Das Prinzip von Kreativität, Ausstrahlung und Mitte
Wohin du auch gehst,
geh mit deinem ganzen Herzen.
Konfuzius
Schon das astrologische Symbol für Sonne – der Kreis, das Mandala mit dem Mittelpunkt – ist Programm: Einheit. Der Kreis als Symbol des Geistes mit Mittelpunkt ist gleichbedeutend mit zentriertem Geist. Dabei geht es bei diesem solaren Lebensprinzip keinesfalls um Konzentration (wie beim Saturnprinzip), sondern im Gegenteil um Ausstrahlung aus der Mitte heraus. Das Sonnenprinzip ist schon zentriert; es bedarf also nicht erst noch der Konzentration, sondern es hat bereits alle Kraft und Macht in sich und wirkt aus der Mitte nach außen strahlend.
Die Sonne ist das energetische Zentrum unseres Sonnensystems. Ihr Strahlen, ihre Energie, die sie so überaus freigebig in den Raum verteilt, macht Leben auf der Erde erst möglich. So symbolisiert sie auch das Schöpferische, das aus sich und der eigenen Mitte heraus Kreative. Selbstausdruck und Selbst-Verwirklichung sind die Themen dieses Lebensprinzips sowie der Weg der Individuation im Sinne C. G. Jungs. Auch die Individualität als das Unteilbare, Eine, Einzige ist hier gemeint.
Wie die Sonne am Himmelszelt, die auf Heilige und Mörder gleichermaßen scheint, unterscheidet dieses Urprinzip nicht. Da Sonne nicht aus-, sondern einschließt und kaum unterscheidet, werden ihr Bilder nicht gerecht, denn diese leben vom Weglassen. Das macht es so schwierig, dieses zentrale Lebensprinzip mit Worten der Polarität zu beschreiben. Das alles Vereinende entzieht sich der Aufteilung in Aspekte und Eigenschaften. So ist der Sonnengott Helios in der Antike auch eine eher unspektakuläre und fast unbekannte Gestalt, der keine Beschreibung gerecht werden kann. Obwohl allsichtig und allwissend, mischt er sich dennoch nirgends ein und kommt so kaum vor, sondern hat den (großen) Bogen heraus, auf den er seinen Sonnenwagen lenkt.
Ähnlich wie wir das weiße Licht der Sonne, das alle Energie und alle Farben enthält, nicht wahrnehmen, bleibt auch das zugehörige Prinzip so schwer fassbar wie die Einheit und Vollkommenheit, für die es steht. Auch sein eigentliches Symbol, der Punkt in der Mitte des Kreises, hat per Definition keine Ausdehnung in den Raum und kommt als rein ideelles Gebilde konkret eigentlich gar nicht vor. Geometrisch rechnen wir mit ihm, obwohl er in der Welt von Raum und Zeit nicht existiert. Der Mitte-l-punkt ist nicht – und enthält doch alles in der Potenz. So ist auch mit dem Sonnenprinzip immer zu rechnen, nur nicht so konkret.
Und alles dreht sich um diesen (Mitte-l-)Punkt, wie sich auch alle Planeten der Ekliptik um die Sonne drehen und alle Elektronen um den Kern im kleinen Sonnensystem des Atoms. In der Zelle sind alle Organellen auf den Zellkern bezogen. Im Organismus kreist alles Blut um das Herz. Im sozialen Bereich dreht sich alles um den Chef, das Oberhaupt; in der Regierung rotieren die Minister um den Kanzler; in der katholischen Kirche die Priester und Kardinäle um den Papst. Diese Mitte als Mittelpunkt des Mandalas entspricht voll und ganz dem Sonnenprinzip.
Die Sonne steht für den ersten Platz in der Hierarchie, die ihr ebenfalls als Ordnungsprinzip entspricht. Den Ägyptern und Inkas war die Sonne der Gott, und die Pharaonen wähnten sich Söhne der Sonne. Für die Inder wohnt Brahma, ihr höchster Gott und Schöpfer des Himmels und der Erde, in der Sonne; auf Erden spielt jedoch auch er eine untergeordnete Rolle und verfügt kaum über Tempel. Christus wird als Licht der Welt bezeichnet, und das ist eindeutig die Sonne. Gottvater ist demnach das Licht des Himmels. Ziel der Mystiker ist, die Sonne im Herzen aufgehen zu lassen und mit allem eins zu werden. Das strahlende Herz ist natürlich auch der Ort der Sonne im Körper. Vom Herzen geht alle Energie aus und erreicht jede Zelle, so wie von der Sonne alle Energie in unserem Sonnensystem ausgeht und jedes Geschöpf und jede Zelle erreicht.
In der Welt entspricht dem Sonnenprinzip der König mit seiner strahlenden Krone. Im Gralsepos findet Parzival, der (arche-)typische Sonnenheld, auf seiner Suche die Lösung in dem Satz: »Der König und das Land sind eins.« Dem König gehört das ganze Land, aber er gibt es bereitwillig als Lehen an andere und lässt sich durch diese vertreten. Seine Beamten ordnen das Land für ihn und regeln alles; seine Schiffe fahren auf allen Meeren, gesteuert von seinen Kapitänen und Seeleuten. Seine Minister oder Diener sorgen für das Land bis hin zum letzten Acker. So die schöne Idee, die in zentralistisch organisierten Ländern wie Frankreich am deutlichsten wird.
Ähnliches gilt für die Welt der Urprinzipien. Die Sonne ist das Vollkommene, das alles enthaltende Prinzip, aber sie gibt wesentliche urprinzipielle Aspekte gleichsam außer Haus. Sonne ist die von Materie unabhängige Urkraft, doch das Thema der zielgerichteten Energie delegiert sie ans Marsprinzip. In ihr als Einheitsprinzip kommt alles zusammen, aber die Oberhoheit über die Zusammenhänge und Verbindungen auf Erden bekommt Merkur. Als Ursprung allen Seins ist die Sonne natürlich auch Quelle aller Fruchtbarkeit, aber diese überträgt sie konkret an das Mondprinzip. Sie trägt alle Schönheit in sich, aber sie in irdische Formen zu gießen überlässt sie dem Venusprinzip. Sie ist der Überfluss an Sinn und Weisheit und gibt diese Themen an Jupiter. Als höchste Ordnung, in der sich alles konzentriert, delegiert sie ordnende Vernunft und die Reduktion auf Wesentliches an Saturn. Als Quelle aller Originalität lässt sie diese von Uranus in die Welt tragen. Als größte Kraft gibt sie die der Verwandlung an Pluto. Als grenzenlose, mit ihren Strahlen alles erreichende Mitte verleiht sie Neptun die Fähigkeit zur Transzendenz und Grenzüberschreitung. Als Mitte von allem – ob Sonnensystem der Ekliptik oder Atom – ist großes Selbst-Bewusstsein verlangt. Alle Verantwortung liegt letztlich beim Sonnen-und Einheitsprinzip. So gehört auch die im Zusammenhang mit der Urprinzipienarbeit so wichtige Eigenverantwortung und überhaupt Verantwortlichkeit zu Sonne, obwohl Saturn sie auch hier meist vertreten darf.
Wenn wir nun dieses Prinzip trotzdem konkreter angehen, werden notgedrungen Fehler passieren. Wir werden weglassen müssen, und dies wird dem Sonnenprinzip nicht wirklich gerecht. Der Sonne fehlt als Ausdruck von Mitte und Einheit nichts.
Von Helios wissen wir, wie gut er den richtigen Weg (durch die Mitte) kennt. Er schaut von der höchsten Position auf die Erde herab, und bei seinen menschlichen Vertretern auf Erden wird hier schon die Gefahr höchster Arroganz und Abgehobenheit deutlich. Das Sonnenprinzip hat die höchste Autorität, ohne sie jedoch auszuspielen. Aber natürlich könnten irdische Vertreter dabei autoritär und autokratisch werden. Ganz in den Moment des Augenblicks versunken und damit auf sich zentriert, könnte sich daraus Egozentrik bis zu Egomanie entwickeln, doch ebenso beeindruckende Situationsechtheit. Aus der größten Macht dieses Prinzips kann sich im irdischen Schattenreich der entsprechende Missbrauch bis zu Herrschsucht und krankhaftem Dominanzstreben zeigen. Aber dieses Lebensprinzip verfügt natürlich auch über die größte Energie und Wärme, und das typische Löwenherz kann enorme Herzenswärme und -energie freisetzen und sich verströmen. Eine Persönlichkeit, die vieles davon ausstrahlte und für sich beanspruchte, war der legendäre französische Sonnenkönig Ludwig XIV.
Selbstverständlich ist das wertvolle und glänzende Gold das Metall des Sonnenprinzips. Aus Gold entwickelten sich die ursprünglich güldenen Gulden und auch unser Geld, das solche Geltung bekommen hat und heute die Welt regiert. Gold gehört auch als homöopathisches Mittel Aurum metallicum zu diesem Prinzip. Es ist das königliche Material, aus dem natürlich auch Herrscherkronen gearbeitet waren, und es hat die warme goldgelborange strahlende Farbe des Sonnenprinzips. Natürlich dreht sich auch bei den Olympischen Spielen alles ums Gold. Schon Gewinner von Silber- und Bronzemedaillen sind eigentlich bereits Verlierer. In sogenannten Medaillenspiegeln wird das besonders deutlich. Die Silbermedaillen zählen überhaupt nur bei Gleichstand an Goldmedaillen.
Eine weitere Sonnenfarbe ist Weiß als die Farbe der Farben – als die einzig vollständige Farbe, die alle anderen in sich trägt.
Als Schmuck kommt nur der Brillant als wertvollster und damit auch König unter den Edelsteinen in Frage. Unter dem Aspekt, der härteste und dichtes gepackte Kohlenstoff zu sein, gehört der Diamant zum Saturnprinzip, aber als strahlend schön geschliffener Brillant und teuerster Schmuck der Könige gehört er zum Sonnenprinzip.
Im Berufsleben kommen (nur) Chefpositionen der Sonne gleich, etwa als Manager alten Stils oder sogar als typischer Kapitalist, mit gewaltiger Statur, die dicke Zigarre im Mund, der gleichsam König (in) der Firma ist, am besten natürlich der eigenen, denn alles andere als Selbstständigkeit ist bei diesem Lebensprinzip unangemessen und führt zu Komplikationen. Der moderne Big Boss ist natürlich auch hier angesiedelt, der nach dem Motto »Divide et impera « (»Teile und herrsche«) genau das tut. Sein Stil kann großzügig delegierend sein, aber auch dominant bis autoritär.
Das Beziehungsverhalten unter dem Sonnenprinzip ist ausgesprochen tonangebend und dominant. Wenn ein sonnenbetonter Mensch nicht die erste Geige spielen kann, verliert er sofort das Interesse. Emanzipation oder Gleichberechtigung sind nicht seine Sache. Er liebt das Spiel und hat am Jagen mehr Freude als an der Beute. Da er sich wirklich unwiderstehlich findet, strahlt er dies auch aus und setzt sich wirkungsvoll in (jede) Szene, in der er glänzen kann und die ihm Bewunderung garantiert. Beim Liebesspiel lässt er gern die Partner(in) machen und sich verwöhnen.
Die typische Kleidung sind Abendrobe und Smoking.
Das Motto könnte das von Cäsar sein: »Lieber der Erste in Gallien als der Zweite in Rom.« Typische Adjektive sind dominant, beherrschend, autoritär, aber auch strahlend, glänzend, beeindruckend und erstklassig.
Im Jahreslauf ist der Sommer die für das Sonnenprinzip typische Zeit. Er ist in unseren Breiten durch den Höchststand der Sonne auch Höhepunkt und Mitte des Jahres zugleich – eine Zeit, in der Wärme oft in Hitze übergeht und faule Siesta- und Urlaubsstimmung aufkommt. Jetzt ist alles reif und überfällig, und anstrengungslos fallen einem viele Früchte auf verschiedenen Ebenen zu. Ganz klar ist der Sonntag der zu diesem Urprinzip gehörige Wochentag.
Sonnenzeiten sind am Tag der Mittag, im Leben die Lebensmitte, der Klimax und Höhepunkt des Lebens, den wir und jedenfalls besonders viele Frauen zu einem Tiefpunkt degradiert haben. All unsere Probleme mit der Umkehr im Leben, mit der Midlife-Crisis und den Wechseljahren gehören letztlich hierher. Wer den Mittagsschlaf chronisch auslässt und auch in der Mitte des Lebens seiner Fünfzigerjahre keine Ruhe findet, vergibt große Chancen, seine Sonne zum Leuchten zu bringen und sich ins rechte Licht zu stellen.
Wie es sich gehört, spielen die unter dieses Prinzip fallenden Krankheitsbilder ebenfalls die wichtigste Rolle und führen die Hierarchie der Todesursachen mit weitem Abstand an: die Herz-Kreislauf-Probleme. Trotzdem haben sie einen ungleich besseren Ruf als der in der Hierarchie folgende Krebs oder erst recht die schon an dritter Stelle folgenden ärztlichen Kunstfehler und Pharmaka-Nebenwirkungen.
Die Tatsache, dass in der westlichen Welt mit Abstand am meisten Menschen an Herzproblemen sterben, verrät, wie schlecht wir mit den Herzensthemen und -wünschen und damit dem Sonnenprinzip zurechtkommen. Hier scheint in der modernen Welt unser mit Abstand größtes Problem zu liegen, was dem Sonnenprinzip immerhin angemessen ist.
Das vom Sonnenprinzip beeinflusste Denken ist im Idealfall gefühlsbetont ganzheitlich und vielseitig, kraftvoll schöpferisch, organisierend und beherrschend. Es kann aber unerlöst auch arrogant und hochnäsig, überheblich und herabsetzend sein.
Das Fühlen ist herzlich und warm, offen und ehrlich. Wir erleben es auch als vergnügt bis vergnügungssüchtig und nicht selten von Stolz geprägt. Emotionen nehmen beim Sonnenprinzip eine besonders wichtige Stelle ein.
Gehandelt wird bei diesem Lebensprinzip selbstbewusst und selbstständig, entschlossen und bestimmend, dabei oft risikofreudig und improvisierend, aus dem Moment das Beste machend. Im unerlösten Fall umfasst es das Spektrum von selbstsüchtig über willkürlich bis zu tyrannisch.
Das Wappentier, der (männliche) Löwe, lässt die Schattenseiten des Sonnenprinzips bereits durch sein astrologisches Symbol sehr deutlich anklingen. Es zeigt einen mächtigen Schwung, dem anschließend nicht mehr viel folgt.
1. Auf unterster Stufe finden sich Egoismus bis zu Egomanie und rücksichtslose Herrschsucht bis zu skrupelloser Tyrannei. Eine andere verächtlich machende Haltung geht bis zu so kranken Ideen wie der des Herrenmenschentums (»Wir, die arische Herrenrasse« oder »Ich da oben, die da unten«), die extreme Menschenverachtung auf ihrer Kehrseite mit sich bringt. Geltungssucht und Angeberei münden leicht in Ruhm- und Prahlsucht. Die Selbstgefälligkeit, Selbstüberschätzung und Großspurigkeit geht bis zu Selbstherrlichkeit, Überheblichkeit und Hochmut.
