nie fanatisch wird wie das folgende plutonische Prinzip. Die Gefahr ist allerdings, unter dem Waage-Venusprinzip zu viele faule Kompromisse zu schließen, die zu ungesunder Scheinharmonie führen, die dann zwangsläufig irgendwann unschön an die Oberfläche und eventuell auch an die Öffentlichkeit drängt.

Kleidung und Mode sind von großer Bedeutung für Menschen mit einer Betonung von Waage-Venus. Für sie kommen hochgeschlitzte, elegante Roben mit raffiniert gestaltetem, verführerischem Ausschnitt in Frage, die zusätzlich über auffälligen Modeschmuck oder stilsichere Accessoires für Beachtung sorgen. Als Material sind neben Chiffon auch Seide und Satin passend, und zwar einfarbige oder höchstens längsgestreifte Stoffe.

Die Herren leisten sich ebenfalls gern Auffälliges wie weiße Anzüge mit Einstecktuch. Vorbild könnte dabei die Mode des großen Gatsby sein. Das Ergebnis ist oft der Typ, dem Banker ungern Kredit geben, weil sie ihn für einen Schaumschläger halten nach dem Motto »Zu schön, um wahr zu sein«. Und natürlich kommt bei Venus-Aphrodite, der Schaumgeborenen, selbiger tatsächlich gern mit ins Spiel des Lebens. Das Ganze kann sogar ins Dandyhafte bis Aalglatte abrutschen, wenn das »Küss die Hand, gnä’ Frau« auch außerhalb von Wien zu häufig eingesetzt wird.

Weiterhin sind für die Herren modisch geschnittene Leinen-, Seiden- oder gar Samtanzüge denkbar, dazu Slipper, selbstverständlich ohne Socken, denn man(n) gibt sich betont stylish. So ein Leinenanzug wirkt dann auch schon mal leicht angeknittert, weil man eben so lässig und im Trend ist. Das zeigt auch die ins Haar geschobene Sonnenbrille und vielleicht sogar ein kleiner Brillant oder Ring im Ohr.

Das Lebensmotto könnte heißen: »Ein Himmelreich für Harmonie« oder »Make love not war«.

Die (arche-)typischen Adjektive aus dem Beziehungsbereich sind charmant und zuvorkommend, kokett und flirtend, sehr entgegenkommend und dabei taktvoll, für sich einnehmend und gewinnend, tolerant und anpassungsfähig, offen und kompromissbereit. Man ist idealistisch im Sinne von voller Ideale im Hinblick auf die ideale Partnerschaft, Gruppe, Nachbarschaft oder Arbeitssituation. In Beziehungen ist das Verhalten allerdings meist konkurrenzorientiert und eifersüchtig. Unter dem Waage-Venusprinzip kann man auch süchtig werden, eben liebessüchtig und bei wahnsinniger Verliebtheit in denselben treiben. Wird Venus-Aphrodite im Mythos beleidigt, wird sie zur Rachegöttin. Ihre derart gestrauchelten Anhängerinnen reagieren nicht selten rachsüchtig, wenn wir an Kriemhild aus der Nibelungensage denken.

Im sozialen Bereich verhält sich ein von Waage-Venus geprägter Mensch kontaktfreudig und gesellig, fair und gerecht, unparteiisch und ausgewogen, ethisch bewusst, gemeinschaftsbezogen, Gegensätze ausgleichend, friedlich und friedliebend, dabei aber entscheidungs- und initiativschwach wie auch strategisch denkend und abwägend, was auch als unehrlich wahrgenommen werden mag. Wer versucht, es allen recht zu machen, wird leicht als mogelnd empfunden und bei gar nicht böse gemeinten Lügen ertappt, sich die Wahrheit zurechtzuschminken. Auf der ganz unerlösten Ebene kann die ideenreiche Art im Verein mit Konfliktscheu und dem Bedürfnis nach dem schönen, friedlichen Lebensraum zu einem schrecklichen, dann auch kompromisslosen Schreibtischtätertum führen.

Die entsprechende Zeit im Jahr ist der Oktober mit dem Herbstäquinoktium, der Tagundnachtgleiche, also jene Zeit, in der sich Licht und Dunkelheit die Waage halten. Der sprichwörtliche goldene Oktober entspricht dem Waage-Venusprinzip in unseren Breiten gut und wird ihm gerecht, denn er ist eine Phase der Beschaulichkeit und des Stillstandes zwischen Sommer und Winter. Die Ernte ist eingebracht; für den Winterschlaf ist es noch zu früh, und die Natur erstrahlt im bunten Herbstkleid.

Im Wochenlauf ist der Freitag Waage-Venus zugeordnet, benannt nach der germanischen Liebesgöttin Freyja, die der Venus-Aphrodite weitgehend entspricht. Da er die oft beschwerliche Arbeitswoche mit dem freien Wochenende verbindet, hat er etwas Anmachend-Angenehmes und Locker-Leichtes.

Unter dem luftigen Waage-Venusprinzip ist Denken die zentrale Funktion. Es ist schöngeistig, idealistisch und friedliebend, abwägend, ausgewogen und aussteuernd und sehr diplomatisch. Dabei wäre es gern liberal, tatsächlich ist es aber oft eher oberflächlich bis dekadent.

Das Fühlen ist sensibel und feinfühlig, nicht selten verliebt und meist treu und manchmal sogar (heute noch) keusch. Flirtend und vage, bleibt auch im Gefühlsbereich eine luftig-distanzierte Art bestimmend. Mit Charme und Geschick wird bei diesem venusischen Lebensprinzip alles getan, um anderen zu gefallen und sie zu bezirzen. Ziel ist, harmonische Interaktion zu gewährleisten.

Beim Handeln ist ein von Waage-Venus geprägter Mensch schwach, da chronisch unentschlossen und ausweichend, diplomatisch und relativ untätig bis faul. Er ist jedoch bestrebt, seine Handlungsschwäche höflich und charmant zu überspielen. Ein Handlungsmotiv ist der Versuch, mit dem Du im Kontakt zu treten beziehungsweise etwas gemeinsam zu machen.

Anstelle eines Wappentiers fungiert das Symbol der Waage, die für Ausgewogenheit und Gleichgewicht, für Abwägen und Gerechtigkeit steht. Sie ist auch das Symbol der Justitia, die blind im übertragenen Sinn und gerecht in jedem Sinn sein sollte. Oft übersehen wird bei diesem Prinzip das Wesentliche an der Waage, das Zünglein, das eben nur dann nach oben in Richtung höhere Ordnung zeigt, wenn beide Waagschalen austariert sind. Es geht also nicht darum, nur das vermeintlich Gute in die Waagschale zu werfen. Vielmehr ist beim Leben in der Polarität das Gleichgewicht von Bedeutung, zum Beispiel von Kampf und Frieden, Ich und Du und so weiter. Die ägyptische Göttin Maat, eine Entsprechung der Venus, wiegt nach dem Tod des Menschen Herz gegen eine Feder auf. Dabei soll festgestellt werden, ob der Betroffene sein Maß an Gerechtigkeit und Balance, die für die Gesellschafts- und Weltenordnung grundlegend sind, beigetragen hat oder ob er als zu leicht befunden werden muss. Alles andere wäre nur Scheinharmonie und damit Ungleichgewicht.

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Die sieben Entwicklungsstufen

1. Auf der untersten Entwicklungsstufe finden sich Falschheit und Feigheit, Unehrlichkeit und Missgunst, Entscheidungsunfähigkeit und daraus folgend Handlungsunfähigkeit. Hier sind jene Täter zu finden, die sich selbst die Hände nicht schmutzig machen, aber schmutzige Aufträge »delegieren«, die Anstifter, die sich hinter Masken verschanzen, wie zum Beispiel der adrett gekleidete Zuhälter, der seine Schläger auf Leute hetzt, in denen er Konkurrenz und Gefahr wittert.

 

2. Die nächste Stufe konfrontiert uns mit Scheinharmonie, geschminkter Wahrheit und überzogener Eitelkeit. Hier präsentiert sich nicht selten eine schöne, aber seelenlose Fassade. An andere werden Heile-Welt-Forderungen gestellt, wobei man selbst an geradezu krankhafter Unbeteiligtheit und extremer Konfliktvermeidung scheitert. Selbst zu bequem und blasiert, könnte man so in einer hohlen Schickeria landen, die sich intellektuell gibt, ohne diesem Anspruch gerecht zu werden, die sich stattdessen in pseudointellektuellen Phrasen ergeht und dabei nicht nur unehrlich und gekünstelt, sondern auch langweilig und klatschsüchtig ist.

 

3. Auf der dritten Stufe ist immer noch – wegen Nichterkenntnis der höheren Ordnung – einiges an Halbherzigkeit im Spiel des Lebens. Wer diese Balance nicht wahrnimmt und findet, erscheint innerlich wankelmütig und stagniert dadurch. Hinzu kann die Sucht kommen, sich lieber ständig neu zu verlieben, statt Partnerschaft zu leben. So mag ein Feld von Schmeicheleien, Manieriert- und Parfümiertheit entstehen, aus dem ein Ästhetizismus wächst, der bis zur Dekadenz reicht. »Zickentheater« ist auf dieser Ebene beheimatet. Aber auch aalglatte Schreibtischtäter sind hier noch möglich.

 

4. Auf der nächsten Stufe entwickeln sich Kontaktfreude, Schöngeistigkeit und Schönheitssinn und damit Geschmack wie auch erlesene Höflichkeit und ein Gefühl für Stil- und Etikettefragen. Kunstverstand und der Sinn für diplomatische, ausgewogene Lösungen kommen hinzu. Die Mischung aus Taktgefühl, Stilempfinden und Liberalität kann Früchte tragen, die Ausdruck von Harmonie sind. Die Kunst der flirtenden Verführung wird gelernt und kann sich auf folgenden Stufen bis zur Liebeskunst entwickeln.

 

5. Die fünfte Stufe bringt Liebessinn ins Leben und die Fähigkeit, Gleichgewicht auf vielen Ebenen herzustellen. So verbinden sich zunehmend innere Ausgeglichenheit mit der Ausgewogenheit der Ansprüche ans Leben. Selbstliebe entwickelt sich auf dem Weg von äußerer Schönheit zu innerer, die aber natürlich wieder nach außen ausstrahlt.

 

6. Auf der vorletzten Stufe geht die Beziehungsfähigkeit schon weit über persönliche Liebesgeschichten hinaus. Innerer Frieden wächst und schafft äußeren. Die große Kompromissfähigkeit gipfelt in der hohen Kunst der Diplomatie, die mit Streitthemen geschickt und konstruktiv umzugehen versteht. Zärtlichkeit und Eleganz fließen ins Leben.

 

7. Auf der siebten Stufe ist Uppekha erreicht, der (buddhistische) Zustand völligen Gleichmuts. Die Gleich-Gültigkeit allen Seins wird zur ständigen Erfahrung – in dem Sinne, dass alles (s)ein Recht auf Leben hat und angenommen werden kann, weil es ist. Tiefer innerer Frieden und Einverstandensein stellen sich ein.

Tierreich

Wir finden bei diesem venusischen Lebensprinzip alle Tiere, die in erster Linie wegen ihrer Attraktivität gehalten werden, etwa Zierfische, oder auch jene, die als Schmusetiere geliebt werden, wie das sprichwörtliche Schoßhündchen, das vielleicht obendrein noch frisiert und herausgeputzt ist wie Frauchen selbst. Obwohl Hunde als Nachkommen der Wölfe sicher nicht typisch für das Waage-Venusprinzip sind, gehören gepflegte Pudel aus besserer Gesellschaft doch hierher wie natürlich auch die Aristocats. Diese gepflegten und ziemlich parfümierten Edelkatzendamen fallen dann natürlich auf O’Malley, den Straßenkater, herein – die alte Geschichte zwischen der kunstsinnigen Venus und dem ungezähmten Mars. Die sprichwörtliche Schmusekatze hat – jedenfalls in ihrer tierischen Ausgabe – durchaus auch noch den Aspekt der falschen Katze, der beim Waage-Venusprinzip typischerweise mit im Spiel ist. Das kann bis zur Lustmörderin gehen, was bei zoologischen Schmusekatzen die Regel, bei menschlichen zum Glück die Ausnahme bleibt. Mit Lust morden und Mord aus Lust bis hin zur Mordslust sind uns hier durchaus vertraut.

