Das Prinzip radikaler Wandlungsfähigkeit
Ich bin ein Teil von jener Kraft,
die stets das Böse will
und stets das Gute schafft.
Mephisto in Goethes Faust
Pluto ist das Prinzip der radikalen, das heißt an die Wurzeln (lat. radix = Wurzel) gehenden Wandlung. Beispiel ist der Phönix, der verbrennt und aus seiner Asche wiedergeboren und erlöst zum Himmel aufsteigt als Adler, der erlösten Ebene des Plutoprinzips. Oder die Schlange, die sich häutend ihre Metamorphose durchleidet, oder die Raupe, die sich verpuppt, um als Schmetterling Auferstehung zu feiern. Goethes »Stirb und werde«, das den Tod als Voraussetzung neuen Lebens erkennt, ist hier beheimatet. Nicht zufällig hatte wohl Goethe das plutonische Tierkreiszeichen Skorpion als Aszendent.
Skorpion ist das zweite und fixe Wasserzeichen. Es neigt wie kein anderes Prinzip zur Fixierung auf alles Mögliche, besonders aber auf Vorstellungen und Ideen. Leitbildfixierung und Prinzipienreiterei sind deshalb im plutonischen Machtbereich sehr häufig anzutreffen. Wir beobachten hier extreme Fixierungen auf Konzepte bis zur Besessenheit und auf ihre Durchsetzung um jeden Preis. Wir finden damit beim plutonischen Lebensprinzip auch Idealismus bis Fanatismus. Bedingungsloses Streben nach Perfektionismus führt zu festen Vorstellungen, die kaum je mit der Wirklichkeit zur Deckung zu bringen sind. So kann dieser Perfektionsdrang ein Scheuklappendenken hervorbringen und in Teufelskreise münden, aus denen es für Plutoniker kein leichtes Entkommen gibt.
Die Metamorphose, die völlige Wandlung, und die Metanoia, die tiefste Reue mit entsprechendem Gesinnungswandel bis zur kompletten Umkehr und Umpolung, gehören zu Pluto. Die Wandlung des Christenschlächters Saulus zum heiligen Paulus ist ein historisches Geschehen in diesem Sinne. Zentrales Thema des Plutoprinzips ist der Schatten und seine Verwandlung in den größten Schatz. Schattenintegration im Sinne von Gegensatzvereinigung ist sein letztes Ziel, dem zuliebe ein Plutoniker auch in die Unterwelt hinabsteigt.
Alle Gegensatzpaare gehören zwingend zu Pluto, aber auch die Extremerfahrungen im Leben, wie sie stellvertretend für alle Ebenen das Stirb und Werde ausdrückt. Die Sexualität als Weg zu Zeugung, Fortpflanzung und Gegensatzvereinigung im Dienste der Erhaltung von Sippe und Art ist hier zu Hause.
Der kompromisslose Kampf für bleibende Werte, die Menschen unter dem Plutoprinzip oft wichtiger sind als ihr eigenes Wohl und oft auch das der anderen, und ihre manchmal erbarmungslose Selbstbeherrschung sind herausragende Themen. Hinzu kommt größte Sehnsucht nach völliger Hingabe und Symbiose bis zu Erlösungswünschen. Die Suche nach Unsterblichkeit führt häufig zur Beschäftigung mit okkulten Themen, die wie alles Tiefgründige hier große Faszination ausüben. Der Wunsch nach Unsterblichkeit entsteht auch keineswegs aus Angst vor dem Tod; der plutonische Mensch lebt wie kein anderer im Bewusstsein des Todes, was ihn einerseits in Katastrophen treibt, andererseits bei seinen spirituellen Ambitionen hilft.
Wo bei Mars die Explosion ist, findet sich bei Pluto die Implosion – und alle Selbstzerstörung und Autoaggression. Wo bei Mars der Mord ist, stoßen wir bei Pluto auf Selbstmord; wo Mars in den Krieg zieht, zettelt Pluto Bürgerkriege an. Er vertritt sozusagen die archetypisch weibliche Aggression. Sein Kampfstil ist dabei völlig stillos und im Gegensatz zu dem von Mars weder von der Genfer noch von sonst irgendeiner Konvention abgedeckt oder gar akzeptiert oder auch nur toleriert. Andererseits gehört aber auch der Samurai mit seiner ritualisierten Kampfkunst hierher, wenn auch der Kampf an sich zu Mars gehört.