2. Auf der zweiten Ebene finden sich schon etwas harmlosere Charakterfehler wie krankhafter Ehr-geiz und Machthunger. Die Abhängigkeit von Bewunderung zieht ein mehr Schein als Sein nach sich. Es kommt zu Paschaallüren, Dominanzgehabe und Rechthaberei. Zu erkennen ist auch eine überzogene Theatralik bis zu Melodramatik und die Sucht, immer im Mittelpunkt stehen zu müssen.
3. Die dritte Sprosse der Entwicklungsleiter konfrontiert mit gesundem Ehrgeiz, Organisations- und anderen Talenten, Überzeugungskraft und Motivationsgabe, Risikofreude, Selbst-Bewusstsein und Selbst-Vertrauen, mitreißendem Selbstausdruck und natürlicher Autorität und Souveränität.
4. Die vierte Ebene bringt Ausstrahlung und Charisma, schöpferische Intelligenz, Schöpfungskraft und Lebensfreude ins Spiel des Sonnenlebens, dazu auch Führungskraft. Herzlichkeit verbindet sich mit Großzügigkeit, Herzenswärme mit Großmut.
5. Authentizität und selbstsichere Souveränität kommen auf der fünften Ebene hinzu. Große Eigenverantwortung verbindet sich mit voller Verantwortlichkeit für die Umgebung und mündet in wahre Autorität.
6. Die sechste Stufe offenbart (Herzens-)Güte, zunehmende Zentriertheit, höchstes Schöpfungspotenzial, den großen Vater.
7. Auf der letzten Stufe ist man eins mit allem und ganz bei sich in der Mitte.
Der Löwe als König der Tiere stellt den Archetyp wundervoll dar: Er ist zum Herrschen geboren, und seine große Mähne, die seinen Kopf sozusagen als Insignium seiner Macht umfängt und gebührend einrahmt, macht das allen (Weibchen) offensichtlich klar. Allerdings ist der daran anschließende Körper vergleichsweise schmächtig und wenig Ehrfurcht gebietend.
Der männliche Löwe selbst jagt nicht einmal, sondern hat dies an seine zahlreichen Weibchen delegiert. Und delegieren kann das Sonnenprinzip meisterlich; andere sprechen von eklatanter Faulheit. Als Macho, wie er im Buche steht, frisst er immer zuerst. Die Weibchen sind entsprechend abgerichtet und überlassen ihm jeweils die frischgerissene Beute. Gefährlich ist der König nicht oder höchstens, wenn er Hunger hat. Das kann nur vorkommen, wenn sein Hofstaat nicht funktioniert, was selten ist, denn Löwen haben und beanspruchen ihr festes Revier, das sie sich entsprechend ihrer Macht leisten können und erobern (lassen). So spielt sich das Leben des männlichen Löwen zwischen Jagd, Schlaf und Spiel ab. Das heißt, er wartet eigentlich nur auf die Jagdbeute seiner Damen.
Das Liebesspiel des Löwen ist sprichwörtlich. Ein afrikanisches Sprichwort weiß: »Wenn sich die Löwen paaren, steht die Sonne still.« Immerhin dauert das Ganze mit ausgiebigem Vorspiel zehn Tage und zehn Nächte. Aber dafür hat der Löwenkönig auch elf Monate und zwei Wochen ausgeruht, wodurch ihm ausreichend Energie verbleibt, und die Weibchen müssen ja nur kuschen.
Neben dem imposanten Löwen gehören alle weiteren königlichen Tiere zum Sonnenprinzip, zum Beispiel der Adler als unumschränkter Herrscher und König der Lüfte, dem kein anderer Vogel unter dem Himmel gewachsen ist. Der Königstiger trägt seinen Anspruch schon im Namen. In den Teilen der Welt, die er beherrscht, gibt es die Konkurrenz der Löwen nicht, und er ist uneingeschränkt die Nummer eins, was Macht und Kraft angeht.
Der Leopard oder Panther trägt einen ähnlichen Anspruch mit sich herum und ist tatsächlich eine Art König in seinem (Be-)Reich, wo ihm ebenfalls kein anderes Tier Konkurrenz macht. Der schwarze Panther Baghira bringt in Kiplings Dschungelbuch auch die herausragenden Herzensqualitäten dieses Prinzips ins Spiel.
Überhaupt können (Groß-)Katzen in mancher Hinsicht beim Sonnenprinzip eingeordnet werden. Sie betrachten selbst noch als banale Hauskatzen nicht selten das Haus als ihres und halten Hof; sie folgen eigenen Regeln, die sie nicht nötig haben, anderen zur Kenntnis zu bringen. Wie schwer sie zu domestizieren sind, weiß jeder Katzenfreund. Zu dressieren oder abzurichten sind sie kaum, weshalb sie im Zirkus so eine herausragende Rolle spielen. Die Raubkatzendressur ist ja gerade wegen ihrer Schwierigkeit in Kombination mit ihrer Gefährlichkeit so beliebt.
In dieser Hinsicht ist noch der chinesische Chow-Chow zu erwähnen, der nicht nur wie ein Löwe aussieht, sondern unter den Hunden als schwersterziehbar gilt. Das aber bedeutet auf anderer Ebene, dass er selbstständig, eigenverantwortlich und ziemlich souverän ist.
Das Pferd gehört zum Jupiterprinzip, aber als jener königliche Vollbluthengst edelsten arabischen Geblütes, dessen Fell seidig glänzt und der weit und breit seinesgleichen sucht, ist es sonnenhaft. Auch der Hengst, der seine Herde führt, ist zum Sonnenprinzip zu rechnen, obwohl in Wirklichkeit eher die Leitstute das Sagen hat. Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei diesem Lebensprinzip eben hin und wieder weiter auseinander, als einem recht sein kann. Tatsächlich hat kein anderes Urprinzip so einen Hang zur Peinlichkeit, wenn es die hohe Ebene verfehlt. Bei keinem muss aber auch ein so hoher Anspruch verwirklicht werden.
Der Hahn als eindeutiger Chef des Hühnerhofes verkörpert natürlich das Sonnenprinzip. Mit untrüglichem Instinkt für die Würde seiner Position wählt er den höchsten Ort für seine markerschütternden Schreie, die keineswegs sinnlos sind, sondern immer wieder weit und breit klarstellen, wer in diesem (Hühner-)Hof das Sagen hat. An der Lautstärke und weitreichenden Wirkung wird auch gleich deutlich, wie gewaltig der hier vertretene Anspruch ist. Dass der Hahn nichts Sinnvolles leistet und nichts zum Florieren des Hühnerhofes beiträgt, kann nur vermuten, wer das Sonnenprinzip nicht kennt. Wie im Löwenrudel hat der Hahn alle seine Weibchen zu befruchten, was ihn ja auch erst zum berüchtigten Hahn im Korb macht. Er hat also den Löwenanteil am Erfolg des Ganzen, wobei ihm das mehr Lust ist als Arbeit macht. Als Wappentier des Sonnengottes Helios eröffnet der Hahn mit seinem ersten Schrei den Tag und ist obendrein noch Apollon, dem anderen bekannteren Sonnengott der Antike, geweiht.
Schließlich ist der Goldfisch zu nennen, nicht nur wegen seines Namens und seiner Farbe, sondern weil er unter den Zierfischen König ist und im Teich wie ein Löwe herrscht. Obendrein bringt er Glück, jedenfalls ins chinesische Haus.
An erster Stelle ist vom Aussehen und Namen die Sonnenblume wichtig, die im Hochsommer zur Löwezeit blüht. Ihr gelb leuchtender Strahlenkranz ist nicht nur ein Abbild der Sonne, sondern wandert während des Tages auch mit deren Licht mit. Die Sonnenblume überragt dabei alle anderen Blumen um Längen, ist sie doch eine hochgewachsene, wahrhaft königliche Erscheinung. Aus ihren Kernen wird ein Öl gewonnen, das von seiner Farbe an flüssiges Gold, das Sonnenmetall, erinnert. Die Samen sind das Lieblingsfutter der Vögel, die dem Wassermann (Uranus) als dem im Tierkreis gegenüber liegenden Zeichen zugeordnet sind. Dieses Zusammenspiel mit dem Gegenpol treffen wir immer wieder an, getreu dem Motto der Polarität »Gegensätze ziehen sich an«.
Beim Löwenzahn bildet ebenfalls jeder leuchtend gelbe Blütenkopf eine kleine Sonne für sich, und zusammen können sie im Frühling ganze Wiesengründe in strahlendes Gelb tauchen und in Sonnenlandschaften verwandeln. Wobei der Name Löwenzahn offensichtlich von den gezahnten Blättern stammt, die dem mächtigen Gebiss des Löwen ähneln. Als Repräsentant der Sonne und des Lichtes wird der Löwenzahn – als Heil-Mitte-l Taraxacum – zu einer Medizin für den schattig plutonischen Gegenpol, denn seine Milch gilt als bewährtes Mitte-l gegen Warzen. Kaum ist die Sonnenblüte verblüht, entwickelt sie sich zur sogenannten Pusteblume, die mit Tausenden von kleinen Fallschirmen nochmals den Gegenpol des Uranischen ins Spiel des Lebens bringt.
Das Johanniskraut (Hypericum) blüht im Hochsommer in leuchtend gelber Farbe. Sein Stängel verholzt als Ergebnis des Versengungs- und Ausdörrungsprozesses in der heißesten Sommerzeit. Nicht nur die Blüten (Rotöl), sondern auch die Blätter enthalten ein ätherisches Öl, das als solches die Themen Hitze und Licht in sich vereinigt. Es macht wie die ganze Pflanze als Heil-Mitte-l Mensch und Tier lichtempfindlich, und da es das auch im übertragenen Sinn vermag, ist Hypericum ein bewährtes, inzwischen sogar von der Schulmedizin anerkanntes Depressionsmittel. Wenn das innere Licht im Leben verlorengegangen ist, sensibilisiert Hypericum (etwa als Mitte-l Hyperforat) für das Licht und seine erhebende Wirkung. Sonst wird es in der Naturheilkunde bei Verbrennungen und besonders Sonnenbrand empfohlen. Der Name Hyper-icum stammt vom Griechischen hyper (= über) und Ikone (Heiligenbild). Ein Strauß davon wurde über der Ikone angebracht und so der Bezug zum Heil(igen) und zur Ganzheit und ein weiterer Sonnen-Bezug hergestellt.
Als majestätischste und damit Königin der Blumen, deren Blüte ein wundervoll duftendes Mandala darstellt, ist die Rose unter dem Sonnenprinzip einzuordnen, und zwar als edle Zuchtrose mit langer, gleichsam aristokratischer Geschichte. Allerdings verbinden ihre Schönheit und Harmonie und ihr Bezug zur Liebe sie auch mit dem Venusprinzip; während die wehrhaften Dornen Bezug zum Marsprinzip schaffen.
Die Orange fällt schon durch ihre sonnenhafte Erscheinung auf. Die aufgeschnittene Frucht ist geradezu ein Abbild der Sonne mit ihren Strahlen und ihrer Farbe. Orangen benötigen viel Sonne und Wärme zum Wachsen und Reifen und speichern sie in sich. So wird sie für uns zum Lichtbringer in der dunkelsten Jahreszeit und liegt oft unter dem Weihnachtsbaum in der dunkelsten Nacht der Wintersonnenwende. Schon in der Adventszeit, die auf die Ankunft und Wiederkunft des Lichtes vorbereitet, ist sie beliebt. Zwar vermittelt sie symbolisch Licht, trägt aber keine Wärme in sich. Logischerweise soll sie den Menschen in ihren heißen Herkunftsländern Kühlung vermitteln.
Der Lorbeer ist ein Baum des Südens, der viel Sonne und Wärme benötigt. Vor allem ist seine Symbolkraft bedeutsam, wird doch aus seinen Zweigen und Blättern der klassische Siegeskranz gewunden, der die Stirn der Helden ziert. Der Tempel des Sonnengottes Apollon soll aus dem Holz von Lorbeerbäumen erbaut worden sein. Die Pythien, die wissenden Orakelpriesterinnen der griechischen Antike, schliefen auf Lorbeerblättern, um so die ganze Nacht lang mit dem Überragenden und der Allverbundenheit in Kontakt zu bleiben.
So wie Kronen die Häupter der Herausragenden und Vornehmen von Geburt schmücken, die sich vorher nehmen und immer vorgenommen werden, macht es der Lorbeerkranz mit den Häuptern von Helden und Siegern, die selbst Ruhm erworben haben und dadurch andere überragen. Er steht für die Glorie der Glorreichen , die als leuchtende Vorbilder gelten und so anderen zu strahlenden Sonnen werden. Die Vornehmen, die sich wie der Löwenkönig vorher nehmen und bedienen, und die Herausragenden gehören natürlich gleichermaßen zum Sonnenprinzip. Die Überflieger sind dann schon wieder dem Gegenpol des Uranusprinzips verpflichtet.
Mit der Signatur eines wundervollen Mandalas gehört die Artischocke zum Sonnenprinzip. Ihr Verspeisen wird gleichsam zu einem Mandala-Ritual. Sonnenhaft ist auch die nur in Sonnenländern gedeihende Palme. Sie spannt ihr Haupt wie einen Sonnenschirm über einer heißen, sonnendurchfluteten Welt aus und spendet Menschen und Tieren großzügig Schatten.
Feuerlilien gehören mit ihrer strahlenden und die Umwelt beherrschenden Leuchtfarbe zur Sonne wie auch das reife Getreide, das auf weiten Feldern mit seiner goldenen Farbe die Landschaft dominiert und prägt.
Üppige Oasen, die Leben in der Wüste symbolisieren, aber auch die majestätischen Dünen einer sonnendurchglühten Wüstenlandschaft sind typisch für dieses Prinzip. Orte wie Palm Springs, wo sich obendrein die Vornehmen und Reichen, die Wichtigen und die Wichtigtuer versammeln, ist hier im doppelten Sinn einzuordnen. Damit verbunden sind auch die mit Palmen gesäumten goldenen oder weißen Sandstrände zu erwähnen und ihre mondänen Badeorte, wo man sich trifft und zeigt.
Die golden wogenden Getreidefelder der Weizenstaaten Nordamerikas und Kanadas strahlen ebenfalls Sonnenqualität aus, genau wie die goldgelben Hügel der Toskana zur Löwezeit, dem Hochsommer. Im Sonnenland Kalifornien mit seiner Geschichte vom Goldrausch und seiner legendären Filmhauptstadt Hollywood, einer Gegend der Schönen und Reichen, die ein Luxusleben genießen und die ganze Welt mit ihrer Scheinwelt auf Zelluloid beschenken, ist natürlich das Sonnenprinzip zu Hause.
Die goldene Stadt Prag mit dem Goldmachergässchen, die selbst in kommunistisch grauen(haften) Zeiten etwas von ihrem Glanz bewahrte, gehört ebenfalls zum Sonnenprinzip. Ebenso Monaco als exklusiver Ort der Reichen und der Finanzflüchtlinge mit ihren Luxusapartments und Villen, der berühmten Spielbank und prunkvollen Bällen. Dort lässt sich gut und werbewirksam demonstrative Großzügigkeit mit den Ärmsten leben. Der verstorbene Fürst Rainier hatte eine Hollywood-Queen geheiratet, und in das frühere Seeräubernest an der Küste mit entsprechender Seeräubervergangenheit waren mit diesem Wechsel vom Mars- zum Sonnenpol Glanz und Glorie eingezogen, was nachhaltig weltweites Interesse weckte. Den modernen Freibeutern gewährt auch sein Sohn, Fürst Albert, weiterhin Schutz vor Verantwortung beziehungsweise davor, zur Verantwortung gezogen zu werden. Es herrscht löwische Lebenslust in Gestalt von Wohltätigkeitsbällen, viel mondänem Sport, Spannung und Glücksspiel, aber kaum Steuern. Veranstaltet wird sogar ein spektakuläres Autorennen ohne eigentliche Rennbahn. Man kann dort zwar nicht überholen, aber man trifft sich am Rand der Piste. Es ist ein Stelldichein für alle, die schön, reich oder einflussreich sind oder dies dringend und rasch werden möchten. Die Möchtegerns werden natürlich von solchen Orten angezogen wie die Motten vom Licht und umschwirren wie dieselben die Rennfahrer, die schnellsten Männer der Welt und anderen Stars.