Wenn der einzige tierische Lebenssinn in Schön- und Liebsein besteht, ist das Waage-Venusprinzip fast in Reinkultur erfüllt. Diese Tiere dienen ja nicht nur zum Streicheln – also um Zärtlichkeit abzuleiten, die man weder an den Mann noch die Frau bringen konnte –, sondern sie werden auch ihrerseits zu verschiedensten Liebesdiensten abgerichtet, wie mir ein Tierschutzexperte glaubhaft versicherte. All das gehört auch zum Lebensprinzip von Waage-Venus.

Der Pfau ist der klassische Vogel der Göttin Hera und wie sie schön und schillernd. Wenn ein Mensch wie ein Pfau auftritt, schwingen Eitelkeit und Prahlerei, vielleicht sogar eine Portion Exhibitionismus mit. Wer sein Rad schlägt wie der Pfau, will Eindruck machen und auffallen. Stolz wie ein Pfau ist die andere Unterstellung im Hinblick auf dieses besondere Tier, das allein aufgrund seiner eindrucksvoll inszenierten Schönheit den langen Weg durch die Evolution geschafft hat, obwohl es wegen der zwar prachtvollen, aber letztlich hinderlichen Schwanzfedern weder gut fliegen noch sich am Boden schnell vorwärtsbewegen kann. Sein ausgeprägtes Balzverhalten, zu dem der männliche Pfau eben sein Rad schlägt, führte ihn bei Hofe ein, und bis heute wird er in Parks gehalten und überall dort, wo jemand entsprechende Ansprüche auf kleinerem Niveau verwirklichen will.

Der Fregattvogel gehört zwar nicht vom Namen, aber von seiner Art zu Waage-Venus. Für die Indianer ist er der Vogel der Liebe, weil er – sonst König der Lüfte und ein begnadeter Flieger und dem Uranusprinzip zugeordnet – im Liebesrausch seiner Balz nur noch am Himmel herumtaumelt, behindert durch den riesigen roten Balzsack, den er am Hals aufbläst, wenn er liebestrunken außer sich gerät.

Flamingos sind nicht nur wegen ihrer Eleganz und rosafarbenen Gefiederpracht, sondern auch wegen ihrer Lebensart (arche-)typische Repräsentanten von Waage-Venus. Äußerst harmoniebedürftig, erheben sie sich wegen kleinster Störungen in riesigen Schwärmen fast gleichzeitig in die Lüfte und hüllen den ganzen Himmel in bewegtes und bewegendes Rosa; sie legen sozusagen einen hauchzarten Schleier von rosafarbener Schwing(ung)en über alles. Flamingos sind ausgesprochen gemeinschaftsbezogen und fressen, fliegen, nisten und leben in Großgruppen. Für ein Einzelgängertum (nach Art des Saturnprinzips) wären sie auch viel zu empfindlich und sensibel.

Lipizzaner, die klassischen Dressurpferde, haben ihren einzigen Sinn in der Vorführung ihrer makellos weißen Schönheit. Die artifiziellen Kapriolen und Piaffen, die sie bei entsprechenden Vorführungen gleichsam schwerelos in die Luft zaubern, gleichen einem Ballett und sind eben Pferdetheater. Aus zoologischer Sicht unnatürlich und aufgesetzt, passen sie ideal in die Wiener Hofreitschule, während die bessere Gesellschaft dazu den Kaffee nimmt und ebenso gespreizte Gespräche pflegt. Das Waage-Venusprinzip zielt nicht auf Natur, sondern auf Kultur und auch dabei manchmal etwas oder sogar voll daneben.

Pflanzenreich

Alle Zierpflanzen mit Betonung der Blüte und des Duftes, die zu Dekorationszwecken Verwendung finden, spiegeln Waage-Venus wider – insbesondere wenn sie extra und ausschließlich zu diesem Zweck gezüchtet wurden und deshalb etwas Artifizielles haben. Auch so zart-weiche Pflanzengestalten wie das Mädesüß sind hier zu nennen, außerdem Kamelien und Azaleen, Veilchen und Liebstöckl als Gewürz. Der Hibiskus entspricht diesem Venusprinzip nicht nur wegen seiner wunderschönen Blüten, sondern auch wegen der kurzen Blütenpracht, die oft nur einen Tag währt. Ähnliches gilt für den blühenden Kaktus, der mit seinen Stacheln sonst den Gegenpol Mars vertritt, aber den seine unvergleichliche Blüte zur Königin einer einzigen Nacht macht.

Die Rose ist als Königin der Blumen dem Sonnenprinzip zuzuordnen, aber als Symbol der Liebe und der Schönheit gehört sie zu Waage-Venus – vor allem wenn sie rot oder rosa blüht. Gegenpol Mars ist in Gestalt der Dornen mit im Spiel. In der Blumensprache – nach dem Motto »Sag es mit Blumen« – ist die rote Rose am deutlichsten und sagt unmissverständlich: »Ich liebe dich.« Der Duft mancher Rosen ist betörend, und echtes Rosenöl kann tatsächlich das Herz-Chakra öffnen und die Liebe vertiefen. Von synthetischen Rosenölen wird einem allerdings rasch schlecht wie von unechter Liebe. Obstbäume und -sträucher gehören zu den Rosengewächsen beziehungsweise sind aus ihnen entstanden, und all ihr guter Geschmack und Duft, das Aroma, das sie in unserem Leben verbreiten, ist somit der Rose zu verdanken.

Jasmin mit seinen zarten weißen Blüten und seinem süßen Duft spielt im Islam und besonders in der persisch-arabischen Liebeskultur eine große Rolle. »Jasminblüten sind am Strauch gleich Himmelssternen aufgegangen. Die roten Streifen glänzen darin wie frischgeküsste Mädchenwangen«, heißt es in einem Gedicht. Vor der Begegnung mit dem Geliebten salben sich arabische Frauen gern mit Jasminöl, um ihn mit dessen bezauberndem Duft noch mehr zu betören. In der Aromatherapie wird Jasmin auch hierzulande bei sexuellen und generell Beziehungsproblemen angewendet. Außerdem soll er Sinnlichkeit anregen und ist ein gutes Mittel bei Hautproblemen.

Beim Flieder verweisen die Farbe und vor allem der atemberaubende Duft ins Waage-Venusreich. Seine vielen zarten weißen oder lilafarbenen Blüten sind »gemeinschaftsorientiert« und verbinden sich zu wunderschönen Blütenarrangements.

Bei Lavendel verraten ebenfalls Farbe und Duft den Waage-Venusbezug. Auch hier kommen viele kleine Einzel-Blüten-Wesen zu einem Großen und Ganzen zusammen, das mit seinem Anblick und Duft für sich einnimmt. Ausgedehnte Lavendelfelder in Südfrankreich verströmen venusisches Flair. Obendrein ist Lavendel ein liebliches Gewürz. Der Name kommt vom Lateinischen lavare, was waschen bedeutet, weil Lavendel früher als Badezusatz diente – sicher auch wegen seiner anmachenden Wirkung.

Die Schafgarbe verehrte man im alten China als heilige Pflanze, dem Land der Mitte, in dem die Ausgewogenheit aller Kräfte oberste Priorität hatte. Man nutzte sie im I Ging, jenem Orakelsystem, dessen erstes Anliegen ebenfalls Ausgleich der Kräfte ist, indem man ihre Stängel warf, um daraus Orientierung im Hinblick auf die Mitte zu finden. Schon in den Stängeln kommen die polaren Kräfte Yin und Yang zum Ausdruck und vereinigen sich, sind sie doch innen ausgesprochen weich und außen sehr hart. In der Aromatherapie wird das Öl der Schafgarbe, zartblau wie die Farbe des Planeten Venus, benutzt, um Himmel und Erde zusammenzubringen, Gegensätzliches zu harmonisieren, oben und unten sowie innen und außen auszugleichen, also um die Kräfte Yin und Yang wieder zu vereinigen.

Achillea millefolium (Gemeine Schafgarbe) galt als Frauenmittel, weil es blutstillend wirkt. Es fand aus diesem Grund auch bei Kriegswunden Verwendung. Der Name, der auf die vielen Wunden des Achill hindeutet, bezeugt es noch – womit der Gegenpol Mars angesprochen ist.

Unter den Bäumen sind Ziergewächse wie die Japanische Kirsche zu nennen. Mandelbäume versetzen mit ihrer zarten Blüte in ähnlich gehobene Stimmung wie Kirsch- und Apfelblüten, weshalb der Apfelbaum, der obendrein die Früchte der Verführung hervorbringt, ebenfalls typisch Waage-Venus ist. Bei den Früchten des Kirschbaums kommt zu ihrer prallen, roten verlockenden Erscheinung hinzu, dass eigentlich immer zwei in eindeutiger Signatur zusammenhängen und folglich verbunden sind. Die sprichwörtlichen »Kirschen aus Nachbars Garten« sind verboten und venusisch besetzt. Wir sprechen vom roten Kirschmund der japanischen Geisha, die – weit entfernt von der westlichen Hure – traditionell eine Künstlerin der Liebe ist. In Japan wird die Kirschblüte verehrt, weil sie in ihrer ganzen Schönheit abfällt, bevor die Blüten welken. Damit entspricht sie sehr der in Japan verbreiteten Harmoniesucht, wo das stetige Lächeln auf den Lippen wenig darüber aussagt, was hinter der Maske vor sich geht. Bei uns gibt es den Brauch des Barbarazweiges, bei dem vor Weihnachten ein Kirschzweig in die Vase gestellt wird. Blüht er bis zum Fest, sollen die Betroffenen heiraten. Das öffnet natürlich, etwa wenn von Elternseite eingesetzt, der Kuppelei Tür und Tor, die ebenfalls zum Waage-Venusprinzip gehört.

Landschaften und Orte

Diesem venusischen Prinzip entsprechen französische Gärten wegen der Künstlichkeit ihrer Anlage mit akkurat beschnittenen Sträuchern und den schön und auf Harmonie getrimmten Blumenornamenten. Wobei extrem große und üppige Anlagen wie der Park von Versailles zu Jupiter passen. Der Waage-Venus sind die kleinen wunderschönen Lustschlösschen – und allein vom Namen her auch Sanssoucis, »Sorgenfrei«, das »Versailles der Hohenzollern« näher. Die verspielte Zeit des Rokoko hinterließ uns viele anmutige, für das Vergnügen und galante Mußestunden prachtvoll ausgestattete Anlagen. Waage-Venus geht es eben mehr um äußere Form als um Inhalt.

Beim Venusprinzip sind generell Kulturlandschaften anzutreffen, wobei zu unterscheiden ist zwischen denen im fruchtbaren Sinn wie speziell bei Stier-Venus und denen im Hinblick auf Kulturdenkmäler, was das Besondere von Waage-Venus ist. Das französische Loire-Tal mit seinen ungezählten Schlössern ist dafür ein gutes Beispiel. Auch die sanften Hügel der Toskana, wunderschön anzuschauen, wenn auch ärmlich im Ertrag, haben viel Venusisches. Österreich als Waage-Venusland bietet dem Auge viele solcher ästhetisch ansprechenden Kulturlandschaften mit bemerkenswerten Kulturdenkmälern.

Madeira zeigt als Insel des ewigen Frühlings mit ihrer ganzjährigen Blumenpracht aufgrund des milden Klimas viel (Arche-)Typisches.