Der plutonische Skorpion ist als unangenehmster Archetyp verschrien, und wenn sich eine Gruppe von Cafébesuchern anlässlich entsprechend markierter Zuckerstücke ihre Sternzeichen verrät und zwei einfach nicht damit herausrücken, sind in ihnen Skorpione zu vermuten. Sie haben schlechte Erfahrungen damit, sich urprinzipiell zu outen. Das ist durchaus verständlich, denn unter Pluto findet sich die größte Hybris, das heißt Auflehnung gegen Gott, und erbarmungsloseste Rache bis aufs Blut. Pluto ist in der unerlösten Form nicht bereit, loszulassen und sich neuen Verhältnissen anzupassen.
Am schmerzlichsten ist für einen Plutoniker der Mangel an (Ur-)Vertrauen. Er muss sich folglich alles immer verdienen, auch seine Daseinsberechtigung. Nichts kann er einfach leichtnehmen, sondern muss und will leiden und büßen und es sich und anderen schwermachen. Dabei kommen ihm seine meist kaum nachvollziehbaren Schuldgefühle zu Hilfe. Plutoniker leiden oft an der Unvollkommenheit der Welt und wollen ihr mit Nachdruck und zur Not mit Gewalt einen besseren, am besten idealen Zustand aufzwingen.
Was leicht geht, ist verdächtig und wird schnell als banal abgelehnt. All die weltlich-irdischen Genüsse, denen man sich bei seinem Gegenüber, dem Stier-Venusprinzip, hingibt, würden einen vom Plutoprinzip Geprägten zwar auch reizen, aber er darf sie sich nicht zugestehen und sich keinesfalls mit der Materieebene zufriedengeben. Materie ist vergänglich und sterblich, das weiß er und zielt auf Unsterbliches. So muss er sich Höheres auf schwierigerem Weg verdienen, und sein Ziel ist mindestens die geistige Ebene, wenn nicht sogar eine, die weit über dieses Leben hinausreicht. Tatsächlich will er Bleibendes schaffen, das über ihn und dieses Leben hinausweist. Dass er dabei oft extrem anstrengend für die Umwelt wird, ist natürlich wahr und macht es ihm bezüglich Anerkennung nicht leichter.
Andererseits verfügt ein Plutoniker aber auch über enorme Energie. Er ist bereit, am weitesten und damit auch tiefsten zu gehen ; er besitzt die größte Regenerationskraft, und manche sagen, neun Leben. Er denkt weit und tiefgründig über sich selbst hinaus, hat hohe Ideale, für die er zur Not sogar durch die Hölle geht und dabei sein Leben riskiert – seines und das anderer – und zum Märtyrer wird. Er kann bei einer Sache bleiben und Konzepte durchsetzen und ist auf Leitbilder fixiert, aber auch sehr an Ethik interessiert, will er doch immer zwingend bis zwanghaft wissen, was gut und was böse ist. Den Tod fürchtet er nicht, sondern interessiert sich für ihn. Das Hintergründige fasziniert ihn mehr als die Oberfläche, und mit kriminalistischer Spürnase findet er heraus, was in der Tiefe abläuft.
Seine Ideale sind so hoch, dass sie oft an Perfektionismus erinnern, und selten bekommt er sie mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung. Niemals scheut er sich, seinen Finger in offene Wunden zu legen, weder bei sich selbst noch bei anderen. Er interessiert sich für die Machtverhältnisse und liebt es, Kontrolle über die Macht oder wenigstens über diejenigen zu haben, die an ihren Schalthebeln sitzen. »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser«, ist seine Devise, bei der es ganz direkt um Macht und ihre Ausübung geht und nicht etwa um Ordnung wie beim Jungfrau-Merkurprinzip.