Ähnlich, nur abgeschirmter ist Beverly Hills. Dort ist jeder sein kleiner König, mit Säulen vor der Tür und Palmen im Garten, der am liebsten ein Park sein sollte, und mit einem eigenen Pool und Tennisplatz. Aus der Luft und entsprechender Höhe ähnelt es aber doch eher einer Schrebergartenlandschaft für Reiche mit ihren etwas aufwendigeren Spielzeugen und -plätzen.
Sun City in Südafrika, eine bombastische künstliche Stadt in der Wüste, ähnlich der anderen Spielerstadt Las Vegas im amerikanischen Nevada, bietet Sport, Spiel, Spannung und natürlich die »größten Shows und Spektakel« der Welt. Außerdem ist hier alles angesiedelt, was sonst oder in der näheren Umgebung verboten ist, wie vor allem Glücksspiel und der Schein von Liebe in ihrer käuflichen Variante und über allem eine übertriebene Portion Glamour à la Hollywood.
Zentralistische Städte wie Rom oder Paris, wo alle Wege ins Zentrum führen, aus dem das ganze Land regiert wird, gehören ihrer Natur gemäß ebenfalls zum Sonnenprinzip. »Alle Wege führen nach Rom«, war der Slogan, der sich wie der Ruhm länger hielt als die Macht der Ewigen Stadt am Tiber. Rom war lange der Mittelpunkt der Welt, und hierher kehrten lorbeerumkränzt die Sieger zurück. Ihre Soldaten, die legendären Legionen, waren allerdings zu marsisch, um mit in die Stadt einziehen zu dürfen. Rom war allein den Siegern und ihrem Triumph und der entsprechenden Siegesfeier vorbehalten, die die Helden im Triumphwagen huldvoll über sich ergehen ließen. Hier herrschte Sonne, da sollte Mars nicht stören. Aber er war immer nahe und der Triumphwagen ein besserer Streitwagen, die Rösser davor waren so stattlich wie schnell.
In Paris führen wirklich alle Straßen gleichsam sternförmig in die Mitte, wo sie sich am Arc de Triomphe treffen. Die Hauptstadt des vom Sonnenprinzip dominierten Frankreich, wo der Sonnenkönig und der andere große beziehungsweise kleine Löwe Napoleon residierten, wo selbst sozialistische Politiker wie Mitterrand noch Sonnen-Königs-Allüren entwickelten.
In Frankreich gibt es nicht Mode, sondern die Mode, die Haute Couture, nicht Essen, sondern die Haute Cuisine, hier is(s)t man wie Gott in Frankreich, aus dem die Modeschöpfer und die Köche kommen, und selbst die Liebe soll hier zu Hause sein.
Venedig zehrt dagegen nur noch von dem vergangenen Ruhm sonnengeprägter Zeiten und ist heute zu einem Touristen-Mekka geworden und damit dem Merkurprinzip anheimgefallen. Ursprünglich, in der Dogenzeit, hatte es sich ganz dem Sonnenprinzip verschrieben und war vom heiligen Markus, dem Evangelisten mit dem Löwen an der Seite, geprägt, wie es heute noch die steinernen Löwenstatuen vermitteln. Am Markusplatz vor dem Dom, inmitten der Paläste der Dogenzeit, lässt sich aber noch spüren, dass auch hier einmal die Mitte der Welt war.
Hearst Castle, wo sich William Randolph Hearst sein Versailles nachbaute, das er sich als unumschränkter König des amerikanischen Zeitungsmarktes leisten konnte, verrät, wie sehr es Sonnenmenschen zum Repräsentieren drängt, wie sie auf der Schattenseite aber auch dazu neigen, peinlich zu werden und – ohne es natürlich zu merken – sich lächerlich zu machen. Alle Schlösser mit ihren Thron- und Prunksälen verkörpern das Sonnenprinzip.
Die beiden Extreme des Sonnenprinzips werden auf den griechischen Nachbarinseln Mykonos und Delos deutlich. Auf Mykonos erleben wir die Glitzerwelt der Schönen und (Einfluss-)Reichen, vor allem aber der peinlich und künstlich aufgemotzten Schickeria – eine Welt des Scheins. Auf Delos, der heiligen Insel, die für die Mehrheit gesperrt bleibt, finden wir die Wiege der griechischen Götterwelt. Es ist das Zentrum der alten religiösen Macht, eine Tempelstadt und -insel zugleich, mit eindrucksvollen Resten einer ehemals weltbeherrschenden Kultur und ihrer berühmten Allee steinerner Löwen.
Kurz gesagt ist das Sonnenprinzip überall zu Hause, wo es um den Mittelpunkt geht, also auch im Kanzleramt und am Regierungssitz oder auf den Bühnen der Welt, vor allem wenn dort große Shows geboten werden. Allerdings finden wir es ebenfalls in Spielcasinos und auf Spielplätzen und beim bestplatzierten Liegestuhl in vorderster Reihe.
Die Gralslegende zeigt einen typischen Entwicklungsweg eines Sonnenhelden in Gestalt von Parzival. Dessen Mutter Herzeloide wollte ihn wegen ihres Herzeleides – das sie befallen hatte, als Gachmuret, ihr Mann und Parzivals Vater, im Ritterkampf fiel – vor einem ähnlichen und damit seinem Schicksal bewahren. Sie zog mit ihm und wenigen Getreuen in den Wald, steckte den kleinen Parzival in Mädchenkleider und trug ihm auf, immer in der Nähe des Herdes zu bleiben. Im Übrigen lehrte sie ihn, keine Fragen zu stellen und die Frauen zu ehren.
Als Ritter an dieser Waldeinsiedelei vorbeikamen, hielt der junge, ahnungslose Parzival sie für Götter und lief ihnen nach. Auf seinem langen Weg machte er viele Fehler, erschlug den roten Itter, einen Ritter, dessen Rüstung ihm einfach gefiel, ohne weiteren Grund und versäumte in der Gralsburg, dem Fischerkönig die entscheidende Frage nach dem Schatten zu stellen: »Was fehlt dir, Oheim?« So musste er lange reisen und reiten, bis ihm die für das darbende Land erlösende Erleuchtung kam, dass nämlich der König und das Land eins sind. Damit konnte er König Artus retten und wurde in dessen Tafelrunde aufgenommen, wo er es zum ersten Ritter brachte. Dieser lange Weg bildet einige der Stufen ab, wie sie sich in den sieben Sprossen der Entwicklungsleiter des Sonnenprinzips zeigen.
Ein anderer klassischer Sonnenheld war Jason, der zu seiner Entwicklungsreise aufbrach, um das Goldene Vlies zu gewinnen. Andere Sonnenmythen sind von heldenhaften Persönlichkeiten geprägt, die lediglich einzelne Stationen des Weges verkörpern.
Der vollendete und damit klassische Sonnenkönig und somit Prototyp des Königs überhaupt war Ludwig XIV. von Frankreich, der ganz entspannt sagen konnte: »L’État c’est moi« (»Der Staat bin ich«). Urprinzipiensicher schon damals Sonnenkönig genannt, war sein Herrschaftssitz das riesige Schloss Versailles, von dem er seine Welt dominierte. Nach diesem königlichen Muster mit ausschweifenden Parkanlagen und ebensolchen Prunksälen ließ nicht nur der bayerische König Ludwig II. sein Herrenchiemsee bauen, sondern diesem Muster folgten die meisten Könige und Möchtegern-Könige wie der schon erwähnte Zeitungszar Hearst. Mit Prunk und Macht blieben die meisten jedoch weit hinter Ludwig XIV. zurück. Schloss Herrenchiemsee, auf einer isolierten Insel von einem politisch und geistig isolierten König erbaut, fand wie dessen andere Märchenschlösser erst durch den Tourismus zu seiner Bestimmung, die folglich eher merkurial ist.
Zum Sonnenprinzip gehört unbedingt wirkliche Macht, wie sie der Sonnenkönig hatte und ausstrahlte. Das Lever und Coucher als pompös zelebriertes Morgen- und Abendritual, bei dem sein Hofstaat, der gesamte Hochadel, anzutreten hatte, um den König feierlich an- und auszukleiden, entsprach dem Aufstehen und Schlafengehen der Sonne am Himmelszelt. Die Mätressen des Sonnenkönigs waren zahlreich und ihm keineswegs peinlich, sondern er machte sie zu tonangebenden Damen und lebte auch in dieser Hinsicht wie ein Löwe in seinem Rudel. In diesem Fall waren die Franzosen das Rudel. Damit seine Kinder gesund und sicher zur Welt kamen, zwang er erstmals Chirurgen, sich der damals als extrem »schmutzig« empfundenen Geburt anzunehmen – und nicht nur bei der Königin, die stets in seinem Schatten blieb, sondern selbstverständlich auch bei seinen Mätressen. Er lebte also mitten im christlichen Frankreich mit einem beeindruckenden Harem. Aber keine der Mätressen bekam echte Macht, wie später Madame de Pompadour unter seinem Nachfolger, denn die Macht behielt er als Sonne für sich allein. Er überließ »seinen« Kardinälen Richelieu und Mazarin die Politik, die sie unter ihm und für ihn geschickt verwalteten.
Ludwig XIV. verstand es zu delegieren, was ihm Zeit und Freiheit verschaffte, zu bauen, zu residieren, zu feiern und zu strahlen. Tabus waren ihm gleichgültig, und seine Macht kannte kaum Grenzen. Er schaltete und waltete nach eigenem Gutdünken und wurde zum Vorbild für viele kleine Sonnenkönige in allen möglichen Positionen, die alle ihr eigenes Versailles brauchten und Frankreich mit peinlich kleinen Kopien großer Schlösser überzogen. Weltweit wurde sein Stil zum Vorbild für Königs- und Sonnenaspiranten.
Der andere große Sonnenkönig war eigentlich sogar Kaiser und astrologisch ebenfalls Löwe: Napoleon Bonaparte. Von seinen Soldaten und den Franzosen vergöttert, machte er das Sonnenland Frankreich nach der Revolution wieder groß. Eigentlich der Armee der Bürger und dem Land der gerade erst erworbenen bürgerlichen Rechte der Französischen Revolution vorstehend, ging er einen sehr feudalen Weg, und Frankreich folgte ihm bereitwillig. So ließ er sich nicht nur vom Papst zum Kaiser krönen, um so noch über den früheren Königen und wohl auch dem Sonnenkönig zu stehen, sondern er tat es auf beeindruckend sonnenhafte Weise. Erst nötigte er Papst Pius VII., zu ihm nach Frankreich zu kommen, um die Krönung vorzunehmen, dann nahm er ihm auch noch die Krone aus der Hand, um sich selbst zu krönen. Er war also nicht etwa Kaiser von Gottes oder gar des Papstes Gnaden, der hier als Oberhaupt des katholischen Glaubens seinem zweiten und wichtigeren jovischen Urprinzip entspricht, sondern ganz entschieden Kaiser von eigener Gnade. Dass der Papst als Kirchenkönig gleichsam als Revanche die vielen Konkubinen neben der Kaiserin Joséphine ansprach, konnte einen Löwen und Sonnenkönig wie Napoleon nicht weiter beeindrucken. Der Papst wurde anschließend wieder nach Rom entlassen, die Konkubinen blieben natürlich in Paris beziehungsweise Versailles.
Napoleon legte Wert darauf, nicht nur als großer Feldherr, sondern als ebenso großer Liebhaber zu gelten. Von beiden sonnenhaften Eigenschaften gab letztere noch mehr Stoff her, und Filme über seine Liebesgeschichte mit Desirée wurden Welterfolge. Dabei war er physisch klein, um nicht zu sagen winzig, und auch hier seinem Wappentier, dem Löwen, nicht unähnlich: Hinter einer gewaltigen und gepflegten Mähne kam nicht mehr so viel nach. Hinsichtlich seiner Körpergröße entstand sogar posthum Streit, ob er unter einem Meter sechzig oder knapp darüber war. Jedenfalls war sein Leben eine einzige erfolgreiche Kompensation dieses kleinen Schönheitsfehlers. Wenn Napoleon porträtiert wurde, dann am liebsten auf einem königlichen Pferd, das mit Vorliebe auf der Hinterhand stieg. Absteigen war auf keiner Ebene seine Sache, selbst Freitreppen soll er hoch zu Ross genommen haben und in königliche Säle eingeritten sein. Er muss ein exzellenter Reiter gewesen sein, denn selbst königliche Pferde verabscheuen glatte Marmorböden.
Napoleons Traum war kein geringerer, als das vereinte Europa zu schaffen, allerdings lange bevor dieses reif dafür war. Und natürlich wollte er als unumschränkter Herrscher und Kaiser dieses Europa regieren. So setzte er seine Marschalle gern als neue Statthalter ein und gab ihnen ganze Länder als Lehen wie Schweden an Marschall Bernadotte. Die Eroberung war sein Thema. Mit der Beute wusste er wenig anzufangen und reichte sie gern weiter. Diesbezüglich delegierte er ausgesprochen großzügig und verschenkte eroberte Länder an Gefolgsleute und Günstlinge. Sein Eroberungskrieg, der ihn mit der Grande Armée der Grande Nation durch fast ganz Europa führte, fand sein Ende in den Weiten Russlands wie später der deutsche. Seine geglückte Flucht von Elba mit der Wiederauferstehung als Kaiser und dem Wiederaufstieg verdankte er seiner ungeheuren Beliebtheit bei den Franzosen und vor allem seinen ihm bis in den Tod ergebenen Soldaten. Seine Niederlage in Waterloo ist inzwischen sprichwörtlich für ein großes, kaiserlichkönigliches und eben sonnenhaftes Scheitern. So können bis heute noch viele ihr privates Waterloo überall auf der Welt erleben.
Dieses Sonnen(prinzip)-Feld ist in Frankreich so stark, dass es auch später, nachdem die Demokratie nochmals Anlauf genommen und dauerhafter gesiegt hatte, immer wieder auftauchte und zu neuen Triumphen kam. So konnte der Sozialist Mitterrand in Paris geradezu königlich Hof halten, sich kaiserlich die Ehre geben, wie ein absolutistischer Herrscher das Land dominieren und eben mal ein Greenpeace-Schiff versenken lassen, weil es Ärger am uranischen Gegenpol machte. Sein Name passt aus deutscher Sicht dazu perfekt: Mitterrand. Da ist die Mitte der Welt, als die er sich wohl auch fühlte, und da ist der Rand, jene Leute, die ihn gewählt hatten. Aber kaum war er Präsident der Grande Nation, kam die Mitte zuerst, wie ja auch im Namen – nomen est omen.