Costa Rica, die reiche Küste, ist ein Land, das seit langem neutral in einem so von Kämpfen zerrissenen Kontinent wie Lateinamerika zwischen Nord- und Südamerika vermittelt. Sein Präsident Oscar Arias hat schon in seiner ersten Amtszeit vor Jahrzehnten das Militär abgeschafft und der Welt zur Abwechslung den Frieden erklärt – was für eine wunderschöne, nie nachgeahmte Idee und mein Traum für Österreich und die Welt. Arias bekam dafür den Friedensnobelpreis. Er hielt sein Land aus allen Scharmützeln heraus, und es wurde nie angegriffen, obwohl es kein Militär hat und auch keine Guerillabewegung, wie sie sonst in Lateinamerika fast in jedem Land Tradition ist. Dafür wurde es eines der ersten Länder der Welt, in dem man den Umweltschutz im großen Stil umsetzt. Arias suchte auf allen Ebenen den Ausgleich zwischen arm und reich, mächtig und ohnmächtig. Als das mit amerikanischen Konzernen wie der United Fruit Company nicht funktionierte, warf Costa Rica sie schließlich hinaus, scheiterte dann aber wirtschaftlich an der folgenden US-Erpressungspolitik.

Das klassische Reich des Waage-Venusprinzips ist China als Land der Mitte, obwohl die kommunistischen Potentaten der letzten Jahrzehnte es mit ihrer brutalen Unterdrückungspolitik vom Gegenpol Mars völlig aus der Mitte an den Rand der Zivilisation gebracht haben. Symbol dafür ist das Blutbad am Tian’anmen, dem Platz des Himmlischen Friedens, wo die kommunistische Diktatur die Demokratiebewegung von Panzern niederwalzen ließ.

Das Reich der Mitte ist die Heimat der Philosophie des Ausgleichs. Seine Hauptstadt Peking mit der (früher) verbotenen, weil dem Heiligen vorbehaltenen Stadt im Zentrum und seinem davorliegenden Platz des Himmlischen Friedens war der Kristallisationspunkt der Einheit auf Erden in Gestalt des hier Himmel und Erde verbindenden Kaisers.

Der Taoismus versucht mit seiner Lehre von Yin und Yang und deren praktischer Anwendung im I Ging, ständig zwischen den Extremen zu vermitteln und Ausgewogenheit herzustellen. Auch die traditionelle chinesische Medizin, die auf dieser Philosophie beruht und als TCM die Welt erobert hat, sucht ständig die Ungleichgewichte zwischen Yin und Yang, zwischen Leere und Fülle, auszugleichen. Das ist das erklärte Ziel von Akupunktur und der zugehörigen Kräutermedizin.

Österreich ist nicht nur wegen seiner Kulturlandschaft in Europa das klassische Waage-Venusland. Neutral und blockfrei und mit der höchsten, schon sprichwörtlichen Charmestufe im deutschsprachigen Bereich, hat es früher mit der Heiratspolitik des »tu felix Austria nube« die Welt liebevoll erobert. Statt mit Feuer und Schwert des gegenpoligen Marsprinzips bediente es sich seiner hübschen Töchter und erheiratete sich ein Weltreich. Die k. u. k. Armee stand keinesfalls für offensive Kriegsführung, sondern hatte vor allem präsentable Offiziere hervorzubringen für die zahlreichen Bälle und fesche Leutnants, denen die feschen jungen Damen ihre Taschentücher zuwerfen konnten, die sie vorher durch ihre Achseln zogen – eine österreichische Vorstufe der Parfümkunst.

Die klassische österreichische Adelsgeschichte ist eine Liebesgeschichte, die den Traum vieler Frauen bedient. Erlebt hat sie die aus einem ländlich-bayerischen Fürstenhaus stammende unglückliche Sisi, die ganz nach oben ins österreichische Kaiserhaus heiratete. Als Kaiserin blieb sie aber Sisi und faszinierte in ihrem (Un-)Glück das ganze Land – und bis heute (fast) alle Mädchen. Ihr Unglück verkörpert das Steinbockprinzip, in dem sie astrologisch auch geboren wurde.

Die österreichische Ambivalenz in der Politik lässt ebenfalls an das Waage-Venusprinzip denken. Man ist neutral, aber wenn die großen Freunde aus den USA ihre Panzer durchs Land transportieren wollen, vergisst man das schon einmal kurzzeitig. Schließlich waren es auch nur Bergepanzer, sozusagen die Sankas unter den Panzern. Dass es dann ausgerechnet jene Panzer waren, mit denen die irakischen Schützengräben mitsamt ihren Insassen zugeschüttet wurden, übersieht man dann später gern, und selbst die Presse geht nicht weiter darauf ein.

Die Grundhaltung des »Passt schon« will es sich nicht schwerer machen, als es sowieso schon ist, sondern im Gegenteil eher leichter. Beeindruckend, wie man sich unter diesem Prinzip das eigene Leben richten und das Geschichtsbild zurechtrücken kann. Auch wenn Österreich sich unübersehbar mit großer Begeisterung von den Nazis »heim ins Reich« holen ließ, passte anschließend die Legende von der »ersten überfallenen Nation« einfach besser, obwohl niemand einen Schuss gehört hatte. Hitler wurde rückwirkend ausgebürgert – schließlich hatte ihn nicht einmal die Wiener Kunstakademie angenommen –, dafür ließ sich Beethoven gut in die Wiener Klassik integrieren.

Das diplomatische Geschick, mit dem österreichische Politiker den Russen aufgrund solcher Legendenbildung über den eigenen Opferstatus die Freiheit abrangen, verrät wirklich hohe Kunst der Diplomatie: so lange miteinander reden (und trinken), bis man hat, was man braucht, und beide Seiten damit gut leben können. Selbst während des Kalten Krieges blieb Österreich dem Westen politisch sehr nahe, doch auch mit den Ostblockstaaten wirtschaftlich eng verbunden. Es passte schon. Hier an der Grenze zu Ungarn begann sich der Eiserne Vorhang zu lockern, und eine neue Partnerschaft zwischen Ost und West nahm ihren Anfang, wobei der erste mutige Schritt von den Ungaren kam.

Der unter dem Venusprinzip geborene österreichische Politiker Franz Vranitzky steuerte das Land lange Zeiten nach der »Passtschon«-Methode. Bereits zurückgetreten, erreichte er als elder statesman auf diplomatischem Weg jenen Frieden, der das Pulverfass Albanien entschärfte – mittels geschickter Vermittlung und beherzter Diplomatie. Dass wir von solch einer diplomatischen Großtat so wenig sprechen, doch über jeden Krieg endlos Reportagen geliefert bekommen, zeigt, wie ungleich und ungerecht im Hinblick auf die Lebensprinzipien berichtet wird.

Natürlich gehört die Hauptstadt Wien mit »Wein, Weib und Gesang« ebenfalls zum Venusprinzip beiderlei Ausprägung. Wien ist bis heute ein Ort von Kultur und Kunst und die Heimat großer Künstler, die in den zahlreichen Kaffeehäusern sogar Weltliteratur schrieben. Von Anfang an war Wien auch eine Stadt der Diplomatie; hier tanzte schon der Kongress unter Metternich. Heute beherbergt es internationale Behörden und hat eine eigene UNO-City.

Freiburg im Südwesten Deutschlands zeichnet sich durch ihr mildes Klima, ihr harmonisches Stadtbild und die schon frühzeitig einfühlsame, ja sensible Umweltpolitik aus. Selbst der Fußballclub dieser Stadt ist irgendwie netter; der Trainer wird nicht einfach gefeuert, wenn es mal nicht läuft, sondern man sucht, typisch Waage-Venus, den Ausgleich. Das Publikum hört hier selbst aus der umkämpften Fußballwelt der Disharmonie vor allem Harmonisches.

Venusmythen im Waagezeichen

Der Liebesmythos

Die klassischen Mythen, die wir bei diesem Venusprinzip finden, haben eine Entstehungsgeschichte, die alles andere als eine nette Familiengeschichte ist. Sie zeigt viele archetypisch männliche Elemente, die man bei der Liebesgöttin vielleicht gar nicht erwartet. So entmannt Chronos auf Geheiß seiner Mutter Gaia und mit der von ihr beschafften Steinsichel seinen Vater Uranus. Dessen Glied fällt ins Meer, lässt es aufschäumen, und daraus entsteht Aphrodite-Venus. Die Schaumgeborene rettet sich ans Ufer ihrer Insel Zypern, das Kupferland.

Dieser Mythos zeigt deutlich, dass wahre Liebe nur geboren wird, wenn uranisch jugendliche, überschwängliche Ideale etwas zurückgestutzt (Uranus wird nicht getötet, sondern nur seiner Schöpferkraft beraubt) und bestehende Möglichkeiten auf saturnine Art verantwortlich und ausdauernd im Alltag konkretisiert werden. Zusammen mit neptunischer Hingabe und Gnade kann Liebe geschehen, unabhängig davon, ob es die wahre Liebe zu einer Berufung oder zu einem Menschen ist.

Die Mutter von Aphrodite-Venus ist das Meer und das Weibliche, ihr Vater aber der archetypisch männliche Himmel. Sie ist sein letztes und jüngstes Kind und lässt ihn in der Liebe auch immer wieder aufleuchten. Ihr Anliegen, die Liebe, wird zur größten Himmelsmacht, weshalb immer wieder Menschen versuchten, über diesen Weg den Himmel zu erreichen wie etwa in der tantrischen Liebeskunst. In der Liebe lässt sich jedenfalls Gott oder zumindest etwas Göttliches spüren. Und (fast) niemand kann ihr widerstehen. Wer es doch tut, hat Schlimmes zu erwarten, denn er stirbt, noch bevor er richtig geliebt, gelitten und damit wahrhaft gelebt hat.

Wie ambivalent die Liebe ist, zeigt sich in vielen Geschichten von Aphrodite-Venus, am deutlichsten aber in ihrem unehelichen Sohn Eros-Amor, den sie mit ihrem Gegenspieler Mars illegal zeugt. Mit den Kriegswaffen seines Vaters, Pfeil und Bogen, schießt er das Anliegen seiner Mutter, die Liebe, in die Herzen der Menschen. Vorher beschmiert er diese Liebespfeile oft sogar noch mit Galle, so dass die Früchte der solcherart gestifteten Liebe etwas Bitteres bekommen.

In der modernen Zeit und Welt, in der die von Venus aus Liebe (an-)gestifteten Hochzeiten – mangels Kenntnis der Schicksalsgesetze und vor allem des Schattenprinzips – mit Scheidungsraten um achtzig Prozent im Gegenpol enden, machen nicht nur viele, sondern die meisten diese bittere Erfahrung.

Zwei weitere Kinder, die Venus aus ihrer illegitimen Beziehung zu ihrem Gegenpol Mars empfängt und der Welt schenkt, sind Phobos und Daimos, Angst und Schrecken. Ersterer ist für die zunehmenden Phobien zuständig, Letzterer für die Dämonen. Wer wirklich liebt, kennt diese Gefühle der Angst und des Schreckens um die geliebten Menschen.

Angstneurosen plagen heute große Teile der Bevölkerung. Im Waage-Venusland Österreich leidet angeblich die Hälfte der Bevölkerung unter Ängsten. Allein die absolut lieblose Art, wie wir heute Tiere in Tier-Zucht-Häusern misshandeln, bevor wir sie auf bestialische Art schlachten und dann solcherart produziertes Fleisch konsumieren, hat die Zahl der Phobien und Angstsyndrome dramatisch erhöht, essen wir doch die bei der Schlachtung reichlich mobilisierten Angsthormone mit.

Ein Drittel der Menschen in Deutschland erlebt im Laufe ihres Lebens eine Psychose und macht so nachhaltige Bekanntschaft mit Daimos. Wer sich der Liebe und damit der Integration des Schattens verweigert, erntet diesen in schlimmer Form. Es ginge auch milder und venusischer, wenn wir in Resonanz zu unserem Partner gehen und über ihn unseren Gegenpol, den Animus oder männlichen Seelenanteil, oder die Anima, den weiblichen, integrieren würden.27

Der Harmoniemythos

Aus der Verbindung der Liebesgöttin Venus mit Mars, dem Kriegsgott und Namensgeber des Aggressionsprinzips, geht Harmonia, die Göttin des Ausgleichs und der Balance hervor. An ihrer Herkunft wäre für uns moderne Menschen zu durchschauen, dass wahre Harmonie niemals nur aus Licht und Liebe entstehen kann, wie es etwa der kitschigere Teil der Eso(terik)szene hofft, sondern immer auch des Gegenpols Mars und damit des Aggressionsprinzips bedarf. Wer glaubt, durch das Tragen weißer wehender Gewänder, leises Gehen und Sprechen und Dauerlächeln der Harmonie näherzukommen, täuscht sich. Dafür müsste er bei Mars vorbeischauen, wo Mut, Kraft, Energie und Entscheidungsfähigkeit im Angebot sind.