Selbst noch in der späteren Europapolitik der Franzosen zeichneten sich ab und an napoleonische Tendenzen und Figuren ab, die eben einem Sonnenland wie Frankreich besser entsprachen als Demokratieversuche, von denen sich einige Präsidenten eher behindert sahen. Auch der aktuelle Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist schon physisch ein kleiner Napoleon, der sich zu alter Größe aufschwingen will und seinen Ärger mit den Regeln der Demokratie hat. Bei Fotoaufnahmen stellt er sich auf Kisten, um mit den Großen mithalten zu können. In der Politik greift er zu allen möglichen Tricks und weiß natürlich die Franzosen auf seiner Seite, die viel zu viel Stil haben, den sie ja auch erfunden zu haben glauben, um einem amtierenden Präsidenten, einem König-Stellvertreter sozusagen, wirklich an den Karren zu fahren. Das wäre in Frankreich immerhin auch eher eine Karosse, eine Mischung aus Car und Rossen, also eher eine Kutsche.
Einen Sonnenmythos hat in den heißen Wüstenländern Nordafrikas Lawrence von Arabien hinterlassen, den Peter O’Toole im gleichnamigen Film unsterblich machte. Als englischer Offizier organisierte Thomas Edward Lawrence den arabischen Widerstand gegen die Türken und leistete dabei Heroisches. Er durchquerte mit einer ganzen Armee Wüsten, die noch niemand durchquert hatte, und schaffte mit seinen arabischen Wüstenkriegern Dinge, die niemand zuvor bewältigt hatte, durch sein Charisma und seine Gabe der Motivation. Für die Osmanen wurde er zum Albtraum, für die Araber zum Volkshelden.
Lawrence setzte sich so ziemlich über alles hinweg, was bisher militärisch für den Wüstenkrieg gegolten hatte. Als ihm einer seiner Mitkämpfer entgegenhielt: »Aber es steht geschrieben«, und den heiligen Koran zitierte, antwortete er nur: »Nichts steht geschrieben !« Und seine Taten schrieben die Geschichte um. So groß war sein Einfluss auf seine arabischen Krieger, dass sie ihm blind folgten und unter seiner Führung Übermenschliches leisteten und schlussendlich siegten. Eine Militär-Geschichte staunenswerter als die Napoleons. Dabei setzte Lawrence sich frühzeitig in der Politik für die Rechte seiner arabischen Verbündeten ein und erwirkte durch sein Auftreten und seine Ausstrahlung diverse weitreichende Zusagen für deren Unabhängigkeit. Zu Lebzeiten war er bereits eine Legende. Als die englische Politik ihn und seine arabischen Freunde nach dem Sieg verriet und aus Opportunismus im Stich ließ, blieb er sich und ihnen treu und trat unter Protest von seinem Posten zurück.
Natürlich waren auch die bereits erwähnten Ludwig XIV. und Napoleon Politiker; ein typischer Politiker vom unerlösten Sonnenpol war Mussolini, der Erfinder des Faschismus. An seiner Art lässt sich das unerlöste Sonnenpotenzial der untersten Stufe der Entwicklungsleiter studieren.
Ein Politiker der Gegenwart, der dieses Lebensprinzip verkörpert, ist auch Arnold Schwarzenegger, der Exgouverneur von Kalifornien. Als junger Mann aus der Enge der elterlichen Umgebung in Österreich aus- und in die große weite Welt aufgebrochen, legte er einen beeindruckenden Entwicklungsweg hin. Vor einem Vater, den er verabscheute, geradezu geflohen, schaffte er es, als Bodybuilder zum Mister Universum aufzusteigen. Als solcher gewann er Hollywood für sich, von wo aus er als Conan der Barbar und später als Terminator die Welt eroberte. Seinen Weltruhm verdankte er weniger seiner Schauspielkunst als seiner eindrucksvollen, muskelbepackten Statur und der charismatischen Ausstrahlung eines Gesamtkunstwerkes von männlicher Stärke und Unbesiegbarkeit, ein moderner Herkules. Privat gewann er – als Republikaner – das Herz einer schönen Frau aus dem demokratischen Kennedy-Clan und war damit schon sehr weit auf seinem Weg an die Spitze.
Dass der Aufbau beispielloser Muskelberge und einer ebensolchen Karriere nicht spurlos an ihm vorübergegangen war und er sich manches mehr zu Herzen nahm, als er nach außen kundtat, zeigte eine Operation am entscheidenden Ort des Sonnenprinzips, dem Herzen. Schließlich wechselte er in die Politik und gewann als Republikaner mit Kalifornien ein klassisches Sonnenland der Demokraten gleichsam im Handstreich. Den Aufstieg zum Präsidentenposten, für den er durchaus im Gespräch war, verhinderte das US-Gesetz, das diesen in Amerika Geborenen reserviert.
Dieses Problem hatte ein anderer im Zeichen Löwe geborener Politiker nicht. Mit Charisma und jungenhafter Ausstrahlung wurde Bill Clinton gleich im ersten Anlauf Präsident. Seine Rhetorik und sein gewinnendes Auftreten brachten ihn an die Spitze, wo er sich rasch beeindruckend bewährte. In nur einem Jahr sanierte er das von Reagan hinterlassene Wirtschaftsdesaster und hielt die US-Economy weitere sieben Jahre auf einsam hohem Niveau, so dass manche Marktanalytiker bereits dachten, das bliebe nun immer so. Clinton wäre jedoch beinahe einem Thema zum Opfer gefallen, das für seine Vorgänger gar keines war. Wer wollte, konnte wissen, dass der zur Legende gewordene Kennedy als Womanizer oder Frauenheld nur wenig(e) ausließ und sich von Marilyn Monroe vor den Augen der Nation im Fernsehen anschmachten ließ. Selbst sein wenig attraktiver Nachfolger Johnson war berühmt dafür, schönen Frauen eindeutig zweideutig zu bedeuten: »Folgen Sie Ihrem Präsidenten«, und ins Schlafzimmer abzubiegen. Eine gewisse Löwe-Mentalität mit Haremsoption gestand die US-Öffentlichkeit ihren Präsidenten bis zu Clinton durchaus zu. Dessen sexuelle Spiele waren im Vergleich zu denen seiner Vorgänger ausgesprochen harmlos, aber er stolperte fast darüber, weil er – für einen Sonnentypen – nicht ehrlich und souverän genug dazu und zu sich stand. In seiner Autobiographie schrieb er großzügig seiner Frau Hillary das größere politische Talent zu und gewährte ihr dann für sie wahlkämpfend seine volle Unterstützung.
Die Welt verdankt C. G. Jung die Beschreibung des Individuationsweges. Als typischer Mensch des Sonnenprinzips und im Zeichen Löwe Geborener musste Jung seinen eigenen Weg gehen und sich von Freud trennen. Er brachte den Mut auf, Religion und Spiritualität in die Psychotherapie zu integrieren, um so den ganzen Weg und den ganzen Menschen zu erfassen. Die Archetypenlehre, die das Ganze umfasst, hat er zwar nicht erfunden, aber populär gemacht. Jung wurde weit über die Schweiz hinaus die Autorität für Psychotherapie und hat sich allenthalben Respekt und Anerkennung verschafft. Das Mandala hat er für den Westen neu entdeckt und als Symbol der Ganzheit der Psychotherapie geschenkt, obwohl es natürlich immer schon existierte und jede Zelle und jedes Atom prägt. Persönlich ging er diesen Weg der Seele und Individuation in großer Souveränität voraus und ließ die Welt der Psychotherapeuten daran teilhaben. Auch andere Eigenschaften des Sonnenprinzips hat er sehr authentisch und mit Würde vorgelebt.
Prominente finden sich unter dem Sonnenprinzip wie Sand am Meer, denn von ihm geprägte Menschen drängen an die Spitze. Eine typische Löwin war Jacqueline Kennedy-Onassis, die nach dem mächtigsten, gleich anschließend den damals reichsten Mann der Welt für sich gewann. Ihr Selbstbewusstsein war eindrucksvoll, denn kaum war sie im Weißen Haus eingezogen, ließ sie es für Millionen renovieren. Auf die Frage, warum alles bisherige Mobiliar weg müsse, antwortete sie, dass sie ein wenig Kultur um sich brauche. Und dabei hatte sie gerade alles, was Amerikaner für Wohnkultur hielten, entsorgen lassen. Nur ihre Souveränität als Ehefrau war noch beeindruckender, mit der sie alle Anspielungen und sogar Attacken wegen des Hobbys ihres Gatten als Womanizer an sich abgleiten ließ. Sie war von Kopf bis Fuß auf First Lady eingestellt. An der Seite von Aristoteles Onassis soll sie dann der Damenwelt gezeigt haben, welch grandiose Dimension Shoppen annehmen kann. Auch ihren zweiten Ehemann überlebte sie mit Stil und Glanz und wählte danach sehr bewusst eine Position im Verlagsbereich.
Mick Jagger hatte als Löwe nie ein Problem, seine Rolling Stones die größte Rock-Band aller Zeiten zu nennen. Ihm als Sonnentyp erschien das sicher angemessen, den Beatles vielleicht ein wenig überheblich. Wenn er auf der Bühne die Hüften oder die schon fast übersinnlichen Lippen bewegt und sich Rechte herausnimmt wie niemand sonst, ist die Welt des Sonnenhelden strahlend in Ordnung. Wer sonst könnte sich einen Feuerwehrschlauch auf eine Bühne legen lassen, um ihn sich zwischen die Beine zu klemmen und die Fans im weiten Rund zu bespritzen. Alle anderen hätten daraufhin die Wahl zwischen Gefängnis wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses oder Psychiatrie wegen Exhibitionismus. Nicht so Mick Jagger. Dessen Spritzer lösten orgiastische Verzückung aus und gehörten ins Programm an diesem heißen Sonnentag im Stadion. Als Mick Jagger einmal in Wien die Präsidentensuite des Grandhotels angemietet hatte und US-Präsident Bush der Stadt überraschend seinen Besuch androhte, ging das Hotelpersonal davon aus, der Rockstar würde – wie in solchen Situationen üblich – das Feld räumen. Der Löwe aber ließ ausrichten, dass er für jeden anderen Präsidenten weichen würde, aber für George W. Bush nicht, und blieb.
Jaggers Ehegeschichte mit dem Model Jerry Hall war von unzähligen Affären gezeichnet, die er ziemlich offen und oft geradezu öffentlich und mit beeindruckender Direktheit durchzog. Stets Hahn im Korb konnte er sich das aufgrund seiner Ausstrahlung und der Beachtung, die Frauen ihm schenkten, leisten. Wenn er einen Club oder eine Diskothek betrat, war ab dem Moment alles anders, und (fast) alle Frauen gerieten in seinen Bann.
Tatsächlich ist Madonna der Taufname der großen Popkünstlerin, das heißt, ihre Eltern haben ihr dieses sonnenhafte Geschenk bereits in die Wiege gelegt. Sie musste es nur noch annehmen, was schon viel Selbstbewusstsein verlangt, eben an der Grenze zur Anmaßung. Mit ihrem Löwe-Bewusstsein wollte Madonna hoch hinaus und provozierte mit ihrer Art und Ausstrahlung größte Aufmerksamkeit. Weder ihre Musik noch ihre Schauspielkunst noch ihre Nacktbilder, sondern das Gesamt-Kunst-Werk, als das sie sich inszenierte, machte sie schließlich tatsächlich zu einer modernen Madonna. Filme wie With Madonna in Bed versprachen viel und hielten wenig. Allein die Pose, mit der sie sich immer wieder neu in Szene setzte, als Evita Perón oder göttliche Königin von Hollywood, verschaffte ihr weltweite Beachtung.
Auch Coco Chanel ist eine typische Vertreterin des Sonnenprinzips. Ihre Karriere als Modeschöpferin startete sie mit einem Hutgeschäft, das sie sich von einem Liebhaber schenken ließ. Mit ihrem ganz persönlichen, damals eigenwilligen Stil von klassischer Eleganz war ihr Aufstieg an die Spitze der Modewelt nicht zu stoppen. Sie wurde zu einer der Trendsetterinnen einer neuen (Mode) Richtung. Bis heute steht die Marke Chanel für Luxus, Qualität und Eleganz.
Barack Obama, der charismatische Präsident der Vereinigten Staaten, hat seinen Wahlkampf wie ein Popstar geführt und in beeindruckender Weise Optimismus erzeugt: »Yes we can!« Aus einer Grassroot-Bewegung hat er eine politische Strömung geformt, die die etablierten Kräfte leicht und beschwingt in den Schatten stellte. Es gelang ihm, seine demokratische Konkurrentin bei der Präsidentschaftskandidatur, die schon wie die sichere Gewinnerin aussehende Hillary Clinton, auf der Zielgeraden abzufangen. Dann aber hat er die Rivalin in seine Regierung integriert und zur Außenministerin gemacht. So war sie weit außen und weit weg und doch an seiner Seite. Über seine Person, über das Internet und vor allem durch seinen beeindruckend freien, rhetorisch brillanten Ausdrucksstil gewann er zuerst die Herzen der Minderheiten und Schwächeren, und zwar weniger durch Versprechungen als durch Mutmachen und Motivation. Mit der Zeit erlagen aber auch die Stärkeren und Starken seiner Faszination, weil ihnen seine gewinnende Ausstrahlung imponierte. Jede seiner Reden ist – ob er will oder nicht – gekonnte Selbstdarstellung, und wenn er locker und leicht auf die Bühne joggt und dann in seiner Mitte ruhend frei ausspricht, was zu sagen ist, kann er auch nach deprimierenden wirtschaftlichen Rückschlägen noch immer die Herzen im Sturm nehmen.
Sofort mit den höchsten möglichen Vorschusslorbeeren wie dem Friedensnobelpreis beschenkt, hat er trotzdem die geerbten Kriege weitergeführt. Zudem hat er eine Jahrhundertreform der Gesundheitspolitik durchgezogen und sich mit seiner Rede zum Libyenkonflikt zum Anwalt der Schwachen gegen ihre Tyrannen und Unterdrücker in der arabischen Welt gemacht, was die bisherige amerikanische Praxis, zum eigenen Vorteil mit den Mächtigen zu paktieren, auf den Kopf stellte. Vielen liberalen Amerikanern und Weltbürgern sprach er damit aus dem Herzen.
In der modernen Zeit hat das Sonnenprinzip großen Einfluss auf die Gesellschaft. Zunächst einmal reisen wir ihr im Urlaub nach und versuchen massenhaft, den berühmten Platz an der Sonne zu ergattern. Gab es früher nur den einen Sonnenkönig, wollen sich heute viele im Mittelpunkt des Interesses sonnen.
Außerdem wollen heute so viele wie noch nie Stars und damit leuchtende Sterne werden. Sie träumen davon, ihr Stern möge aufgehen. In weltweiten Casting-Shows, die ganze Fernsehabende füllen und vermüllen, werden Stars produziert, meist nur für kurze Zeit und oft nur einen Tag und Auftritt. Nicht wenige nehmen dabei in Kauf, sich zu blamieren, wollen aber vor großem Publikum wenigstens für einen Augenblick im Mittelpunkt stehen, wenn auch nur auf diese schattenhafte, peinliche Art. Einige wurden so zu lächerlichen Mittelpunktsgestalten, die die Bühne nur bestiegen, um ausgepfiffen und ausgebuht zu werden. Alles für einen kurzen Moment von Starruhm. In jedem Fall zeigen sie aber beeindruckenden Mut (auch zu Peinlichkeit).