Die vom Götterschmied Hephaistos gefertigte Halskette Harmonias macht das deutlich, ist sie doch aus abwechselnd weißen und schwarzen Perlen gefertigt. Damit ein harmonischer Kompromiss, der beiden Seiten entspricht, gelingt, ist in der Regel neben der Energie von Venus auch die von ihrem Gegenspieler und Geliebten Mars notwendig. Das heißt für die Praxis zum Beispiel, wir müssen lernen, konstruktiv zu streiten. Wir sollten den eigenen Standpunkt vertreten, ohne den anderen abzubauen. Offenes Zuhören und In-Resonanz-Gehen kann sich einstellen, wenn man nicht allein auf triumphierendes Gewinnen und Rechthaben aus ist. Paul Watzlawick sagt in seinem Buch Anleitung zum Unglücklichsein: »Warum fällt es uns bloß so schwer, einzusehen, dass das Leben ein Nichtnullsummenspiel ist? Dass man daher gemeinsam gewinnen kann, sobald man nicht mehr davon besessen ist, den Partner besiegen zu müssen, um nicht besiegt zu werden? … dass man sogar mit dem großen Gegenspieler, dem Leben, in Harmonie leben kann?«

Venus und ihre Opfer Paris und Siegfried

Von seinen königlichen Eltern ausgesetzt, weil er laut Prophezeiung Troja zugrunde richten würde, wächst Paris bei Schäfern auf und entwickelt sich zu einem so attraktiven Mann, dass es sich in der ganzen antiken Welt herumspricht. Als die drei Hauptgöttinen Hera, Athene und Aphrodite-Venus miteinander und über der Frage, welche von ihnen die Allerschönste sei, in »Zickenkrieg« geraten, berufen sie den schönsten Mann, Paris, zum Schiedsrichter.

(Arche-)typisch für das Waage-Venusprinzip versucht Paris, sich zu entziehen und vor der Entscheidung zu drücken. Aber die Göttinnen lassen nicht locker und geben ihm das Versprechen, nicht nachtragend zu reagieren – was sie anschließend gleich wieder brechen. Doch zuvor versuchen alle drei, Paris zu bestechen. Hera bietet Landbesitz ohne Ende, Athene den Sieg in jeder Schlacht, und Aphrodite-Venus verspricht ihm die schönste Frau der Welt.

Natürlich muss sich ein vom Waage-Venusprinzip geprägter Mann wie Paris für die schönste Frau, nämlich Helena, entscheiden. Aber leider ist diese schon vergeben. Venus bringt sie trotzdem mit Paris zusammen. Sie verkuppelt die beiden, und aus ihrer heißen Liebe entbrennt der Trojanische Krieg, durch den gemäß der Prophezeiung Troja zerstört wird.

Ein ähnlicher Mythos erzählt vom Schicksal der Nibelungen und wie Siegfried, der sich der isländischen Herrscherin Brunhilde versprochen hat, von Kriemhild verzaubert wird, damit er ihre Tochter Gudrun heiratet, und sein Versprechen vergisst. Auch hier endet alles mit Zerstörung und dem Tod auf dem Boden von Enttäuschung, Verletzung und Rache.

All diese Mythen sind so lebendig wie eh und je. Sie berichten von der magischen Macht der Liebe, der sich niemand entziehen kann. Ob die Liebesgöttin die Hände im Spiel hat oder magische Liebestränke gemischt werden, immer zeigt sich die Machtlosigkeit der Betroffenen gegenüber dem Liebeszauber. Wahrscheinlich reichen schon die eigenen Hormone, eine so zauberhafte Mischung zusammenzubrauen, dass ihr kaum jemand widerstehen kann. Die Hormonmixturen, die Venus in uns entfacht, haben es in sich, mehr noch als die ähnlich wirksamen Pfeile ihres Sohnes Eros-Amor. Sie führen zu einer akuten und ebenso plötzlich wie überraschend einsetzenden »Großhirnvergiftung« mit in der Folge weitgehend irrationalen Verhaltens. Wahrscheinlich bringt das Waage-Venusprinzip mindestens so viel Unfrieden unter die Menschen wie auf dem Gegenpol das Aggressionsprinzip des Mars.

Dies wird auch so lange so bleiben, wie wir unseren – dem Waage-Venusprinzip zuwiderlaufenden – materiellen Besitzanspruch auf Liebesangelegenheiten anwenden. Heutzutage kann in unserer Gesellschaft praktisch niemand mehr jemand anderem die Frau oder den Mann wegnehmen. In Wirklichkeit gehen die Betroffenen immer freiwillig mit, und die ursprünglichen »Besitzer« können und wollen nur nicht fassen, verlassen worden zu sein – obendrein von jemandem, den sie zu besitzen dachten. Die Erfahrung des Verlassenwerdens macht sie dann erst recht besessen von dieser fixen und verrückten Idee, eine Seele besitzen zu können. Man kann jemandem den Kopf ganz offensichtlich nur verdrehen, wenn in diesem auch Bereitschaft dazu vorhanden ist. Der sicherste und wirksamste Schutz davor wäre eine große Liebe, die so lebendig ist, dass der Zauber von anderen gar nicht verfängt.

Im Wesentlichen besteht der entscheidende Irrtum von Waage-Venus in dem Heile-Welt-Traum von der immerwährenden romantischen Liebe aus der Zeit des Verliebtseins. Waage-Venus als das Prinzip des Du, das dem Ich gegenübersteht, zielt in Wahrheit auf die Integration des Fehlenden, das uns Menschen im Du und ganz besonders im Partner begegnet. Der Weg der Liebe bedeutet, wie schon betont, immer auch die Integration des (nach außen projizierten) Schattens. So will wahre Liebe stets Entwicklung fördern und hat Ganzwerdung im Sinn. Die Eifersucht der unerlösten Waage-Venus ist der größte diesbezügliche Irrtum.

Unübertroffen zum Ausdruck bringt all dies Khalil Gibran in seinem Buch Der Prophet: »Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr, sind ihre Wege auch schwer und steil. Und wenn ihre Flügel dich umhüllen, gib dich ihr hin, auch wenn das unterm Gefieder versteckte Schwert dich verwunden kann. Und wenn sie zu dir spricht, glaube an sie, auch wenn ihre Stimme deine Träume zerschmettern kann, wie der Nordwind den Garten verwüstet. Denn so, wie die Liebe dich krönt, kreuzigt sie dich. So wie sie dich wachsen lässt, beschneidet sie dich. So wie sie emporsteigt zu deinen Höhen und die zartesten Zweige liebkost, die in der Sonne zittern, steigt sie hinab zu deinen Wurzeln und erschüttert sie in ihrer Erdgebundenheit. Wie Korngarben sammelt sie dich um sich. Sie drischt dich, um dich nackt zu machen. Sie siebt dich, um dich von deiner Spreu zu befreien. Sie mahlt dich, bis du weiß bist. Sie knetet dich, bis du geschmeidig bist; und dann weiht sie dich ihrem heiligen Feuer, damit du heiliges Brot wirst für Gottes heiliges Mahl.«

Politik(er)

An erster Stelle ist Mahatma Gandhi als der Friedenspolitiker schlechthin zu nennen. Er propagierte den gewaltfreien Widerstand und befand sich damit viel näher am Gegenpol Mars, als gemeinhin gesehen wird. Nachdem es militärisch keine Chance gegen die überlegene Kolonialarmee der Engländer gab, setzte er auf deren Selbstachtung und ethisches Niveau. Seine Anhänger boten den englischen Soldaten die nackte Brust dar, indem sie sich die Hemden demonstrativ aufrissen. Gandhis Rechnung ging auf; die englischen Soldaten weigerten sich mehrheitlich, auf die nackte Brust Unbewaffneter zu schießen. Gandhi tat alles, um den Aggressionspol aus seinen Kampagnen zu halten und seine Anhänger davon abzubringen, Gewalt anzuwenden. Aber letztlich holte das Aggressionsprinzip ihn in Gestalt des Mörders ein, der ihn erschoss. Dieses Schicksal teilt er mit vielen anderen Friedenspolitikern und Friedensaktivisten wie etwa auch John Lennon.

John Lennon war natürlich eher ein Beatle als ein Politiker, wobei er sich selbst als politischer Mensch verstand und seine letzten Lebensjahrzehnte dem Kampf für eine bessere, schönere und vor allem friedlichere Welt widmete – nur eben mit anderen Mitteln wie Liedern, aber auch sogenannten Love-ins. Als sehr waagebetonter Mensch war er federführend und schon bei den Beatles verantwortlich für Songs wie »All You Need Is Love« oder »Give Peace A Chance« und später »Imagine«. All das machte ihn zu einer Zentralfigur jener Friedensbewegung, die aus der Hippiebewegung und ihrem Protest gegen den Vietnamkrieg hervorgegangen war. Dass auch er vom Gegenpol in Gestalt von Gewalt eingeholt wurde, stellt ihn in eine Reihe mit Martin Luther King, Olof Palme und Dag Hammerskjöld, John F. und Robert Kennedy, aber auch Anwar al-Sadat und Yitzhak Rabin.

Unter den Politikern ist im Rahmen des Waage-Venusprinzips noch der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter zu erwähnen, der religiös erweckte Erdnussfarmer. Er setzte sich für eine bessere Welt ein, tat dies aber als ein im Zeichen Waage Geborener so unentschlossen, dass er gar nichts zuwege brachte. Mit ständigem Zaudern beschwor er solche Unsicherheit herauf, dass die Sowjets sogar ernsthaft überlegt haben sollen, Europa zu überfallen, weil sie ihm nicht einmal den Mut zutrauten, seinen Verbündeten beizustehen. Als Expräsident, befreit vom Zwang dauernder Entscheidungen, verdiente er sich dann den Friedensnobelpreis für seine verschiedenen Missionen rund um den Globus zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Friedens. Jetzt wirkte er ausgleichend und entpolarisierend und nutzte diese besonderen Fähigkeiten des Waage-Venusprinzips.

Lech Walesa, der polnische Werftarbeiter, der die Solidarnosc gründete, jene Gewerkschaft, die den Ostblock das erste Mal zum Wanken brachte, hat neben seiner Sonne noch drei Planeten im Zeichen Waage. So überrascht es nicht, dass er sich durch eine vermittelnde Rolle zwischen den Arbeitern und den Funktionären des Systems, aber auch zwischen ihnen und der Kirche hervortat. Die Welt veränderte er durch seinen Willen zu Ausgleich und Balance und dem Wunsch nach Gerechtigkeit in Polen. Sein guter Draht zum polnischen Papst Johannes Paul II. half ihm, den Kommunismus in Polen zu unterminieren und eine gerechtere Ordnung durchzusetzen. Später als Politiker wirkte er so unentschlossen und wenig charismatisch, dass er bald abgewählt wurde und lediglich als Galionsfigur einer schönen Vision und besseren Zukunft weiter diente.

Feuilleton

Beim Waage-Venusprinzip ist die Kunst an sich zu Hause sowie alles, was im Umfeld mit Kunst zu tun hat wie Ausstellungen und Präsentationen, Kunsthandel, Kunstkritik im Sinne der Rezensionen des Feuilletons, Künstleragenturen und natürlich die Künstler selbst und ihre Entourage.

Waage-Venus regiert auch die Welt des Modedesigns, der Haute Couture und Alta Moda mit ihren Models und Designern, ihren Modeschauen, Hochglanzblättern, den Illustrierten, die dieses ganze Feld und alles, was en vogue ist, bedienen wie eben die Vogue. Auch Duftkreationen und damit das Parfümwesen, von den Blumenfeldern bis zu den Parfümerien, ist typisch für dieses Venusprinzip.

An speziellen Kunstrichtungen finden wir hier den verspielten Rokokostil sowie Art déco und Jugendstil; in der Musik die leichte, luftige Klassik eines Vivaldi. Das Ballett ist mit Werken wie »Schwanensee« vertreten. In der Malerei ist die italienische Renaissance zu erwähnen mit Künstlern wie Tintoretto und Botticelli, der ja auch die Venus als Schaumgeborene verewigt hat – angesichts einer unsterblichen Göttin eine anspruchsvolle, aber von ihm bravourös gelöste Aufgabe. Diese »Venus« von Botticelli ist ein Begriff, der weit über die Kunstwelt hinausreicht. Tintorettos Gemälde »Vulkan überrascht Venus und Mars« ist weniger bekannt, aber ebenso (arche-)typisch für unser Thema.

Eine tragische Gestalt im Rahmen des Waage-Venusprinzips ist Romy Schneider, die ihre Karriere als süßes Wiener Mädel mit Filmen wie Wenn der weiße Flieder wieder blüht und natürlich Sissi begann. Dann erlebte sie mit Alain Delon die große Liebe und Enttäuschung ihres Lebens, blieb anschließend ständig auf der Suche nach einer erfüllenden Beziehung, ohne jedoch fündig zu werden. Während sie eine steile Karriere mit immer anspruchsvolleren Filmen machte, die meist um ihr Thema Liebe kreisten, und ein wirklich großer Star wurde, sank das Waage-Venusprinzip in ihrem Leben auf noch problematischere, unerlöste Ebenen. Nach unglücklichen Partnerschaften, Scheidung und dem tragischen Tod des Mannes sowie nach weiteren schwierigen Beziehungen bekam sie schließlich einen Sohn, der ihr Ein und Alles wurde. Als er sich auf einem Zaun zu Tode spießte, sanken ihre Waage-Venusprobleme massiv in den Körper, und sie erkrankte. Schließlich wurde ihr eine Niere, das der Venus zugeordnete Organ, entfernt, und bald darauf trat sie endgültig ab.

Brigitte Bardot, nur »die Bardot« oder »BB« genannt, ist unter dem Waage-Venusprinzip geboren und war das Schönheits- beziehungsweise Sexidol einer ganzen Ära. Ihr Schmollmund machte damals Filme zu Erfolgen wie heute das Lächeln von Julia Roberts. Ihre verschiedenen Liebesbeziehungen erfreuten sich schon damals großer Aufmerksamkeit; ihre Filme kannten nur ein Thema: die Liebe.

Der Playboy Gunter Sachs warf Tausende roter Rosen vom Hubschrauber über ihrem Anwesen in St. Tropez ab. Dieser Regen von Liebessymbolen führte zu Beziehung und Heirat, wobei auch diese Ehe keinen Bestand hatte, was aber durchaus auch zum Waage-Venusprinzip passt. Früher war das auch bekannt. Die Priesterinnen der Aphrodite-Venus kultivierten die Liebeskunst; sie lebten und lehrten sie, aber sie heirateten nicht. Die Ehe ist eine Institution und gehört damit zum Saturnprinzip, wobei allein die Liebesheirat noch zu Waage-Venus passt.

Brigitte Bardot löste sich nach verschiedenen Schicksalsschlägen vom Image der Sexdiva und wurde zu einer bekannten und sehr gefürchteten, weil so kampfbereiten Tierfreundin. In ihrer Wehrhaftigkeit im Namen der Tierliebe zeigt sich deutlich das Zusammenspiel von Venus und Mars.

Der Schauspieler Marcello Mastroianni verkörpert das Waage-Venusprinzip als klassischer italienischer Liebhaber und Playboy. Als alternder Schauspieler fand er aber offenbar keine wirklich gute Lösung für sich, sondern blieb diesem mit der Zeit peinlicher werdenden Muster des alten Spielbuben verhaftet, obwohl er auch einige sehr drastische, selbstironische Altersrollen spielte wie zum Beispiel in Ginger und Fred oder Prêt à Porter.

Yves Montand war hauptsächlich Charmeur gleichsam von Berufung und spielte nebenbei in Filmen und sang Chansons – ein bemerkenswerter Vertreter von Waage-Venus. So auch der Stummfilmstar Buster Keaton, der die Welt zum Lachen brachte, indem er sich nie aus dem Gleichgewicht und zum Mitlachen animieren ließ und die komischsten Situationen mit unbewegter Miene durchlebte.

In der großen Kunst der klassischen Musik verkörpert Franz Liszt das Waage-Venusprinzip. Von ihm wird berichtet, dass ihn, als er einmal nach Weimar kam, seine Verehrerinnen schon vor der Stadt in großer Zahl erwarteten. Sie spannten die Pferde seiner Kutsche aus und sich selbst vor seinen Wagen, offenbar um den geliebten und verehrten Meister aus eigener Schenkelkraft in ihre Stadt zu ziehen.

Giuseppe Verdi, das italienische Komponistengenie, ist ebenfalls im Zeichen Waage geboren und hat uns die vielleicht schönsten Arien der Opernwelt hinterlassen, jedenfalls diejenigen, die bis heute am meisten Menschen erfreuen – etwa den Gefangenenchor aus Nabucco oder den Triumphmarsch aus Aida.

Mit dem bekennenden Dandy Oscar Wilde wurde einst die Dekadenz salonfähig. Er verlieh ihr mit seinen zahllosen Bonmots besonderen Charme. In seinem Roman Das Bildnis des Dorian Gray beschrieb er den Traum von ewiger Jugend auf anschaulichste Weise. In dieser Geschichte altert das Bild anstelle des Helden. Wilde sagte dazu: »Die Tragödie des Alters beruht nicht darauf, dass man alt ist, sondern dass man nicht mehr jung ist.« Bis heute schwingt dieser Mythos nach in Liedern wie »Forever Young« oder daraus abgeleiteten Fitnesskampagnen.

Unter den Philosophen ist Friedrich Nietzsche ein Kind des Waage-Venusprinzips, der, gezeichnet von seiner »Liebeskrankheit« Syphilis, großen Einfluss auf das Denken auch späterer Zeiten hatte. Am bekanntesten ist er für »Bonmots« wie: »Wenn du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht.« Sein Leben war – bei hohen Ansprüchen – von meist unglücklichen Liebesgeschichten geprägt.

Martin Heidegger, Philosophieprofessor in München zur Zeit der Naziherrschaft, ist mit Sonne und weiteren vier Planeten im Zeichen Waage ebenfalls ein besonderer Vertreter dieses Venusprinzips. Er nahm viel größeren Einfluss auf unser heutiges Denken, als ihm zugestanden wird. Dieser reicht bis weit in die spirituelle Szene, in der sowohl der Astrologe Wolfgang Döbereiner als auch der Buchautor Ken Wilber sein 4-Quadranten-Modell übernommen haben, ohne das – typisch Waage-Venus – sehr zu betonen. Interessanterweise unterstellt Döbereiner den meisten seiner Schüler, sie schrieben von ihm ab.

D. T. Suzuki, der Zen-Meister aus Japan, arbeitete am berühmten, für Waage-Venus typischen Brückenschlag zwischen Ost und West, zwischen Zen und Psychoanalyse mit. Zusammen mit Erich Fromm verfasste er das berühmte Buch Zen-Buddhismus und Psychoanalyse.

Einer der größten Physiker, der Däne Niels Bohr, war stark durch das Waage-Venusprinzip geprägt. Als großer Vermittler gab er der Atomphysik erst ihr Fundament. Was andere Genies wie Einstein und Schrödinger gar nicht wahrhaben wollten, fügte er zusammen, dachte es weiter und ließ es erst rund werden, was ihm den Nobelpreis einbrachte. Als er vom dänischen Königshaus geadelt wurde, wählte er sich das Tai-Chi-Symbol als Wappen, das den Ausgleich von Yin und Yang darstellt und in den runden Traum von Einheit integriert. Typisch für den Schatten von Waage-Venus ist, dass bisher aus der Atomphysik vor allem Unglück erwuchs – in Gestalt der Bomben, der Zerstörung von Hiroshima und Nagasaki und der Atomkraftwerke und ihren bisher einzigen Endlagern Tschernobyl und Fukushima. Dieser Weg in die Katastrophen ist mit Nobelpreisen gepflastert und endet im GAU, dem größten anzunehmenden Unfall und Elend. Natürlich wollten die klugen Physiker das nicht, genauso wenig wie der schöne Paris den Trojanischen Krieg. Unter dem Waage-Venusprinzip ist man überhaupt oft erstaunt, wie so gut gemeinte, mit Liebe betriebene Projekte so konträre Ergebnisse zeitigen. Das »Schattenprinzip« wird hier besonders zur Aufgabe.

(Arche-)typische Problemkette

Verkaufte Venus

Von Eros, dem Gott der Antike, führt ein steiler Weg bergab über die kleinen, bestenfalls noch witzigen Amor- oder Cupido-Gestalten zu unseren modernen Eros-Centern und den im Privatfernsehen zu nächtlicher Stunde stöhnend geäußerten Missverständnissen von Erotik. Die »Liebe« ist niveaumäßig dramatisch abgestürzt, käuflich geworden und schon für Centbeträge per Handy minutenweise zu ergattern. Schlimmer aber noch als die Tatsache, dass die Frauen, die diese Illusion vermitteln, gekauft werden, ist die, dass sie auch verkauft werden und mehrheitlich Sklavinnen sind. Der Frauen- und Mädchenhandel hat im Zuge der ausufernden Sklaverei im Schatten der modernen Wohlstandsgesellschaften unglaubliche Ausmaße angenommen.28

Bei ihrem Abgleiten in die Käuflichkeit und folglich zu Jungfrau-Merkur hat das Waage-Venusprinzip, das eigentlich für die Liebe zuständig ist, das Nachsehen. So verliert die Liebe ihren Charme und vor allem alles Himmlische und verkommt zu körperlicher Triebbefriedigung. Waage-Venus könnte nicht drastischer missverstanden werden, denn sie gehört ins Luftreich. Wer ihr gerecht werden will, muss zurück ins luftig leichte Reich ihres Vaters und bereit sein, auch dem Wasserreich ihrer Geburt einen Besuch abzustatten. Nur so ließe sich neuerlich Liebeskultur entwickeln, die wirklich Liebe mit Kultur verbindet, wie es in den Liebestempeln der Aphrodite-Venus üblich war, wo die Liebeskunst von Priesterinnen der Liebesgöttin verehrt und gelehrt wurde.

Vergessene Liebeskunst und die Folgen

Das Ergebnis unserer Missachtung der Liebe und ihrer Reduzierung auf körperliche Ebenen trifft gerade die Männer, die für solche Entwicklungen verantwortlich sind. Die meisten Frauen würden sich durchaus emotionalere und sinnlichere Liebesfeste wünschen.

Inzwischen sind bei uns praktisch fast alle Männer frigide, das heißt, sie produzieren weder beim Vorspiel, das mehr die Rolle eines bedeutungslosen Vorfilms angenommen hat, noch beim Geschlechtsverkehr Gleitflüssigkeit, obwohl sie in Prostata und Cowperschen Drüsen dafür durchaus Organe mitbekommen haben. Durch deren Ignorieren, praktisch von der Pubertät an, versiegen diese Quellen, und in der zweiten Lebenshälfte laufen die meisten Vorsteherdrüsen Amok, sie wachsen und machen – im Sinne von Krankheit als Symbol – auf sich aufmerksam. Das wiederum drückt den Harnstrahl allmählich ab und signalisiert dem Mann, dass es mit seiner Ausstrahlung nicht mehr weit her ist. Heute gilt es fast als normal, dass annähernd hundert Prozent der westlichen Männer mit sechzig nicht mehr normal und mit siebzig nur noch unter erheblichen Schwierigkeiten Wasser lassen können. Schlimmer als diese sogenannte Hypertrophie der Vorsteherdrüse ist aber ihre Tendenz zu entarten. Sechzig Prozent der Sechzigjährigen, siebzig Prozent der Siebzigjährigen und achtzig Prozent der Achtzigjährigen sollen ein beginnendes Prostatakarzinom haben. Hier wäre die später bei den Ritualen angesprochene Liebeskunst die beste Vorbeugung.