Die anderen Stars setzen sich davon ab, indem sie zu Superstars aufsteigen, zu Supersternen wie die Supernovas, die bei ihrem Verglühen eine enorme Energie ausstrahlen und dann ausgebrannt zurückbleiben. Vor diesem Hintergrund ergeben sich heute geradezu Sternenfriedhöfe abgestürzter Kurzzeit-Stars. Den echten Stars reicht dann auch dieser Superstar-Status mit Mittelpunktsgarantie nicht, und sie bauen sich zu Megastars auf. Als Thema dahinter finden wir oft die Sucht, im Mittelpunkt zu stehen. Für Applaus wird alles getan und um jeden Preis Aufmerksamkeit erregt.
Sternchen wie die sogenannten It-Girls, die außer einem dürren, dem Modediktat entsprechenden Körper so gar nichts zu bieten haben, gehören natürlich auch zu diesem Prinzip, auf dessen Schattenseite sich eben gnadenlose Peinlichkeit und Selbstüberschätzung breitmachen.
Selbst die Welt der klassischen Musik, die sich früher dafür viel zu gut gewesen wäre, scheint heute an diesen Aspekten des Sonnenprinzips nicht mehr vorbeizukommen. Die großen Stars wollen Starruhm über die Opernbühne hinaus. So lassen sich Heldentenöre bis in Pop-Ebenen hinein vermarkten. Sie singen – früher undenkbar – zusammen mit Popstars, um Stadien zu füllen und auch diese Szene mitzunehmen. Die wenigen echten Klassikliebhaber mögen (ihnen) das übelnehmen, aber die Masse macht’s, und sie zählt und zahlt.
Eine Problematik des Sonnenprinzips läuft auf einen großen Ego-Trip unter dem Deckmantel von Selbstverwirklichung hinaus. Diesen Aspekt zeigt besonders krass und strahlend die heutige Esoterikszene, die vor selbsternannten Gurus und Darshan-Gebern, aber auch Aposteln der Einfalt nur so wimmelt; fast sind es schon mehr, als es Anhänger gibt. Kaum hatte einer eine Erleuchtungserfahrung, lässt er sich schon zum Meister ausrufen. So erlebt die spirituelle Szene eine verblüffende Meisterschwemme.
Cäsars Maxime, lieber der Erste in Gallien als der Zweite in Rom zu sein, feiert etwa in der Sannyas-Szene spirituelle Auferstehung, in der viele kleine Meister kleinste Gruppen um sich scharen, um so ein wenig meisterliches Leben zu fristen. Hier zeichnet sich aber schon eine wundervolle (Er-) Lösung ab, denn alles käme wieder in Ordnung, wenn schließlich jeder sein eigener Meister wird. Dass jeder Guru in eigener Sache ist, hat durchaus Charme, zwar lässt sich davon nicht leben, aber es kommt wieder Sinn und Ehrlichkeit ins Spiel solch eines andernfalls anmaßenden Lebens im Klein-Mittelpunkt.
Im Übrigen spiegelt es die großen Gefahrenmomente des Sonnenprinzips: Anmaßung und Peinlichkeit. In diesem Fall lauter kleine Meister, nirgends Erleuchtung, aber überall gnadenlose Überschätzung und Eifersüchtelei. Es ist (selbst-)verständlich, dass in einer Szene, der es um das höchste Ziel des Menschseins geht, der Schatten des Ego Triumphe feiert. Die Existenz von Falschgeld spricht aber natürlich nicht gegen die von echtem, sondern belegt im Gegenteil dessen Existenz.
Ein weiterer Schatten wird in ausufernder Faulheit und Bequemlichkeit deutlich, die jede Menge Wunsch-Gurus bedienen. Sie suggerieren ihren in die Millionen gehenden Anhängern, sie müssten nichts weiter tun, als sich das Blaue vom Himmel zu wünschen. Selbst wenn solche Gurus es bis zur Propagierung der physischen Unsterblichkeit treiben und dann jung sterben wie Prentice Mulford, der die Vorlagen für die meisten der heutigen Wunsch-Apostel und Positiv-Denker geliefert hat, ändert das nichts an der von Bequemlichkeit geprägten Unbelehrbarkeit ihrer Anhängerscharen. Obwohl immer wieder dasselbe alte Positivdenken in neuen Verkleidungen geboten wird, es hat Hochkonjunktur, was zeigt, wie weit der Heldenweg von der Wirklichkeit in dieser Szene entfernt ist.
Wir haben uns auf einem langen Weg aus dem Kollektiv von Stammesgesellschaften mit striktem Sippenwesen zur Individualität in einer modernen Gesellschaft entwickelt. Während damals nur die Gemeinschaft zählte, geht es heute scheinbar nur noch um die Einzelnen. Das Ergebnis ist einerseits der schon beschriebene Starkult, andererseits aber auch eine immer weiter und bis in Extreme führende Individualisierung, die manchmal bis ins Absurde geht.
Ein leidenschaftlicher Salsatänzer lud eine ihn faszinierende junge Dame in ein entsprechendes Lokal zum Tanz. Als sie sich trafen, war er von ihrer Attraktivität und ihrem wundervollen Tanzstil tief beeindruckt. Sie hatte offensichtlich den Rhythmus im Blut. Doch rasch zeigte sich, dass es nicht seiner war und auch nicht der bei diesem Tanzabend vorgegebene. Irgendetwas stimmte nicht und passte nicht zusammen. Sie tanzte ihren eigenen brillanten Stil, aber zusammen ging nichts. So tanzten sie eben jeder für sich, was er schade fand, ihr aber offensichtlich lieber war. Sie lief zur Hochform auf und glänzte mit ihrer Figur und ihren Tanzfiguren als Mittelpunkt auf dem Parkett.
Er schaute ihr gern zu, aber noch lieber hätte er mit ihr getanzt und den Rhythmus geteilt. Sie dagegen war sich offenbar selbst genug. Nun hat Selbstgenügsamkeit verbunden mit solcher Souveränität etwas Anmachendes, und doch konnte Salsatanzen noch mehr sein, das wusste er.
Das Geheimnis ihres Erfolges und seiner Enttäuschung macht die Tanzpause bei einem Gesprächsversuch klar, als sie die Ohrstöpsel ihres iPods unter ihrem schönen langen Haar hervorzauberte. Sie hatte die ganze Zeit über zu ihrer eigenen Musik getanzt, zwar Salsa, aber Titel ihrer Wahl. Dem allgemein verbindlichen Rhythmus wollte sie sich nicht unterordnen und brillierte stattdessen mit ihrer einstudierten Choreographie. Letztlich wollte sie entdeckt werden, nicht nur von ihm, sondern von vielen und lag damit völlig im Trend der neuen Zeit. Nur näher kamen sie sich so nicht. Auffallen um jeden Preis ist die Devise, auch wenn das in Widerspruch zum allgemeinen Rhythmus bringt.
Einerseits baut unsere Zeit Hierarchien überall ab und achtet sie nicht mehr. In den USA verklagen bereits Kinder ihre Eltern, bei uns werden in Schulen Lehrer von Schülern benotet. Die Welt der klassischen Hierarchien gerät durcheinander und wird manchmal auf den Kopf gestellt. Das aber führt zu einer Wiederauferstehung der Hierarchien im Schattenbereich. In dem Maß, wie sie vordergründig verschwanden, tauchten sie hintergründig wieder auf, etwa auf Gehaltszetteln und in der Titelwirtschaft.
Kaum wurde beispielsweise die fast im Feudalismus steckengebliebene Ärztehierarchie in Kliniken und Hospitälern etwas gelockert, um die schon sprichwörtlich peinlich gewordenen (Halb-) Götter in Weiß aus der Schusslinie zu holen, entstanden in Magazinen und Illustrierten Hitparaden der besten Ärzte. Diese wurden nach der Zahl ihrer Veröffentlichungen bestimmt, was egomane Professoren zur Gründung von Zitierkartellen animierte, die sich gnaden- und sinnlos gegenseitig im Kreis zitierten, um ihr »Ranking« zu erhöhen.
Überall wird nivelliert, in den Gesamtschulen werden möglichst alle Schüler auf ein Niveau hinuntergebogen, damit es nur ja nicht nach Eliteförderung aussieht. Aber andererseits werden die Einkommensunterschiede zwischen oben und unten immer krasser und erreichen unanständige Abstände. Die CEOs ganz oben an der Spitze der Hierarchie bedienen sich in einem nie da gewesenen, längst unmoralischen Ausmaß auf Kosten der breiten Basis. Das Motto »Wer hat, dem wird gegeben, wer nicht hat, dem wird genommen« entspricht zwar dem Resonanzgesetz, fördert aber Hierarchie auf eine unerlöste und wenig Frieden stiftende Weise.
Die so entstehende neue Hierarchie des Geldes ist in ihren Auswirkungen aus den USA schon länger bekannt, und von dort kommt der Trend natürlich auch zu uns. »Wie viele Dollars machst du?«, wird so zur entscheidenden Frage. Geld regiert die Welt und mit ihm das Gold und damit das Sonnenprinzip.
Ähnlich bei Titeln und Jobbezeichnungen in der Wirtschaft, die immer aufwendiger werden und natürlich schon längst englisch formuliert sind. So schaffte es ein bayerischer Kellner in kürzester Zeit zum »F and B Manager«. Fraglos war er weiter für food and beverages zuständig, aber er arbeitete täglich über eine Stunde mehr und hatte mehr Verantwortung zu tragen, ohne dafür auch nur einen Cent mehr zu bekommen.
Wir wären gut beraten, die positiven Seiten der Hierarchie zu erkennen und diese wieder in erlöster Weise wertzuschätzen. Unser Organismus könnte ohne sie gar nicht existieren. Im Sonnenland des Herzens ist Hierarchie entscheidend. Aber natürlich geht es auch im großen Sonnensystem nicht ohne sie, in dem die Sonne eindeutig an erster Stelle und im Mittelpunkt steht, genau wie bis hinunter zum Kleinsten. Auch das Atom lebt von seiner Ordnung und Hierarchie, und der Kern muss in der Mitte bleiben, wie auch in der Zelle.
Hierarchie ist die Basis allen Lebens. Würden wir diese offensichtliche Tatsache wieder anerkennen, könnten wir uns viel ersparen, nicht nur im Bereich der Medizin. Wichtige Konsequenzen dieser Erkenntnis könnten uns helfen, vieles wieder in Ordnung zu bringen. Genau wie Atom, Zelle und Herz braucht auch der ganze Mensch Hierarchien auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene. Wo wir das übersehen, ernten wir Probleme mit dem Sonnenprinzip.
Wir können uns vieles ersparen, wenn wir wieder generell anerkennen, dass der Fisch zuerst am Kopf zu stinken beginnt. Diese einfache Erkenntnis hilft, viele Probleme zu lösen. In Sport und Wirtschaft wird das durchaus noch akzeptiert. Versagt eine Mannschaft, wird der Trainer gewechselt, nicht der Mittelstürmer oder Torwart. Hierarchie heißt wörtlich Herrschaft des Heiligen beziehungsweise Herrschaft des Priesters als Vertreter des Heiligen, und dagegen sollte gar nicht so viel sprechen.
Die Region des Solarplexus mit dem Herzen gehört zum Sonnenprinzip. Das Herz repräsentiert das vierte und damit mittlere Chakra, Anahata, das drei Chakras unter sich und drei über sich hat. In jeder Hinsicht steht das Herz also in der Mitte: energetisch, aber auch im Hinblick auf das Herz-Kreislauf-System. Es bestimmt den Blutdruck und damit den Druck im System unseres Lebens. Mit seinem Rhythmus beeinflusst es unseren Lebensrhythmus und gibt den Ton an. Deshalb ist ein ruhiger, effektiver Herzrhythmus, wie er durch Ausdauersport im sogenannten Sauerstoffgleichgewicht erreichbar ist, über die körperliche Ebene hinaus so wichtig. Wir müssen unser Herz fordern, um es zu fördern, oder neudeutsch: » Use it or loose it« (»Benutz es oder verlier es« oder »Wer rastet, der rostet«). Das gilt natürlich für alle Systeme des Organismus vom Herz-Kreislauf-System bis zum Nervensystem.
Je schneller unser physisches Herz klopft, desto mehr will es uns Beine machen und uns in Herzensangelegenheiten in Gang bringen, desto unruhiger und schlimmstenfalls sogar hektischer wird unser Leben. Je ruhiger das Herz schlägt, desto eher wird es uns in unsere Mitte bringen und Ruhe und Stille in Herz und Leben einkehren lassen. Deshalb sind Übungen und Therapien, die das bewusst bewirken wie das erwähnte Herz-Kreislauf-Training, wenn sie zum bewussten Ritual werden, ideal geeignet, um das ganze Leben aus der Mitte heraus zu beeinflussen.
Mit dem Herz als energetischer Mitte steht und fällt alles. Es beginnt zu Anfang des Lebens mit einer großen Herzkammer. Solange wir im Mutterleib schwerelos schweben und energetisch von der Mutter wirklich unter dem Herzen getragen und mit allem versorgt werden, haben wir tatsächlich nur ein Herz und eine Kammer, sind aber schon mehr als ein Herz und eine Seele mit der Mutter. Erst mit der Geburt, dem ersten Atemzug und Eintritt in die polare Welt der Gegensätze, sorgt die Herzscheidewand für eine Trennung in linke und rechte Kammer.
In der patriarchalischen Gesellschaft sollten wir das Herz am rechten Fleck haben. In Wirklichkeit ist das physische Herz natürlich etwas nach links aus der Mitte verschoben. Anahata, das wahre Herz, ist dagegen ganz zentriert, sowohl auf die Horizontale als auch die Vertikale bezogen.
Als Organ der Liebe, wie es in allen Mythologien der Welt bezeichnet wird, beansprucht das Herz auch die Mitte des Lebens und ist selbst in unserer modernen Welt, in der es längst vom Kopf von der ersten Position verdrängt wurde, immer noch für sonnenhafte Überraschungen gut. Falls es gelingt, jemandem den Kopf zu verdrehen und sein Herz zu berühren, so dass es sich entflammt und zum heißen Herzen wird, hat auch ein kühler Kopf keine Chance mehr, und das Leben gerät wieder ganz unter den Einfluss des Herzens und damit der Mitte. So könnte es jeweils wieder in die Mitte kommen, sobald wir dem Herzen folgen, wozu alle großen Religionen und Lebensphilosophien aufrufen.
In der modernen Welt ist das Herz mit seinen Wünschen und Anliegen aber längst beiseitegeschoben und aus der Mitte des Lebens gedrängt, weshalb sich dort auch so viele Probleme ergeben. Wir haben unsere Mitte verloren und damit die Welt aus den Fugen gebracht – und wir ernten die Früchte in den bedrohlichsten Krankheitsbildern überhaupt. Seit wir das Herz im übertragenen Sinn aus der Mitte und von der ersten Stelle verdrängt haben, sind Herz-Kreislauf-Krankheiten an die erste Stelle der Todesstatistik gerückt und haben so aus dem Schatten die Mitte des Interesses erobert. In der Medi-zin dreht sich längst (fast) alles um sie. Wo andererseits das Herz mit seinen Themen noch die Mitte hält, wie in einigen archaischen Gesellschaften, spielen seine Krankheitsbilder keine Rolle.