Kosmetikwahn und Schönheitsoperationen

Eigentlich wissen wir, dass Schönheit von innen kommt. Da wir aber den Zugang zu unserer Seele und folglich unserem Innenleben mehrheitlich immer mehr aufgeben, treten äußere Kompensationsversuche in den Vordergrund. Bei der Kosmetik hat der Versuch, falsche Verhältnisse vorzutäuschen, noch etwas Harmloses, Nettes – wobei es insofern ein unehrliches Spiel bleibt, als man sich hinter einer Fassade versteckt, die etwas vortäuscht, was man sein möchte, aber nicht ist. Das läuft auf das Gegenteil von Byron Katies Lieben was ist29 hinaus.

Wie viel Schwindel dabei im Spiel ist, zeigen die schlechten Langzeitergebnisse. Männer, die nie etwas für ihre Haut taten, haben oft im Alter die bessere. Das liegt aber auch daran, dass sie das »dickere Fell« haben, das heißt, die Haut der Frau ist wesentlich dünner und empfindsamer. Zum anderen zeigen es auch die Präparate, wenn etwa teure Wässerchen in steriler Ampullenform angeboten werden. Das ist zu hundert Prozent Augenwischerei, denn die Haut ist absolut unsteril. Außerdem besteht ihre Oberfläche aus abgestorbenen Hornzellen; dort Kollagen aufzutragen, weil in der Tiefe welches fehlt, ist lediglich ein Werbe-Gag.

Die Chance der Kosmetik liegt zum einen in der Zuwendung, die ihre Anwendung beinhaltet. Sich selbst liebevoll zu salben und zu massieren ist jedenfalls angenehm und anmachend. Zum anderen besteht sie darin, dem äußerlich gestylten oder gemalten Bild innerlich gerecht zu werden und den vorgetäuschten Tatsachen mit der Zeit immer näher zu kommen.

Das Gesagte lässt sich auf alle äußeren Verschönerungsmaßnahmen übertragen, auch auf die vom Friseur gelegten Dauerwellen. Locken sind verlockend, aber um in den vollen Genuss der Lockenpracht zu kommen, müsste das Innere lernen zu locken und verlockend zu werden.

Selbst beim Yoga geht es darum, auch innerlich in Resonanz zu der äußerlich angenommenen Form zu kommen. Setze ich mich in den Lotossitz, kann ich nur hoffen, dass sich mein Inneres über die Zeit des Übens der äußerlich gebotenen Perfektion anpassen und zum Bewusstsein des Buddha aufschließen möge. Die Gefahr beim Waage-Venusprinzip ist, in der äußeren Form steckenzubleiben und das eigentliche Ziel, den Inhalt, aus den Augen zu verlieren und mit der Zeit ganz zu vergessen.

Der härteste und schwerste Eingriff in die körperliche Wirklichkeit ist die Operation. Bei kosmetischen Korrekturen soll von außen auf Dauer aufgezwungen werden, was innerlich nicht angelegt ist. Die Ergebnisse reichen dementsprechend von schlecht bis peinlich. Das Wort Schönheitsperation bekommt oft einen geradezu makabren vom Schattenprinzip geprägten Beigeschmack. Oft ist die Messlatte zu hoch gelegt, und dann entsteht zwischen Körper und Seele eine Diskrepanz, die zu unnatürlich artifiziellem Aussehen und merkwürdiger Ausstrahlung führt. Menschen, die weder zu ihrem Aussehen noch ihrem Alter stehen können, haben Probleme und sind meist anstrengend. Zurechtoperiert wirkt nicht nur das Gesicht künstlich, auch unechte Brüste mögen sich für die Besitzerin eigenartig anfühlen, für den Partner jedenfalls künstlich und auf Dauer ebenfalls anstrengend, weil deutlich schwerer zu erregen. Von den Auswirkungen der Durchtrennung all der Energiebahnen, der Meridiane und Nadis, bei diesen Operationen ganz zu schweigen.

In einer Zeit genereller Veräußerlichung der Werte wird dieser Wunsch nach äußerer Korrektur aber weiter zunehmen, und tatsächlich ist er schon weit fortgeschritten. In den USA haben noch nicht zurechtoperierte Models bereits eine Art Gewerkschaft gegründet und werben mit natürlicher Schönheit. Der bisherige Trend geht aber zu mehr Künstlichkeit. Die Implantation von Prothesen nimmt ebenso zu wie die von Organen; Kosmetik und Schönheitschirurgie liegen voll im Trend und entsprechen dem Waage-Venusprinzip.

Medizin

Waage-Venusorte im Körperland

Die Haut gehört als Kontaktorgan zu Waage-Venus, während sie als Grenze dem Saturnprinzip entspricht. All unser direkter körperlicher Kontakt spielt sich an Hautöffnungen ab, wo die äußere in die innere Haut, die Schleimhaut, übergeht. Und auch die Poren der Haut sind winzige Öffnungen.

Ein weiterer venusischer Ort im Körperland sind die Nieren im unteren hinteren Rippenbereich. Dort sorgen sie, noch geschützt von den letzten Rippen, dafür, dass der Organismus von seinen Salzen her und im Hinblick auf Säuren (Yang) und Basen (Yin) im Gleichgewicht bleibt.

Schließlich ist noch der sogenannte innersekretorische Anteil der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) anzuführen, jener Teil, der sein Insulin direkt ins Blut abgibt, die sogenannten Langerhans-Inseln. Diese kleinen Hormondrüsen liegen wirklich wie Inseln im übrigen Pankreasgewebe, das Verdauungssäfte, eben den Bauchspeichel, produziert.

Auch die Venen werden der Venus zugeordnet, wobei die Bezeichnung eher vom Lateinischen venire (= kommen) herrührt. Sicher entspricht der passiv sich durch fremde Anstrengung, nämlich durch die Muskelarbeit des Gegenprinzips Mars, bewegende Blutstrom eher dem Waage-Venusprinzip als der aktive arterielle Anteil, der Mars zufällt. So sind diese beiden Gegenspieler auch hier gemeinsam am Werk. Im Mythos bekommen Mars und Venus die bedeutsamsten Kinder; im Organismus hilft das Marsprinzip mit seinen Muskeln dem Venusprinzip beim Rücktransport des Blutes. Die Venen sind die Gefäße, die das Blut aufnehmen und mittels ihrer Ventilklappen zurückhalten, aber nicht aktiv weiterbewegen können. Dazu braucht es Antrieb und Bewegung von außen. Obwohl so gegensätzlich – oder nach dem Polaritätsverständnis gerade deswegen –, lieben und unterstützen sie sich, was dem Waage-Venusprinzip mit seiner Tendenz zur Gegensatzvereinigung natürlich sehr entgegenkommt.

An diesem Zusammenspiel lässt sich auch gut das Verhältnis der wichtigsten Schicksalsgesetze, das der Polarität und das der Resonanz, verstehen. Venus-Aphrodite ist nach dem Resonanzprinzip – »Gleich und gleich gesellt sich gern« – mit Hephaistos, dem kunstsinnigen, aber lahmen Götterschmied und -künstler verheiratet. Diese Ehe hat Bestand, aber wichtige Kinder beziehungsweise Impulse bringt sie nicht hervor, und so bleibt sie für uns unwichtig. Interessant sind das von Hephaistos angefertigte Halsband der Harmonia und der magische Gürtel Charis, der für das Charisma Aphrodites steht und ihr erotische Unwiderstehlichkeit verleiht. Aus dem illegalen Verhältnis mit dem Gegenspieler Mars, geschlossen nach dem Polaritätsgesetz – »Gegensätze ziehen sich an« –, folgen dagegen so einige Sprösslinge, die uns bis heute im Bann halten wie Eros und die Erotik, Harmonia und das Streben nach Frieden und Harmonie, Anteros und die verschmähte Liebe, Himeros und die Sehnsucht, Phobos und die Phobien sowie Daimos und die Schattenproblematik.

Krankheitsbilder

Krankheitsbilder, die den Kontaktaspekt der Haut betreffen, sind bei diesem venusischen Lebensprinzip zu finden, zum Beispiel die Pubertätsakne. Typischerweise tritt sie auf, wenn in der Pubertät, dem Frühling des Lebens, die Säfte steigen und die jungen Bäume ausschlagen und junge Triebe aktiv werden sollten. Bei der Akne schlägt jedoch die Haut aus, und zwar ziemlich genau in all jenen Bereichen, die ein mutig geschnittenes Abendkleid präsentieren würde, an Orten also, die sich jetzt spielerisch forschender Sinnlichkeit öffnen sollten. Stattdessen sinkt im Sinne von Krankheit als Symbol das Thema in den Körper. Er produziert in all den kleinen Vulkanen der Eiterpusteln Symbole, die ausgedrückt werden wollen und ausdrücken sollen, dass hier jemand im Inneren unter Druck steht und dass etwas über die Grenze hinaus zum anderen will. Es geht darum, es an den Jungen oder das Mädchen zu bringen. Gleichermaßen Vorbeugung und Therapie der Akne ist also das Ausleben unterdrückter pubertärer Sinnlichkeit und Erotik.

Die Probleme der Nieren hängen mit ihrer Aufgabe der Blutwäsche zusammen, die darauf hinausläuft, einerseits das Säure-Basen-Gleichgewicht sicherzustellen und andererseits wichtige Stoffe wie Salze und Wasser zurückzuhalten, Schlacken allerdings gezielt auszuscheiden. Die Nieren bedienen sich dazu erstens des Siebprinzips in den Nierenkörperchen, das nach dem Resonanzgesetz funktioniert und Wichtiges zurückhält, und zweitens des sogenannten Gegenstromprinzips der Osmose, das sich des Polaritätsgesetzes bedient und dafür sorgt, dass über die Anziehung der Gegensätze wichtige Stoffe im Körper bleiben und der Urin konzentriert wird. So arbeiten die Nieren in der Regel nach denselben Prinzipien, wie auch Partnerschaften ent- und weiterbestehen. (Arche-) typischerweise werden schon bei der Partnerschaftsanbahnung, beim ersten Anstoßen, gleich mittels Alkohol die Nieren angeregt. Beim Austausch des ersten Kusses wird ein anderer Waage-Venusort angeregt: der Mund als klassische Öffnung und orale Genusszone.

Beim Säure-Basen-Gleichgewicht geht es darum, die Mitte zu bewahren und zu (er)halten. Wenn zu viel Säure und damit zu viel archetypisch Männliches anfällt, wie oft in unserer Lebenssituation, muss es bevorzugt ausgeschieden werden, umgekehrt ebenso. Säuren zeichnen sich dadurch aus, dass sie Protonen abschießen (Yang), Basen dadurch, dass sie sie anziehen (Yin).

Bei einer Glomerulonephritis, einer Entzündung der Nierenkörperchen, gehen dem Organismus wesentliche Stoffe wie Proteine und Salze verloren; das Sieb ist undicht. In der Partnerschaft ist das die Situation, dass die Projektionen nicht zurückgenommen werden und lebenswichtige Themen unter den Tisch fallen. Die Chance, gemeinsam aneinander zu wachsen, vergeht ungenutzt.

Bei Nierensteinen fällt etwas aus, das nicht in Fluss zu halten war und stattdessen versteinert. Wer in der Partnerschaft keine Ausfälle wagt oder wenigstens ab und zu ausfällig wird, läuft – wie immer – Gefahr, den Körper, hier in Gestalt der Nieren, zum Einspringen zu zwingen. Steinharte und möglicherweise steinalte Themen werden so zum Problem und wollen unter Schmerzen und den Presswehen von Koliken geboren werden. Wenn Steine und versteinerte Probleme stecken bleiben und sich einklemmen, blockieren sie den Fluss des Austauschs, und heftige (Kolik-) Schmerzen ziehen die Aufmerksamkeit auf das Thema. Mars, der Gegenpol, kommt dann dramatisch ins Spiel. Grundsätzlich hat auch Flüssigkeit gefehlt, also Seelenenergie, um alle wichtigen Substanzen und Themen in Lösung zu halten.

Bei der Nierenbeckenentzündung ist ein Konflikt im Zusammenhang mit dem Waage-Venusprinzip und wahrscheinlich Partnerschaft in den Körper gesunken. Sie ist also eine Aufforderung, etwaige Scheinharmonie in einer Partnerschaft zu verlassen und sich stattdessen gegenseitig zu fordern und zu fördern, offensiv Auseinandersetzungen zu führen, um Partnerschaft, Liebe und Entwicklung voranzubringen.

Bei der Schrumpfniere heißt die Aufgabe, sich im Bereich von Waage-Venus und damit wahrscheinlich Partnerschaft zurückzuziehen und dem Körper, speziell der Niere, die Resignation und den Rückzug abzunehmen.

Klassische Nierensymptome wie Ödeme, die den Körper anstelle der Seele weich und nachgiebig machen, verraten, wie sehr sich das Seelenelement Wasser staut und absackt und entsprechend seelische Themen und Aufgaben nicht in Fluss gehalten werden, sondern in tiefere Bereiche absinken.

Wird Dialyse und damit eine künstliche Niere notwendig, kommt ein perfekter Partner zum Einsatz ohne Eigenansprüche, ohne eigenen Willen, jederzeit verfügbar und immer bereit. Es bedeutet aber erst recht totale Abhängigkeit und macht auf diesem Weg auch wieder ehrlich. Mythen wie der von Pygmalion, oder in der modernen Fassung My Fair Lady, klingen an, bei denen es darum geht, sich »künstliche« Partner zu schaffen.

Bei Diabetes wird nicht genug oder gar kein Insulin vom Pankreas gebildet, wodurch die Glukose, der Zucker, nicht mehr in die Zellen aufgenommen werden kann und eine, wie man früher sagte, Zuckerharnruhr entsteht, ein Zucker- oder Liebesdurchfall. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen der jugendlichen Form vom Typ I, deren Ursache schulmedizinisch ungeklärt ist, und dem Typ II, früher Altersdiabetes genannt, der heute aber schon bei Jugendlichen und sogar Kindern vorkommt. Seine Ursache liegt in einer Erschöpfung von Zellen der Bauchspeicheldrüse (Langerhans-Inseln) durch unpassende Lebensführung, was die Themen Essen und Liebe angeht.

Auch hier geht es darum, dem Körper die ihm aufgeladene Aufgabe wieder abzunehmen. Zentrales Thema ist, die Liebe zum Fließen zu bringen – ohne sich daran zu klammern, ohne sie für sich behalten zu wollen, ohne sie auszunutzen, sondern sie zu geben und zu verströmen.

Waage-Venusenergie im Namen

Justus, dem man den Gerechten offenkundig mit dem Namen in die Wiege und auf den Lebensweg gegeben hat, gehört wie auch Friedrich, der Friedensreiche, zu diesem Lebensprinzip der Waage-Venus.

Jasmin oder Rosa bringen das venusische Blumenreich ins Spiel, bei Isabella und Bellinda ist es die Schönheit, bei Amadeus und Eros die Liebe, und Cosima verweist auf die dem Kosmos zugrundeliegende Bedeutung von Schmuck und Zierde.

Bearbeitung und Einlösung von Waage-Venusthemen

Es liegt nahe, das Waage-Venusprinzip auf wunderschöne Art zu bearbeiten und einzulösen. Alles, was Genuss verspricht, bietet sich an, von Massagen über Kunsterleben für alle Sinne und natürlich die Liebe vom Flirt bis zur Entwicklung von Liebeskunst im tantrischen Sinne. So wie man getreu dem Spruch, dass die Liebe durch den Magen geht, essen statt lieben kann, lässt sich natürlich auch lieben statt essen – und um den beiden Waagschalen gerecht zu werden, essen und lieben. Liebe zu machen, statt zu essen, könnte neben den positiven Wirkungen auf die Figur auch auf die Beziehung wunderschön abfärben. Beim Thema Essen lautet im Übrigen ein bewährter Tipp, in schöner Atmosphäre und mit Genuss Schönes zu speisen, statt viel in sich hineinzuschaufeln.

Sich schöne Zeiten zu machen, mit allem, was man liebt, ist die Grundidee des Waage-Venusprinzips. Diesem Bedürfnis nachzukommen, sollte mindestens angenehm, wenn nicht anmachend sein. Wichtig ist dabei, echte Harmonie als Ausgleich zwischen Venus- und Marsprinzip zu erkennen und folglich jede Scheinharmonie, die eine große Gefahr bei diesem Lebensprinzip darstellt, zu meiden. Faule Kompromisse als mögliche Konfliktfeindlichkeit durchschauen zu lernen, um offener für die Schönheit eines ehrlichen Kompromisses zu werden, ist eine wundervolle Entwicklung im Sinne von Waage-Venus.

Aus erkannter Falschheit und Feigheit, Unehrlichkeit und Missgunst der untersten Entwicklungsstufe lässt sich in idealer Weise eine eigene Schattentherapie machen, so dass diese Eigenschaften, statt projiziert, im eigenen Reich erkannt und durch Bewusstheit in Klugheit und Diplomatie umgewandelt werden.

Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit lassen sich ebenfalls durch Bewusstheit verwandeln. Die Fähigkeit, erst zu denken, statt sich zu einem unüberlegten Handeln oder Entschluss hinreißen zu lassen, kann einige Probleme und Verletzungen verhindern. Je klarer dieses Abwägen ist, desto klarer kann auch die Balance, ein harmonisches Sowohl-als-Auch, ausfallen. Hier entsteht die Fähigkeit, Situationen zu schaffen, bei der alle gewinnen und jeder der Beteiligten seine Eigenschaft zum Wohl der Gemeinschaft beitragen kann.

Scheinharmonie trägt in sich die Chance, die Sehnsucht nach echter Harmonie zu erkennen und zu beleben. Eitelkeit beinhaltet den Anspruch, schön und vollkommen zu sein. Diese beiden Ziele auf inneren Ebenen zu verfolgen ist ein wundervoller Wechsel der Perspektive, der großen Wandel bringen wird. Wenn man sich in einer blasierten Schickeria-Szene wiederfindet, besteht die Chance, hohe Ansprüche ernstzunehmen und einzufordern. So ist schon viel Sinnvolles und Schönes im Rahmen von Charity-Projekten entstanden und hat auf Dauer Menschen verändert.

Halbherzigkeit verlangt einfach nach der anderen Hälfte, ein (arche-) typisches Waage-Venusthema. Wo immer sie auftritt, lässt sich die Ergänzung angehen. Die Sucht nach jenen rauschhaften Verliebtheitsgefühlen kann die Suche nach Partnerschaft betonen, und schon in dieser Bewusstheit liegt die Chance ihrer Überwindung. Bleiben, wenn die Schmetterlinge im Bauch sich über das Raupendasein in die Verpuppung davonmachen, ist hier die Übung. Schmeichelei lässt sich in Zärtlichkeit und in wahres, ehrlich gemeintes Lob wandeln und Manieriertheit in kunstvolle, achtsame Lebensart und Gestik transformieren. Aus Parfümiertheit kann die Kunst des Duftes geboren werden, die etwas Leichtes, Blumiges vermittelt. Ästhetizismus kann in dem Moment, in dem er durchschaut wird, schon zurück zu anspruchsvoller Ästhetik finden. Dekadenz lässt Verfall und Entartung anklingen und kann Anlass zu Meditationen über den Verfall von Äußerlichkeiten geben. Als solches erkanntes »Zickentheater« wandelt sich idealerweise in die Erkenntnis des Mangels an Achtsamkeit und Respekt gegenüber den anderen und dem Du.

Kontaktfreude, Schönheitssinn, Taktgefühl und Geschmack wie auch Höflichkeit und das Gefühl für Stil bedürfen schon keiner Transformation mehr, könnten aber die Frage aufwerfen, welchem Ziel sie dienen. Was wollen Kunstverstand, Liberalität und Diplomatie bewirken? Die Kunst des Flirtens und Verführens könnte in Liebeskunst münden.

Auf höheren Entwicklungsstufen kommen wir den erlösten Möglichkeiten automatisch immer näher. Aus dem Sinn für die Liebe kann natürlich auch Liebeskunst werden, die zu Gottes- oder Einheitserfahrungen führt. Eigener innerer Frieden kann genutzt werden, äußeren zu befruchten oder zu schaffen.

Meditationen, Therapien

Tantrische Meditationen bieten einen guten Zugang zu diesem venusischen Lebensprinzip. Passend sind auch meditatives Singen von Mantras und Obertonsingen. In Gruppen Klangwolken zu bilden und gemeinsam schwingen zu lassen ist ein weiteres Beispiel. Auch die meditative Kunst des Ikebana, des Blumensteckens, ist eine Übung, die zum Waage-Venusprinzip passt.

Eine klassische Form ist die buddhistische Uppekha-Meditation, bei der in Stille sitzend registriert wird, was aus dem eigenen Inneren aufsteigt, wenn man gar nichts tut und nur beobachtet. Die kontemplative Betrachtung zeitloser Kunst lässt sich hier ebenfalls als Meditation einordnen. Kon-templation meint, einen oberen Tempel genannten Bereich am Himmel mit dem unteren Tempel auf der Erde zusammenzubringen.

Unter den Therapien sind alle Kunsttherapien, von der Mal- bis zur Musiktherapie, zu nennen, außerdem Singen als Therapie und auch Tanztherapie. Atemtherapien, wie vor allem die des verbundenen Atmens, gehören schon wegen des Bezugs zum Element Luft hierher und weil sie so sehr auf den Ausgleich der Gegensätze zielen.

Rituale

Passend sind alle Rituale der Liebeskunst wie das aus dem Buddhismus kommende Tantra, zudem das italienische Karezza, was übersetzt Zärtlichkeit bedeutet und darauf auch hinaus läuft. Zärtlichkeit als Lebens- und Liebeskunst hat einen der Waage-Venus eigenen Charme. Diese beiden Arten der Liebeskunst tendieren dazu, das Liebesspiel auszudehnen und den Samenerguss hinauszuzögern, wenn nicht überhaupt durch wirkliche Höhepunkte zu ersetzen, die auch dem Mann Orgasmen ähnlich denen der Frau ermöglichen. Die meisten westlichen Männer haben zwar noch einen Samenerguss, aber längst keine Orgasmen mehr im Sinne von Einheitserfahrungen, und insofern tut sich hier Entwicklungsland auf.

Der tantrische Buddhismus zielt natürlich auf Befreiung und nutzt dazu ganz bewusst die sexuelle als unsere stärkste Energie. Sie für das letzte Ziel zu verwenden liegt nahe, wobei der Tantrismus weit über Sexualität hinausgeht, beruht er doch auf einer umfassenden Philosophie. Karezza ist dagegen ein heute fast wieder vergessenes Relikt einer westlichen Liebesschule, die der Schweizer Professor Werner Zimmermann nochmals aufgriff und zu verbreiten suchte, allerdings ohne den ganz großen Erfolg. Seit den Zeiten der Antike hat das Waage-Venusprinzip im Westen diesbezüglich keine guten Bedingungen mehr vorgefunden, da seine Vorliebe für Genuss bei Platon und der platonischen unkörperlichen Liebe und noch extremer bei den prüden christlichen Religionen auf wenig Gegenliebe stieß. Dabei bietet Waage-Venus eine wundervolle Quelle gesteigerter Lust und eine einmalige Chance, Partnerbeziehungen wieder Auftrieb zu geben.