Dabei ist der Anspruch des Herzens auf die erste Stelle in der Hierarchie des Lebens noch immer und überall spürbar. Filme gefallen uns (fast) nur, wenn sie das Herz ansprechen und es bestenfalls sogar berühren und uns damit insgesamt (an)rühren. Dokumentarfilme spielen insgesamt kaum eine Rolle, vor allem wenn sie nur auf Kopf und Verstand zielen.
Das Herz ist auch der Ort, wo wir unsere E-motionen spüren. Die Bibel rät uns, wie das Wort selbst (von lat. ex = heraus und motion = Bewegung) sie herauszulassen.Wir sollen ihm Luft und keine Mördergrube daraus machen. Alles, was wir an Emotion in uns hineinfressen, landet im Magen beim Mondprinzip und schafft dort Probleme bis zu Magengeschwüren, die von der Art autoaggressiv, das heißt plutonisch sind.
Das kleine Herz wird im übertragenen Sinne auch Hasenherz genannt und deutet mangelnden Mut an. Auf der körperlichen Ebene ist es unterfordert und neigt zum Rasen und sein(e) Besitzer(in) zuständiger Flucht. Es will sie mit seinem Herzjagen auf Trab bringgen, ihre Lebensdynamik erhöhen und sie in Herzensangelegenheiten (vor-)anbringen. Demgegenüber steht das sprichwörtliche Löwenherz mit seinem Löwenmut, das eher Herzklopfen vor Freude kennt. Hier ist die Courage zu Hause, das Herz in Rage. Was das Herz in Rage bringt, erfordert zur Lösung Mut.
Vor dem Herzinfarkt schickt das Schicksal, das unser Heil meint (lat. salus = heil), in der Regel Warnungen wie Angina-pectoris-Beschwerden oder auch Bluthochdruck-Probleme. Angina pectoris, lateinisch für die Enge der Brust, macht Engherzigkeit sehr plastisch und spürbar deutlich. Der Schmerz auf der linken Brustseite, der bei Männern meist in den linken Arm ausstrahlt, bei Frauen eher in den Magenbereich, ist ein Hilfeschrei des energetisch unterversorgten Herzmuskels. Unsere Lebensform von der Verschlossenheit gegenüber Herzensangelegenheiten bis zur Ernährung mit Tierprodukten und gehärteten Fetten, die die Gefäße verschließen, bringt das Herz in den Schwitzkasten. Als direkte Vorstufe des Infarktes gilt bei der Angina pectoris dasselbe Wirkprinzip. Das Herz bekommt nicht mehr genug Energie, nicht genug Nahrung, sondern wird im wahrsten Sinne des Wortes stranguliert und in Ketten gelegt. Die entsprechende Beklemmung könnte verraten, wie hier etwas in der Mitte klemmt und Betroffene sich die Lebensenergie abklemmen. Das gefühlte Zusammenkrampfen des Herzens zeigt den K(r)ampf um die Mitte und damit ums Ganze. Wenn ein Herzkranzgefäß dichtmacht, gibt die Schulmedizin Kapseln mit Nitroglyzerin, dem potentesten Sprengstoff, um den Engpass aufzusprengen. Auf Dauer ist das aber keine Lösung.
Verschlossene und manchmal schon verkalkte Gefäße zeigen in der Sklerose die Versteinerung des Herzens, die sich über lange Zeit anbahnt. Den Betroffenen ist schon lange kein Stein mehr vom Herzen gefallen; im Gegenteil, ihr Herz entwickelt sich zu einem. Kein Wunder, dass sich das oft wie eine schwere Last auf dem Herzen anfühlt. Sowohl Stein als auch Last gehören wie auch Sklerosierungs- und Versteinerungsprozesse zum Saturnprinzip. Wenn sich eines der Herzkranzgefäße, die das Herz tatsächlich umkränzen wie der berühmte Lorbeer die Stirn, weitgehend verschließt, kommt es zum Vernichtungsschmerz, dem gewaltigsten Schmerz, den Menschen erleben können. Er entsteht, wenn ein Teil des Herzens (ab-)stirbt und führt oft zu Ohnmacht. Betroffene sind diesem Geschehen gegenüber tatsächlich weitgehend ohnmächtig. Infarkten lässt sich aber durch entsprechende Lebensführung im Vorfeld relativ leicht vorbeugen.
Im Infarktgeschehen stirbt ein Teil der Mitte, und die Hauptstadt des Körperlandes wird zur Nekropolis, zur Totenstadt. Die Schulmedizin versucht, mit Ballonkathetern die Engstellen aufzusprengen, da die Sprengstoffkapseln nun nicht mehr greifen, oder sie mit Bypässen – Gefäßüberbrückungen mit Gefäßmaterial von anderer Stelle – zu umgehen. Aber ein Herz, das sich nicht von innen öffnet, kann auf Dauer mit solch rein funktionalen Maßnahmen nicht aufgehalten werden. Die einzig zielführende Therapie führt zur Konzentration (Saturnprinzip) auf die eigene Herzensthematik. Herzenswünsche und Herzensangelegenheiten müssen bewusst in die Mitte rücken. Daraus kann sich langfristig wieder eine Öffnung des Herzens im übertragenen Sinn ergeben wie auch eine Ernährungsumstellung im Sinne seiner wirklichen Bedürfnisse.
Gelebte Weiblichkeit und ein entsprechender Östrogenspiegel schützen Frauen bis zur Menopause vor alldem. Danach holen sie jedoch mächtig auf, nur wird das Krankheitsbild bei ihnen viel zu oft übersehen.
Wie viel Bewusstheit bewirken kann, zeigt die Herzangst, die sich zum hypochondrischen Krankheitsbild der Herzneurose entwickeln kann. Dabei denken Betroffene ständig in großer Angst an ihr Herz und schützen es allein dadurch vor Ereignissen wie Infarkten. Selbst diese ständige ängstliche Konzentration ist also besser als keine Beachtung. Bei der Herzneurose geht es therapeutisch darum, die an sich richtige Beschäftigung mit dem eigenen Herzen von der körperlichen auf die übertragene Ebene zu verlagern. Wer in diesem Sinn ständig auf sein Herz hört und auf es achtet, ist auf einem wundervollen Weg. Er kann zum Beispiel gar keine unter Qualen gehaltenen und geschlachteten Tiere mehr essen, was neben seinem Herz-Kreislauf- System auch allen anderen Systemen körperlich zugutekommt.
Das Herz wie auch das Thema Hierarchie entsprechen dem Sonnenprinzip. Das stolpernde Herz leidet an einem Einschlag des Uranusprinzips. Die Störung der Hierarchie, das Aus-der-Reihe-Tanzen und Über-die-Stränge-Schlagen, ist uranisch und sollte lieber im übertragenen Sinne auf weniger bedrohlichen Ebenen stattfinden. Ein Herzstolpern ist auf der Körperebene wie ein Seitensprung und im sozialen Bereich eher unerlöst. Zielführender ist, neue originelle Wege zu gehen und sich uranischer Energie zu öffnen.
In Herzensangelegenheiten über sich und alle Grenzen hinauszuwachsen ist der Grundauftrag der christlichen Religion der Liebe, die uns ausdrücklich rät, unsere Feinde zu lieben und die Nächsten wie uns selbst und unser Herz groß und weit werden zu lassen. In Wahrheit neigen aber nur sehr wenige Christen dazu, dem ihr Leben zu weihen. So sinkt das Thema in den Schatten beziehungsweise in den Körper, und das Herz wird im Laufe des Lebens physisch immer größer und weiter, was wir Herzinsuffizienz nennen.
Es beginnt damit, keine Berge mehr erklimmen zu können und bald auch keine Treppen. Es geht nicht mehr aufwärts mit einem. Bei der nächsten Eskalationsstufe kommen Betroffene auch in der Ebene nicht mehr besonders (weit) voran. Schließlich, in der Ruheinsuffizienz, reicht die Herzkraft selbst im Liegen nicht mehr. Zum Schluss muss das Oberteil des Bettes erhöht werden, damit die Patienten nicht im eigenen Seelenwasser ertrinken, welches das altersschwache Herz nicht mehr ausreichend in Fluss halten kann.
Solch ein Herz genügt seiner Aufgabe nicht mehr, staut das Blut zurück und versucht dem Dilemma durch Ausweitung und Vergrößerung zu begegnen, was kurzfristig etwas bessert, aber langfristig alles noch verschlimmert. Es gerät so völlig außer Form und wird konkret statt im übertragenen Sinn immer größer. Die Lebensenergie in Gestalt des Blutes wird gestaut, das Seelenwasser läuft im Kommunikationsbereich der Lunge über und führt zum Lungenödem. Es ergibt sich eine Situation, wie wir sie auf der äußeren Ebene der Welt in Venedig erleben, wo das Wasser immer höher steigt und in die Gemäuer kriecht, das Leben im Erdgeschoss immer beschwerlicher macht und die Bewohner nach oben in den ersten Stock ausweichen lässt. In beiden Fällen versinkt altes, schwach gewordenes Sonnenland, das seine besten Zeiten lange hinter sich hat, im eigenen Seelenmeer.
Die Therapie der Schulmedizin ist ein Rückgriff auf die Naturheilkunde, in Gestalt von Digitalis, dem Fingerhut, der, richtig dosiert, die Eigenschaft hat, die Herzkraft zu steigern. Die verfahrene Situation lässt sich so lindern, aber nicht mehr lösen. Die Aufgabe ist natürlich generell, rechtzeitig auf sein Herz zu hören, seine Signale zu (be-)achten – wie in den oben beschriebenen Fällen, bei denen es mit Schmerzen um Hilfe ruft. Im Fall der Insuffizienz hilft nur, dem christlichen und eigentlich menschlichen Auftrag gerecht zu werden und sein Herz im übertragenen Sinn zu weiten, zu öffnen und groß und überfließend werden zu lassen.
Die Schulmedizin rät in »hoffnungslosen Fällen« zur Herztransplantation und sucht händeringend Spenderorgane, also etwa Unfallopfer, die, noch jung, gute Organe zu vergeben haben. Letztlich ist es aber auch diesbezüglich besser, die übertragene Ebene zu wählen und sich lieber öfter von Herz zu Herz auszutauschen, als das ganze Organ auszuwechseln. Sein Herz zu verschenken, solange es noch körperlich und seelisch in guter Verfassung ist, ist der Rat, der so schwerwiegende Probleme gar nicht erst entstehen lässt.
Um den unerlösten Ebenen des Sonnenprinzips wie Herzkrankheiten vorbeugend zu begegnen, ist es – zusammenfassend gesagt – notwendig, die Dinge, die einem wichtig sind und getan werden wollen, hingebungsvoll mit ganzem Herzen zu tun, sich ständig ein Herz zu fassen und es wagen, sein Bestes zu geben. Mit dem Herzen bei der Sache, aus vollem Herzen zu leben, zu arbeiten, zu lieben und zu tun, was immer einen anmacht, ist die Lösung. Letztlich haben wir nicht die Wahl, ob wir unser Herz weiten und wachsen lassen wollen, sondern nur die auf welcher Ebene.
Zuerst einmal gilt es, die eigenen Herzensthemen herauszufinden und fest ins Auge zu fassen, das zentrale Thema zu identifizieren und zur eigenen Herzensangelegenheit zu machen. Nur wenn es in die Mitte des Lebens gerückt und mit ganzer Hingabe betreut wird, kann es den entscheidenden Beitrag zur Individuation leisten, dem eigentlichen Thema des Sonnenprinzips.
Es gibt nur einen guten Weg, Selbstüberschätzung und Peinlichkeit vorzubeugen: richtig gut zu werden, bewusst in die Mitte zu kommen, in die Verantwortung zu treten und beides auszufüllen, die Verantwortung und die Mitte. Aus vollem, überfließendem Herzen ist es – glücklicherweise – am leichtesten, nicht nur gut, sondern wirklich exzellent zu werden und höchsten Ansprüchen zu genügen. Wer andere überragen und aus jeder Menge hervorragen will, muss wachsen. Auch der Mittelpunkt einer überschaubaren Welt zu werden, kann dem Prinzip Genüge tun.
Auf die Frage, wie er sich vor dunklen Energien seiner Schüler schütze, antwortete Sogyal Rinpoche, es gebe einen dummen und einen intelligenten Egoismus. Westliche Menschen der Esoterikszene bevorzugten nach seiner Beobachtung oft den dummen und versuchten, sich abzuschirmen, er dagegen atme ganz egoistisch alle Energie und besonders auch die dunkle ein, um sie in seinem Herzen zu wandeln. Deshalb habe er immer Energie im Überfluss.
Eine dem Sonnenprinzip gut entsprechende Methode hat sich für mich aus der hinduistischen Deeksha-Tradition des Segnens entwickelt. In Bali und Indien wird dieser Segen oft und gern gegeben, und man kann ihn sich auch selbst in jeder Situation geben. Es reicht, sich in seine Mitte zu begeben und sich dem energetischen Segen des Universums zu öffnen, sich vorzustellen, wie diese Energie vom Himmel kommend zum Kronen-Chakra eintritt und durch den entsprechenden Kanal bis zum Herzen fließt. Natürlich lässt sich auch bezeugen, wie sie sich weiterverteilt bis in die Finger- und Zehenspitzen. Vor vielen Tätigkeiten, wie etwa Schreiben, lasse ich diesen Segen durch mich hindurch bis in die Fingerspitzen und habe deutlich das Gefühl, meine Gedanken dadurch zu beflügeln, so dass die Worte noch spontaner und leichter in den Laptop fließen.
Aber nicht nur im übertragenen Sinn müssen wir unser Herz nähren, um es und uns gesund zu halten. Auch ganz konkret regiert das Herz – wie neuere Studien in geradezu brutaler Deutlichkeit zeigen – sehr empfindlich auf Ernährung. Früher, als wir noch herzhaft und trotzdem bescheiden aßen, blieb auch auf dieser Ebene die Mitte gewahrt. Seit wir aber zu immer mehr Tierprodukten tendieren, die wir unter unsäglichen Bedingungen in Tierfabriken und in Massenproduktion herstellen (lassen), haben alle Zivilisationskrankheiten, mit den Herz-Kreislauf-Problemen an erster Stelle, enorm zugenommen. Studien in großer Fülle zeigen in beeindruckender Deutlichkeit den Zusammenhang zwischen unter Leid und Qual produzierter Nahrung und medizinischen Problemen.
Als wir Lebens-mitte-l zugunsten von Massennahrung aus Massenproduktion aufgaben, verloren wir die Mitte des Lebens und viel von der früheren Lebensqualität. Und so wurden wir auch immer mehr zur Masse – innerlich gequält vom Leid und der Angst der Tiere, die wir uns einverleibt haben. Das Schlimmste ist, dass die Mehrheit schon solch einer Vermassung unterliegt, dass sie das Elend, das sie sich einverleibt, vor lauter Unbewusstheit überhaupt nicht mehr bemerkt. Andererseits zeichnet sich hier auch schon die wirklich einfache Lösung ab in einem Essen, das wir von Herzen aus bejahen können und das uns keine Herzschmerzen beim Gedanken an seine Entstehung bereitet. Es ist tatsächlich einfacher und wieder bescheidener, dafür gesünder und natürlicher24.
Goethe stellte fest: »Wär nicht das Auge sonnenhaft, die Sonne könnt es nie erblicken.« Tatsächlich sind die Augen wesentliches Organ unserer Ausstrahlung. Geht die Sonne im Herzen auf, fangen die Augen ebenfalls an zu strahlen; die lächelnden Augen der Menschen in Bali sind mir diesbezüglich immer vor Augen. Frauen schminken ihre Augen, um sie größer erscheinen zu lassen. Noch wichtiger ist, für ein Innenleben zu sorgen, das die Augen gern und strahlend nach außen vermitteln.
Jeder Mensch reagiert positiv auf strahlende Augen, wie wir erleben, wenn uns große Kinderaugen vorbehaltlos anstrahlen. Dass bei uns so wenige Menschen – verglichen etwa mit Bali – strahlende Augen haben, dürfte nicht an der materiellen, sondern an der spirituellen Situation liegen. Materiell haben wir so viel mehr; das Strahlen aber ist uns vergangen wie die Ausstrahlung. Das einfache religiöse Leben auf Bali leuchtet eher aus den Augen und beflügelt die Menschen.
Unsere Augenprobleme reichen von der Massenseuche Kurzsichtigkeit in jungen Jahren zu der entsprechenden Seuche Weitsichtigkeit ab der Lebensmitte. Das heißt von der Deutung im Sinne von Krankheit als Symbol, dass wir in der Jugend zu wenig auf das für unsere Seele Naheliegende schauen, und im Alter gewinnen wir zu wenig Überblick. Im Extremfall der Blindheit wird uns die äußere Sicht völlig genommen, um unseren Blick ganz nach innen richten zu lernen und ohne jede Ablenkung von außen unser Herz groß und weit werden zu lassen.
Mit dem Namen des Evangelisten Markus, dem Schutzpatron Venedigs, wird ein Kind sehr deutlich auf eine Löwen- und damit Sonnenspur gesetzt.
Bei Alexander schwingt sogleich der Große mit, ebenso bei Alexandra. Wenn Eltern ihre beiden Kinder Alexander und Alexandra nennen, schwingt so viel Anspruch mit, dass sie sich fragen könnten, was sie von ihnen erwarten und sich zumuten. Mit so großen Kindern und Ansprüchen ist natürlich nicht leicht fertigzuwerden. Das kann nur großartig oder enttäuschend werden. Auch Katharina lässt sofort an die Große denken und beschwört damit ein anspruchsvolles, machtvolles und in diesem Fall mörderisches Muster herauf.
Viktor und Viktoria, den Siegertypen vom Namen betrachtet, dürfte es ebenfalls nicht immer leicht werden, im Leben diesem Anspruch zu entsprechen, genau wie Vincent. Bei Gloria schwingt offensichtlich einiges an Glorie mit, und alles unter glorreich könnte enttäuschend wirken. Schwierig wird es natürlich, wenn ein (arche-) typisches Mondwesen von diesbezüglich unwissenden Eltern per Namen mit einem Sonnenanspruch belastet wird.
Hier reicht es natürlich auch nicht, sich lediglich in warme Sonnenfarben zu hüllen und sonnenhaft edle Kleider zu tragen. Aber natürlich ist es sinnvoll, solche zu besitzen und dafür zu sorgen, dass Abendkleid und Smoking auch gelegentlich zum Einsatz kommen. Gibt es solche Gelegenheiten gar nicht, könnte das ein Hinweis auf etwas grundsätzlich Fehlendes sein.
Sich nur mit »sonniger« Musik berieseln zu lassen ist ebenfalls noch keine Lösung für gravierende Herzprobleme, aber sie könnte in eine entsprechende Stimmung bringen. Feierliche Abendgarderobe könnte dort hinführen, wo Walzer getanzt wird. Samba oder Soul täte es für Sonnentypen allerdings auch. Bei großen Shows und entsprechenden Entertainern – typisch und beispielhaft waren Frank Sinatra und Sammy Davis jr. – sind von diesem Lebensprinzip geprägte Menschen ebenfalls in ihrem Element. Neben Musik, Düften und Farben können auch Filme auf einfache Weise einen guten Rahmen für die Begegnung mit dem Sonnenprinzip vermitteln.
Vor allem aber geht es darum, sich mit Themen zu beschäftigen, die dazu führen, der eigenen Mitte näherzukommen, sie bestenfalls zu finden, authentischer und souveräner zu werden, Ausstrahlung zu entwickeln und die eigenen hohen Ansprüche zu verwirklichen. Seinen Stolz in echte Autorität zu wandeln ist ein hohes Ziel, das rechtzeitig ins Auge zu fassen ist.
Die weiter vorn dargestellten sieben Entwicklungsstufen des Prinzips bringen (im unteren Bereich) Bearbeitungsmöglichkeiten und (im oberen Bereich) Einlösungschancen. Hier noch weitere konkretere stufenbezogene Hinweise:
1. Auf der untersten Entwicklungsstufe, wo Egomanie und Prahlsucht herrschen, wird in der Regel die Bewusstheit zur Bearbeitung fehlen. Hier sind die Schicksalsgesetze noch nicht begriffen, und Probleme werden nach außen projiziert. Natürlich müsste aus Menschenverachtung Achtung vor Menschen werden. In der Angeberei sollte das Geben erkannt und beachtet werden. Aus Ruhm-und Prahlsucht könnten echter Ruhm und entsprechende Ehre und Würde (er)wachsen, aus Gefallsucht und Selbstgefälligkeit sich Fähigkeiten entwickeln, die vielen gefallen. Aus Selbstüberschätzung sollte die Wertschätzung des eigenen Selbst und auch des Selbst jedes anderen werden. Aus Großspurigkeit wird sich hoffentlich die Fähigkeit ergeben, den eigenen Weg zu finden und ihn mit so breiter Spur voranzugehen, dass andere gut folgen können. Aus Selbstherrlichkeit ist die Fähigkeit zu entwickeln, Herr im eigenen (Körper-)Haus zu werden und seiner Situation Herr zu werden. In der Überheblichkeit liegt die Anlage, auch Schwerstes zu heben und große Aufgaben zu stemmen, aber auch, sich über Alltagsgeschäfte zu erheben. Aus Hochmut lässt sich natürlich höchster Mut entwickeln, so wie aus der Ego-manie die Fähigkeit, das Selbst in den Mittelpunkt zu stellen, damit aus dem Ego-Trip der Individuationsweg der Selbst-Verwirklichung werden kann.
2. Auf der zweiten Ebene lässt sich schon etwas realistischer ein krankhafter in einen gesünderen Ehrgeiz wandeln und Machthunger in das Bedürfnis, Macht über das eigene Leben im Sinne von zunehmender Selbstbestimmung zu gewinnen. Die Abhängigkeit von Bewunderung kann in Leistungsbereitschaft verwandelt werden, die wundern macht und Bewunderung verdient, die Scheinheiligkeit in Ausstrahlung. Es ist die Ebene, um Talente und Begabungen zu entdecken und zu entwickeln. Das Problem, mehr zu scheinen, als zu sein, kann in Exerzitien erlöst werden, die zu Erfahrungen des Seins führen. Dann wird mit der Zeit ganz von selbst ein Schein vom eigenen Leben ausgehen. Paschaallüren können erlöst werden, indem sich die Patriarchenrolle mit der Vaterrolle zu echter Autorität im Hinblick auf die Familie verbindet. Dominanzgehabe und Rechthaberei lassen sich durch den Erwerb von Kompetenz bearbeiten, die automatisch zu echter Überlegenheit wird. Recht zu haben, statt in Rechthaberei zu verharren, ist die Lösung. Überzogene Theatralik und Melodramatik könnten in echter, virtuoser Schauspielkunst Erlösung finden. Die Sucht, immer im Mittelpunkt stehen zu müssen, bearbeitet sich in einem bewussten Schritt in die Mitte des eigenen Lebens oder auf die Bühne des Showgeschäfts. Aufkeimende Intuition wird dabei helfen.
3. Die dritte Stufe bringt bereits in Kontakt mit entwickelteren Eigenschaften wie gesundem Ehrgeiz und Organisationstalent, die »nur« noch auf die entsprechenden Herzensthemen zu lenken sind. Die Fähigkeit zu Motivation und Überzeugung lässt sich nutzen, um sich selbst und andere ins rechte Licht zu rücken und zum Motor von Bewegung zu werden, die der Selbstverwirklichung dient. Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, gepaart mit Risikofreude, können für Projekte genutzt werden, die einen selbst und andere im Herzen berühren und die Mitte und damit das Wesen der Dinge treffen. Mitreißender Selbstausdruck, natürliche Autorität und Souveränität bekommen allen in Führungspositionen gut. Diese wiederum lassen sich nutzen, um Herzensprojekte mit entsprechender Hingabe zu verwirklichen.
Trotzdem ist es noch eine recht materielle Ebene, und es geht vor allem darum, sein Leben in dieser Hinsicht selbst in die Hand zu nehmen, nach dem Motto: »Selbst ist der Mann« beziehungsweise »Selbst ist die Frau«. Somit gehört auch der Selfmademan US-amerikanischer Bauart hierher, der vom Tellerwäscher zum Generaldirektor aufsteigt. Hier werden auch schon Wachstumsimpulse mit der Tendenz zur Befreiung deutlich, und das Individuum beginnt sich zu strecken, noch nicht zum Himmel, aber nach oben in der Hierarchie, um das Beste auf dieser materiellen Ebene aus sich herauszuholen. Nun könnte man schon aufhören, andere und sich selbst kleinzumachen oder kleinmachen zu lassen, und stattdessen mit dem Wachsen beginnen. Selbstbehauptung ist angesagt, um Chef zu werden und Führungsqualitäten zu entwickeln, und sei es nur in der Abteilung. Hier könnte es aber auch Zeit sein, ausgehend von einem Talent, einer guten Idee, ein Unternehmen zu gründen und Selbstständigkeit schon einmal auf materieller Ebene zu verwirklichen. Es könnte auch den Schritt aus einer subalternen in eine führende Position bedeuten – oder im Sport vom Mitspieler zum Spielmacher, in der Musik vom Orchestermusiker zum Solisten, der in seinem Spiel neben der Perfektion zwischendurch auch schon höhere Berufung anklingen lässt.
4. Auf der vierten Ebene lassen sich Ausstrahlung und Charisma nutzen, um mit schöpferischer Intelligenz und Kreativität Lebensfreude ins Spiel des eigenen und des Lebens anderer zu bringen. Wo sich Führungskraft mit Herzlichkeit verbindet, Zentriertheit, Kreativität und Großzügigkeit hinzukommen, wird an Management- und Entwicklungsprojekten fast alles möglich und von Erfolg gekrönt. Der notwendige Mut muss groß sein und könnte sich idealerweise in schwierigen Momenten mit Großmut paaren und eine beeindruckende Vitalität abrunden.
5. Mit Authentizität und selbstsicherer Souveränität bringt die fünfte Ebene die Chance, den eigenen Weg zu einer Offenbarung für sich und andere zu machen. Hier treffen wir Menschen, die sich für sich selbst und ihren eigenen individuellen Weg entschieden haben. Je weiter sie sich entwickeln, desto selbstloser wird ihr Engagement, desto mehr orientieren sie sich daran, was diese Situation oder dieser Mensch wirklich braucht. Hier wird viel geholfen, aber nicht mehr im Sinne des Helfersyndroms, denn es hat immer weniger mit dem Helfer selbst zu tun. Wer wirklich er selbst wird auf seinem ihm bestimmten Weg, erlebt Individuation im Jung’-schen Sinne von Selbstverwirklichung. Wo immer er auftritt, entsteht bei den Anwesenden ein angenehmes Gefühl, und auch er fühlt sich wohl, denn er ist und bleibt bei sich, erreicht aber alle anderen von innen heraus mit dem Licht aus seinem Herzen, mit seiner warmherzigen Ausstrahlung, zu der Wärme und Sich-Verschenken gehören. Sobald sich totale Eigenverantwortung mit voller Verantwortlichkeit für die Umgebung verbindet, ergibt sich wahre Autorität. Verbunden mit Herzenswärme kann sie bis in spirituelle Dimensionen hineinwachsen. Dann wird Charisma zum Geschenk und zur Gnade; es ist diese gewinnende Ausstrahlung, die andere mitnehmen kann auf ihren Weg.
6. Auf der sechsten Stufe begegnen wir vollendeter überfließender (Herzens-)Güte. Der Mensch ruht immer vollkommener in sich und seiner Mitte, nutzt sein großes kreatives Potenzial im Sinne der Schöpfung für die fühlenden Wesen um sich. Er wird ihnen zum Großen Vater, und alle werden seine Kinder.
7. Auf der letzten Stufe begegnen wir dem König im eigenen Reich, der eins ist mit allem: das Ideal des Gralskönigs. Alles wird aus der unverrückbaren Mitte gesehen – mit den Augen des Herzens und der Liebe.
Der Dhikr der Mevlevi-Derwische, als Kreistanz dem Walzer ähnlich, entspricht einer schönen Bewegungsmeditation im Zeichen der Sonne. Bei ihm geht es ganz ausdrücklich um das Finden und Stabilisieren der eigenen Mitte. Die Herzensmeditation nach Siegfried Scharf, dem Herzensgebet der Ostkirche nachempfunden, hat hier ebenfalls ihr Feld. Dabei wird ein Mantra, eine heilige Silbe wie das Om, im Herzen gedacht und bewegt. In diesem Sinne liegt auch eine Meditationsform wie die Transzendentale (TM) nahe, und weil sie ungeheuer teuer ist. Hier werden Mantras für viel Geld nach dem Jahrgang vergeben. Möglicherweise verschafft das viele Geld den Mantras auch entsprechende Geltung, in unserer Gesellschaft wäre das durchaus denkbar.
Die Kerzen-Medi-tation, bei der die ruhige Flamme zum Objekt der meditativen Versenkung wird, gehört in den Sonnenbereich, genau wie das Sonnengebet aus dem Yoga. Meditatives Tanzen aus der Mitte heraus, das Emotionen und Gefühle zum Ausdruck bringt wie etwa Biodanza, ist ebenfalls sonnenhaft, außerdem meditatives Malen, das aus der Mitte seine Impulse empfängt und das Innerste nach außen stellt, ohne die Mitte zu verlieren.
Unter den Therapien ist hier an die Gestalttherapie nach Fritz Perls zu denken. Im Übrigen sind energetische Therapieformen, die mit Energie arbeiten und die Bio-Energie zum Fließen bringen wie Shiatsu, beim Sonnenprinzip zu nennen, dazu entsprechende Massagen und Akupressurbehandlungen. Lichttherapien, Sonnenbäder und generell Bestrahlungen mit Farblicht haben hier ihre urprinzipielle Heimat, wobei sonnenbetonte Menschen das natürliche Sonnenlicht allem künstlichen Licht vorziehen.
Neben dem Walzer als energetischem Kreistanz und der diesen befeuernden Musik bevorzugt ein Sonnenmensch triumphale Klänge wie etwa die Musik von Vangelis aus Filmen wie Chariots of Fire, Conquest of Paradise und Alexander. Dabei können Menschen dieses Lebensprinzips sich wohlfühlen und an ihre Themen herankommen. Viele Songs sind ihnen auf den Leib geschrieben: »Simply the Best« von Tina Turner, »I Am What I Am« von Gloria Gaynor, »We are the Champions« von Queen, »Let It Grow« von Eric Clapton, »Total Eclipse of the Heart« von Bonnie Tyler, »Heart of Gold« von Neill Young, »Circle of Life« und »Hakuna matata«, als erlöster und weniger erlöster Sonnenpol aus dem Disney-Film König der Löwen von Elton John oder »Here’s to the Heroes« von Erkan Aki. Auch so einfache Schlager wie »In the Summertime« von Mungo Jerry oder »Here Comes the Sun« von den Beatles sind zu nennen.