Wenn ein Paar die tantrische Liebeskunst entdeckt und spielerisch lernt, werden alle anderen Partner weniger attraktiv, während die eigene Sinnlichkeit, Erotik und Sexualität nicht nur am Leben bleibt, sondern wächst und sich entwickelt. Nebenbei ist diese Art von Liebeskunst auch die ideale Vorbeugung und Bearbeitung von Prostataproblemen.30

Musik

All jene wunderschönen Songs, die ein Ohrenschmaus sind, gehören typischerweise zu Waage-Venus, dazu alle Friedenslieder wie die schon erwähnten Friedenshymnen von John Lennon oder »Peace On Earth« von Country Joe McDonald, einem Barden der Friedensbewegung aus der Vietnamkriegszeit. Songs wie »Let It Grow« von Eric Clapton, »My Heart Will Go On« von Celine Dion, »Pretty Woman« von Roy Orbison und all die zeitlosen und anderen Liebeslieder dieser Welt sind typisch für dieses Lebensprinzip.

Zur geführten Meditation eignet sich »Eclipse« von Tim Weather oder »Fête sauvage« von Vangelis; aus der Klassik das »Rondo veneziano«.

Bewegung und Sport

Sport ist nicht gerade ein Schwerpunkt für von diesem Venusprinzip geprägte Menschen, denn sie sind meist einfach zu bequem. Am ehesten macht ihnen Tanzen Freude, aber lieber nicht Turniertanz, denn das wäre zu anstrengend. Passender sind Tänze wie die Française oder früher Menuette und Reigen, bei denen die Leute zusammenkommen. Wenn schon schweißtreibend, dann so Aufreizendes wie Can-Can.

Beim Sport entspricht der Eistanz oder die Kür beim Eiskunstlauf dem ästhetischen Waage-Venusprinzip. Typisch sind auch tänzerische Gymnastik und eigentlich Ballett, das auf Dauer jedoch ebenfalls zu anstrengend wird. Florettfechten, vielleicht mit Gedanken an alte romantische Zeiten, als man die Geliebte noch mit dem Degen erringen und verteidigen musste, wie es alte Filme über die drei Musketiere zeigen, ist etwas nach dem Geschmack von Waage-Venus, wenn dieser Sport natürlich auch bereits sehr marsische Einschläge hat.

Hobbys

Die Beschäftigung mit Mode – in allen Ausprägungen vom Lesen der einschlägigen Modezeitschriften über den Besuch von Modenschauen bis zum genussvollen Shopping – kann unter dem Waage-Venusprinzip zum Hobby werden. Auch Dekoration im weitesten Sinne, von der Gesichtskosmetik über das Outfit bis zu Wohnungen und Häusern, ist hier Lieblingsbeschäftigung. Das Einrichten und Designen macht Waage-Venusmenschen Freude, und mit ihrem Geschmack und Stilempfinden haben sie auch das richtige Gespür dafür.

Bei den Freizeitbeschäftigungen kommt außerdem Hausmusik in Frage, am liebsten mit Geige und Cello, denn die Streicher haben so viel Romantisches. Wobei die gehobene Klassik mehr Waage-Venus entspricht, während populäre Darbietungen wie etwa von André Rieu, der mit seiner Geige dirigiert und zugleich Herzen schmelzen lässt, eher den Geschmack von Stier-Venus bedienen.

Kunstgenuss, zum Beispiel der Konzert- und Galeriebesuch, ist generell eine Option, und jede Vernissage bietet obendrein die Möglichkeit, nicht nur die neueste Mode zu präsentieren, sondern auch gepflegte Konversation über Kunst und Kultur zu führen. So ist Kunstexpertise und -kritik ebenfalls ein Steckenpferd. Das Betreiben einer Kunstgalerie oder der Handel mit Kunst als Liebhaberei ist bei diesem venusischen Lebensprinzip durchaus eine adäquate Form der Freizeitgestaltung.

Malen kommt ebenso in Frage, besonders Aquarellmalerei im abstrakten Stil, wobei nicht nur die Farben, sondern auch die Grenzen zerfließen und ganz neue Verbindungen entstehen.

Bei den Spielen kommt neben Dame auch Schach in die engere Auswahl, und zwar wegen des strategischen Denkens, das hier hilfreich und zielführend ist.

Sinnlichkeit, Erotik und Sex

Sinnlichkeit, Erotik und Sex haben bei Waage-Venus geradezu ihre urprinzipielle Heimat. Menschen mit dieser Prägung wollen umworben und verführt werden. Sie brauchen viel Stimmung und einen langen, prickelnden Flirt und später eine erotische Vorspielphase, die ihnen mindestens so wichtig ist wie der Rest. Sexy zu sein ist entscheidender als Sexualität im plutonischen Sinne, zumal es bei diesem Venusprinzip keineswegs um Fortpflanzung oder Arterhaltung geht, sondern um den Genuss beim Spüren und Verbinden von Gegensätzlichem, und zwar auf einer viel angenehmeren, damit aber auch oberflächlicheren Ebene als beim Plutoprinzip.

Filme

Die legendären Tanzfilme mit Ginger Rogers und Fred Astaire sind typisch für Waage-Venus. Gegen alte, antiquierte Dinge ist bei diesem Venusprinzip nichts einzuwenden, im Gegenteil, hier wird auch gern ein Oldtimer gefahren, solange er schön und formvollendet ist. Schönheit und Geschmack rangieren eben weit vor Nützlichkeit und praktischen Erwägungen, wie sie von einem Menschen unter dem Jungfrau-Merkurprinzip typischerweise gehegt werden.

Filme wie Flashdance, der die Tanzkarriere einer jungen Frau beschreibt, oder Center Stage aus der Ballettwelt, spiegeln dieses typische venusische Lebensgefühl wider. Früher waren es Filme wie Footloose mit Kevin Bacon und Saturday Night Fever mit John Travolta, später Dirty Dancing mit Patrick Swayze für die Jungen und Darf ich bitten mit Richard Gere und Jennifer Lopez für die reiferen Semester und Probleme.

Beliebt wie Venus-Aphrodite selbst sind auch die zahlreichen Soaps, in denen sich alles um Liebe und Schönheit dreht. Allen voran die Filme und Staffeln von Sex and the City, in denen vier Freundinnen haarklein besprechen, was sie in diesem venusischen Bereich erleben.

Alle Liebesfilme aller Zeiten von Die Welt der Suzie Wong bis zur Wiederauflage in Pretty Woman fallen natürlich unter das Waage-Venusprinzip. In Helmut Dietls Vom Suchen und Finden der Liebe verlieben sich der Komponist Mimi Nachtigal und die Sängerin Venus Morgenstern unsterblich ineinander. Wie so oft besteht ihre Liebe leider nicht die Probe im alltäglichen Leben. Verzweifelt versucht jeder der beiden, die Trennung auf seine Art zu bewältigen. Venus nimmt sich einen neue Freund, Mimi sich daraufhin das Leben. Doch da zeigt sich, dass die Liebe stärker ist als der Tod. Und so steigt Venus, wie einst Orpheus, hinab in die Unterwelt, um ihren Geliebten zurückzuholen – eine Liebesgeschichte wie in den Mythen der griechischen Antike.

Der Mythos des tragischen Liebespaares Romeo und Julia ist die Inspirationsquelle für den romantischen Film Briefe an Julia. Die junge Amerikanerin Sophie verbringt mit ihrem Verlobten Viktor einen vorgezogenen Honeymoon in Verona. Da Viktor nur seine beruflichen Angelegenheiten im Kopf hat, macht sich Julia allein auf Erkundungstour durch die Stadt des legendären Liebespaares und findet dort in den Ritzen einer »Klagemauer« für unglücklich Verliebte den fünfzig Jahre alten Liebesbrief von Claire. Sie beantwortet den Brief und macht sich daraufhin zusammen mit Claire und deren Enkel auf die Suche nach der einstigen großen Liebe. Und wie so oft nimmt dabei die Liebe ihre besonderen unerwarteten Wege.

Wieder einen anderen Aspekt der Liebe erzählt der Film Schwer verliebt. Der junge Hal, der nur Augen für das Superweib mit perfekten Modelmaßen hat, erlebt durch die Begegnung mit einem Hypnotiseur eine dramatische Wahrnehmungsveränderung. Plötzlich verliebt er sich in Rosemary, in der er die schönste, klügste und witzigste Frau sieht, der er je begegnet ist. Seine Freunde staunen nicht schlecht, denn Rosemary ist in Wirklichkeit die XXL-Ausgabe eines Superweibes. Die Augen der Liebe aber, die auf das Herz statt auf Äußerlichkeiten gerichtet sind, zeigen etwas ganz anderes.

Das Thema des Traumpartners steht im Mittelpunkt des Filmes The Good Night. Träum weiter… Immer mehr ist der erfolglose Komponist Gary vom realen, ganz normalen Leben frustriert, besonders was die Beziehung mit seiner patenten Freundin Dora anbelangt. Zunehmend flüchtet er in süße Träume, in denen er Anna, der absolut vollkommenen Frau und inkarnierten Verführung begegnet, die alle seine Liebeswünsche wahr werden lässt. Bald ersetzt die Zeit des Schlafes und des Träumens das richtige Leben. Ein schräger New-Age-Guru unterrichtet ihn dann auch noch in Traumsteuerung. Alles scheint perfekt zu sein, bis Gary plötzlich Annas Gesicht auf einem Poster in der realen Welt entdeckt. Sofort begibt er sich auf die Suche nach seiner Traumfrau. Doch wie so oft, sieht die konkrete Wirklichkeit anders aus als erwartet.

Herzerfrischend ist auch der Film von Woody Allen Whatever Works – Liebe sich wer kann. So ungleich, verkorkst, chaotisch können die einzelnen Menschen gar nicht sein, dass die Liebe nicht einen Weg finden würde.

Um ihr Ziel zu erreichen, bedient sich Venus-Aphrodite nicht selten ungewöhnlichster Praktiken. So mag es sein, dass sie sogar den Teufel engagiert, um Liebende zusammenzubringen. So geschehen in dem Film Trau keinem, mit dem du schläfst. Wie einst bei Goethes Faust muss sich Mephisto II., Sohn des Höllenfürsten, allerlei einfallen lassen, um den Nachfolger des alten Faust, Frank, wieder mit seiner Jenny zu vereinen.

Witz und Weisheit

Zwei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch treffen sich wieder, und eine ist schwanger. »Wie hast du das geschafft?«, entfährt es der anderen. »Ich war bei Swami Bumsananda.« Darauf die Kinderlose: »Da war ich letztes Jahr auch mit meinem Mann.« Daraufhin die Schwangere: »Dummchen, geh halt allein hin!«

 

Er: »Ich liebe die Frauenbewegung, wenn sie rhythmisch ist.«

 

Bella gerant alii, tu felix Austria nube – Mögen andere Kriege führen, du glückliches Österreich heirate. (Anonym)

 

Ein Diplomat ist ein Mensch, der zweimal überlegt, bevor er nichts sagt. (John Steinbeck)

 

Ein Kompromiss, das ist die Kunst, einen Kuchen so zu teilen, dass jeder glaubt, er habe das größte Stück. (Ludwig Erhard)

 

Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet. (Christian Morgenstern)

 

Getrieben von der Macht der Liebe suchen die Teile der Welt einander, damit die Welt entstehen kann. (Pierre Teilhard de Chardin)

 

Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. (Genesis 2, 18)

 

Die Liebe ist das Amen des Universums. (Novalis)

 

Das ist eine törichte Vorstellung der Männer, dass Eros Sex sei, aber weit gefehlt, Eros ist Bezogensein. (C. G. Jung)

 

Einen Menschen lieben heißt, ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat. (Fjodor Dostojewski)

 

Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse. (Friedrich Nietzsche)

 

Winkt dir die Liebe, so folge ihr, sind auch ihre Wege hart und steil. (Khalil Gibran)

 

Die Liebe hält es wie Gott: Beide geben sich nur ihrem tapfersten Knechte.

 

Das Problem der Liebe gehört zu den großen Leiden der Menschheit, und niemand sollte sich der Tatsache schämen, dass er seinen Tribut daran zu zahlen hat. (C. G. Jung)

 

Die Liebe kann einen Menschen verändern. Durch sie habe ich herausgefunden, wer ich bin. (Paulo Coelho)