Lieder über das schöne, schicke Leben des Sonnenprinzips gehören ebenfalls hierher wie der Klassiker von Peter Sarstedt »Where Do You Go To My Lovely«, André Hellers Jean-Harlow-Lied oder »Schickeria« von Rainhard Fendrich, dessen Refrain alles klarmacht. »Mir san die Hautevolee – mir ham den Überschmäh.«
Im Rahmen der klassischen Musik finden wir beim Sonnenprinzip die Krönungsmesse von Cherubini, den Feuervogel von Strawinsky und den jubelnden Messias von Händel. Natürlich war auch viel Sonne im Spiel, als Luciano Pavarotti mit all dem Schmelz in seiner Stimme »O sole mio« schmetterte. Opernfans wurde dabei zwar ganz anders, aber Sonnentypen liebten es.
Zum Sonnenprinzip gehört die Inszenierung der Mitte. Einmal sehr bewusst sich selbst in die Mitte zu stellen, statt es hintenherum oder durch unstimmiges Vordrängen zu bewerkstelligen, kann hier überaus hilfreich sein. Sich selbst sehr bewusst ins richtige Licht zu stellen ist für Sonnentypen Lernaufgabe, zu der sie unbewusst sowieso tendieren, zu der rituell zu stehen deshalb sehr befreiend wirken kann. Insofern sind Licht- und Beleuchtungsproben als Ritual empfehlenswert. Sich den Platz auf der Bühne, der konkreten und der des Lebens, bewusst zu suchen und ihn dann gleichsam rituell bewusst einzunehmen, kann sie ein gutes Stück weiterbringen zu sich selbst.
Auch das Ritual des Mittagsschlafes ist ein typisches Sonnenritual, wie auch die Siesta in der Wärme des Mittags heißer Sonnenländer natürlich hierher gehört. Selbstverständlich tut ein Mittagsschlaf 25 allen gut, aber einem vom Sonnenprinzip geprägten Menschen kann er wirklich zum Lebenselexier werden und zu seiner Essenz verhelfen.
Ein großes Ritual zur Lebensmitte, noch bevor diese zur Midlife-Crisis werden könnte, ist hier angemessen, wie etwa eine große Weltreise, eine Kreuzfahrt um den Globus mit entsprechenden Auftritten bei entsprechenden Galas an Bord – all das könnte das Herz des sonnenbetonten Menschen berühren.
Für einen Menschen mit Sonnenbetonung kommen vor allem Einzelsportarten in Frage, die großes Ansehen genießen und bringen, mit deren Renommee er seines gern verbindet. So war er früher auf Tennis- und ist heute auf Golfplätzen zu Hause. In Reitställen tritt er auf und vor allem auf den Feiern nach Turnieren. Im zugehörigen Countryclub leistet er (sich) am Abend oft mehr als auf den Greens. Ebenso kann er beim Skifahren eine gute Figur machen, vorzugsweise an teuren Wintersportorten. Aber auch hier läuft er erst beim Après-Ski zu seiner eigentlichen Form auf und kann so richtig imponieren und Eindruck machen. Windsurfen an den richtigen Stränden mit den richtigen Zuschauer(inne)n am Strand ist ebenfalls passend wie alles, wo er die Energie nicht selbst aufwenden muss, wie es etwa ausgemergelte Saturntypen beim Langstreckenlauf tun.
Auch Autorennen sind nach dem Geschmack des Sonnentyps, vor allem das ganze Drumherum bei verlängerten Boxenstopps. Gern würde er bei der Rallye Mille Miglia mitfahren, bei der nur kostbare Oldtimer zugelassen sind, es nicht um Geschwindigkeit oder gar Gewinnen geht; man hat schon gewonnen, wenn man einfach zu denen gehört, die dabei sein dürfen. Für ihn ist das alles mehr ein Ritual, und dann bekommt etwas so Banales wie »Männer-fahren-im-Kreis« große, weltweite Bedeutung.
Wenn es beim Sport dem Sonnenprinzip gemäß richtig zur Sache gehen soll, dann am ehesten beim Zehnkampf, bei dem die Krone des Königs der Athleten winkt, die wie alle Kronen in allen Bereichen doch etwas Besonderes hat und ihn fasziniert.
Mit Hobbys lässt sich auf eine urprinzipiell stimmige Weise viel Energie ins Leben einspeisen. Zur Bearbeitung einschlägiger Probleme des Sonnenprinzips wie jener des Herzens müssen Hobbys natürlich auch von Herzen kommen und mit ganzem Herzen betrieben werden. In diesem Fall sollte ein Hobby schon fast Berufung sein.
Eine schöne Beschäftigung in diesem Sinne des Sonnenprinzips ist Flirten – die eigene Wirkung auf andere genießen und diese dabei auf dynamisch anmachende Art verführen oder einfach und noch viel besser im Sinne dieses Prinzips nur durch die eigene Ausstrahlung gewinnen. Das Verspeisen der Beute spielt dann keine große Rolle mehr, wie schon das Wappentier Löwe demonstrierte, man muss da nicht mit allen Weibchen gleich schlafen, wenn geklärt ist, wem das allein zusteht. Die weiblichen Vertreter des Sonnenprinzips bevorzugen bei diesem Spiel die Eroberung der »Alphamännchen«, in deren Glanz und Status sie sich dann gern sonnen.
Ein guter Ort zum Flirten ist für einen Menschen des Sonnenprinzips eine Spielbank, denn Glücksspiel in möglichst nobler Umgebung, in der alles wenigstens ein bisschen glitzert und etwas hermacht, passt gut zu ihm, und er neigt auch zu Glück im Spiel und Leben. Als König geboren, ist man sich das schuldig, und das Schicksal spielt nicht selten mit, wenn aus Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit Souveränität entsteht. Das Resonanzgesetz sorgt schon dafür, dass die Nummer eins ganz nach oben kommt, in den Mittelpunkt rückt und alles Interesse auf sich zieht. Hier wird der Unterschied zwischen gespielt und echt rasch deutlich.
Im Übrigen genießt ein Sonnenmensch die schon beschriebene Musik, geht gern zu Konzerten und noch lieber zu Shows, am liebsten natürlich wenn man (ein-)geladen ist und einen Ehrenplatz bekommt. Dieser Mensch ist einfach nicht der Typ für die billigen Plätze, sondern sitzt lieber in der Mitte vorn und im Kino natürlich hinten, falls ein neuer Film Premiere hat. Er liebt es, wenn seine Meinung gehört wird, hat aber oft gar keine. Typische Antwort einer doppelten Löwin (Aszendent und Sonne im Löwen) auf die Frage, wie denn die Musical-Premiere gewesen sei: »Ich hab das Feuilleton noch nicht gelesen.«
In der einfachen Ausprägung steht man bei diesem Lebensprinzip auch auf Serien wie seinerzeit Dynasty oder Denver-Clan, denn für Dynastien hat man etwas übrig, so war auch Dallas ein Thema. Die heutigen Krankenhausserien mit ihren Doktorspielen geben nichts für sonnenhafte Menschen her. Das ist dann doch unter ihrem Niveau. Sie würden das, wenn, dann nur von der Chefarztebene betrachten. Aber seit es mit den Ärzten so bergab geht und die Halbgötter in Weiß aus der Mode kommen, interessiert dieses Thema sie weniger. Aber selbstverständlich könnten die Damen sich für einen brillanten Herzchirurgen erwärmen, wie ihn William Hurt in dem Film Der Doktor spielt, der viele Sonnenaspekte ins Spiel bringt. An diesem Film stimmt vieles für den Sonnentyp, nur ist er zu ernst, denn an sich hat es dieses Lebensprinzip mehr mit Lustspielen.
Auf all diesen Ebenen geht es darum, das Niveau zu erhöhen, beim Flirten die große Liebe zu finden, beim Glücksspiel Lila, das kosmische Spiel, zu entdecken und sein Glück darin zu machen, sich von Familienserien inspirieren zu lassen, den eigenen Platz in der Familie zu finden und auszufüllen und generell sich von Filmen anregen zu lassen, sein Herz zu öffnen und über sich hinauszuwachsen, seiner Sonnenrolle gerecht zu werden.
Hier tauchen Bilder auf wie aus der Bacardi-Reklame. Attraktive, smarte sonnengebräunte und wohlgelaunte Menschen, denen es an nichts fehlt und die sich alles gönnen, treffen sich an wunderschönen tropischen Hot Spots – oder auf edlen Yachten im mondänen Hafen von St. Tropez, am Strand der Costa Smeralda beim Aga Khan, bei Skipartys in Gstaad – und flirten miteinander, nicht heftig, aber doch sinnlich. Man lässt sich gern alle Sinne verwöhnen, und so ist auch der Anspruch an Sinnlichkeit und Erotik: aktiv flirten, aber nicht zu aktiv, umschwärmt werden und sich in der Sonne aalen oder massieren lassen, an teuren Drinks nippen, die die Sinne betören oder sie sanft verwirren, so dass das Spielerische noch mehr herauskommt und anmacht, es im wahrsten Sinne des Wortes die Sinne einschaltet oder eben anturnt. Der Sex könnte ein bisschen darunter leiden, dass die Leidenschaft zwar da ist, aber sich meist in der leidenschaftlichen Lust, verwöhnt zu werden, genügt. So ist es für Menschen dieses Lebensprinzips immer gut, zu solchen Highlights des Schickeria-Lebens noch ein paar andere Prinzipien einzuladen.
Aber natürlich lässt sich über spielerisch anmachende Sinnlichkeit und Erotik auch vieles in Fantasien und Gelüsten, an Träumen von Einzigartigkeit einlösen. Für die Ansprüche sonnenbetonter Menschen ist die Realität leicht zu eng und zu bescheiden; mutig eroberte und belebte Ebenen der Fantasie geben viel mehr her von dem, was hier gebraucht wird, um Befriedigung und wirkliches Ankommen zu schenken.
Sonnenhafte Filme lassen uns für ein bis zwei Stunden in die Welt dieses Prinzips eintauchen – im Idealfall mit der entsprechenden Musik, vor allem aber mit den passenden Themen und Bildern, die die Seele leichter erreichen als Worte. Der klassische Sonnenfilm ist der schon kurz erwähnte König der Löwen, der das Urprinzip voll trifft und keinesfalls nur für Kinder geeignet ist. Mit seinem Titelsong »Circle of Life« demonstriert er, wie sehr dieses Prinzip im Kreis des Lebens im Mittelpunkt stehen will und muss. Kurzzeitig vom Weg abgekommen, unter die Schweine gefallen und unter seinem Niveau platziert, macht es sich der verhinderte Königslöwe aber auch dort und im Augenblick bequem und setzt auf problemfreie Philosophie (»… a problem free philosophy …«), die gleich zur netten Nebenhymne »Hakuna matata« wird. Aber natürlich gehört er in die Mitte des circle of life. Nach ebenso glorreichem wie heldenhaftem Kampf – unterstützt von seinem großen Vater, seiner Intuition und einer schönen Löwin – findet er schließlich wieder in die Königsrolle zurück, die er sichtlich genießt im Kreis seiner geliebten Löwinnen und als majestätischer Chef eines großen angestammten Reviers und mächtigen Clans von Königen.
Auch all die vielen Filme, die fabelhafte Aufstiege und Lebenswege beschreiben, wie Aviator, der Howard Hughes porträtiert, gehören zum Sonnenprinzip, nicht zu vergessen Lawrence von Arabien, sowie alle Epen, die sich typischen Sonnenhelden und dem Thema der Heldenreise, dem widmen. Der Film über das Leben von Coco Chanel zeigt einen sonnenhaften Aufstieg am Beispiel einer sonnenhaften Löwefrau.
Doch auch James Bond, viel mehr strahlender Held als Agent, gehört zu diesem Lebensprinzip. Fast könnte man meinen, Martini zu trinken, sich im Casino und nicht nur dort mit den schönsten Frauen zu vergnügen, sei sein eigentliches Thema. Scheinbar ganz nebenbei rettet der Unbesiegbare aber immer wieder auch die Welt und weist die dunklen Mächte in ihre Schranken, Happy End garantiert.
Sonnentypisch ist auch der Streifen Ein unmoralisches Angebot: Das junge Ehepaar Diana und David versucht in Las Vegas sein Glück. Beide hoffen auf eine Glückssträhne, um ihre finanziellen Probleme zu lösen. Dabei treffen sie auf den attraktiven Milliardär John Gage, der die Gage schon im Namen trägt, gespielt vom Parade-Löwen und Sonnenhelden Robert Redford. Er bietet ihnen ein Glücksspiel der anderen Art an: eine Million Dollar für eine leidenschaftliche Nacht mit Diana. Das junge Ehepaar lässt sich auf dieses Spiel ein und steht am Ende vor der Entscheidung: Reichtum, Status oder Liebe.
Sitzen die drei Stardirigenten Böhm, Bernstein und Karajan zusammen. Sagt Böhm: »Kollegen, jetzt stand es endlich in der Zeitung: Karl Böhm, der größte Dirigent aller Zeiten.« Lehnt sich Bernstein zu ihm hinüber und flüstert ihm ins Ohr. »Karl, stell dir vor, was ich heute Nacht geträumt hab. Gott selbst sagte zu mir: Leonard, du bist der größte Dirigent aller Zeiten.« Dazu Karajan: »Was soll ich heute Nacht zu dir gesagt haben?«
Das Große ist nicht, dies oder das zu sein, sondern man selbst zu sein. (Søren Kierkegaard)
Gott verbirgt sich dem Geist des Menschen, aber er offenbart sich seinem Herzen. (Talmud)
Es ist nicht alles Gold, was glänzt. (Sprichwörtlich)
Von der Erhabenheit zur Lächerlichkeit ist es oft nur ein kleiner Schritt. (Napoleon Bonaparte)
Tust du etwas in der Überzeugung, dass es getan werden müsse, so scheue dich nicht, dabei gesehen zu werden, auch wenn die große Menge anders darüber denken sollte. (Epiktet)
Täglich bringt der Mensch sein Haar in Ordnung. Warum nicht auch sein Herz? (Chinesische Weisheit)
Wer einen Sieg über anderer erringt, ist stark. Wer einen Sieg über sich selbst erringt, ist mächtig. (Lao Tse)
Erkenne dich selbst, damit du Gott erkennst. (Orakel von Delphi)
Tu irgendetwas, aber lasse daraus Freude entstehen. (Henry Miller)
Wenn es eine Kraft gibt, Berge zu versetzen, so ist es der Glaube an die eigene Kraft. (Marie von Ebner-Eschenbach)
Selbstvertrauen ist die erste Voraussetzung für große Vorhaben. (Samuel Johnson)
Der chassidische Rabbi Susya sagte kurz vor seinem Tode: »Wenn ich in den Himmel komme, werden sie mich nicht fragen: ›Warum warst du nicht Moses?‹ Sondern sie werden mich fragen: ›Warum warst du nicht Susya? Warum wurdest du nicht, was nur du werden konntest?‹«