Ein Plutoniker will Grenzen überschreiten und Tabus brechen, und mit der ihm eigenen enormen Selbstdisziplin wird ihm dies öfter als anderen gelingen. Krisen und Katastrophen sind seine Themen, und oft hat er von Kindheit an Erfahrung damit und kann sich daher in solchen Situationen kompromisslos entscheiden und entschieden umkehren. So wird das Plutoprinzip immer wichtiger für uns werden, und wir sind geradezu auf seine großen Leistungen angewiesen. Fast alle sind besessen von Reichtum und Macht, und Pluto, der Reiche, ist beider Herr, was uns nicht besser auf ihn zu sprechen macht.
Das Material dieses Lebensprinzips ist – nomen est omen – das Plutonium, mit dem wir heute Atomkraftwerke »heizen« und entsprechende Bomben bauen. Typischerweise entsteht es als Abfall in Atomkraftwerken und kann so unter dem Vorwand der Energieversorgung von allen möglichen Potentaten relativ leicht angereichert werden. Es ist ein künstliches, von Menschen geschaffenes Element, sicher das Gefährlichste auf Erden und wahrscheinlich überhaupt der gefährlichste Stoff, obendrein hochstrahlend und krebsauslösend. Es kann leicht in dünnwandigen Bleigefäßen – zum Beispiel von Terroristen, den modernen Kamikaze – transportiert werden und entsteht nicht nur beim radioaktiven, sondern auch in gewisser Weise beim Zerfall großer Reiche wie der Sowjetunion oder wenn politische oder religiöse Fanatiker ihr Heil im Schrecken suchen.
Sein Metall ist Platin, das mattgrau getönte teuerste Material, das wir kennen. Pluto ist passend dazu der Name des reichsten unter den Göttern, und als Herr der Bodenschätze besitzt er neben den edlen Metallen und Steinen auch das flüssige schwarze Gold des Erdöls, von dem die moderne Welt so besessen ist.
Die Farben dieses Lebensprinzips der extremen Gegensätze sind Schwarz-Weiß und Rot-Schwarz als Farbe der Anarchie.
Erfüllende Berufe in diesem Einflussbereich dürfen ruhig große Herausforderungen in sich tragen. Ein Stuntman, der täglich sein Leben riskiert, ist damit durchaus auf plutonischem Weg, obwohl die Verrücktheiten, die er leistet, eher uranisch sind. Alle tiefschürfenden Beschäftigungen sind bei Pluto angemessen wie vor allem Schatten-Psycho-Therapeut, aber auch Kriminalkommissar bei der Mordkommission, Agent im Kalten Krieg, Mitglied einer Spezialeinheit, die hinter den feindlichen Linien agiert, oder verdeckter Ermittler, Undercoveragent. Im medizinischen Bereich sind es die Radio-, Sexo-, Uro- und Gynäkologen, mit einer Spezialisierung im operativen Bereich, bei dem es vornehmlich um Krebs geht. Aber auch Chemiker, Pharmazeuten und Apotheker, die in erlöster Form die Aufgaben der alten Giftmischer übernehmen, sind hier anzutreffen.
Alles, was mit Recycling und Abfallverarbeitung und -beseitigung zu tun hat, auch mit der Kanalisation, ist dem plutonischen Reich zuzuordnen. Tiefbauingenieure und Höhlenforscher sowie alle Spezialisten, die im Untergrund wühlen und etwa nach Erdöl bohren oder Uran abbauen, zählen ebenso zum Plutoprinzip wie Mechaniker, Schlosser, Dreher oder Schweißer.
Weiterhin sind hier die Leichenwäscher und Totengräber zu nennen, denen der Tod als Alltag statt als Grauen erscheint. Hinzukommen auch die Arbeiter in den modernen Tierfabriken der Massentierhaltung, wo quälen und schlachten zum Geschäft gehört und Sadismus und Perversionen eher die Regel sind. Gefängniswärter im Todestrakt, Scharfrichter und Söldner – und natürlich fundamentalistische Theologen –, sie alle agieren im Rahmen des Plutoprinzips.
Das plutonische Beziehungsverhalten könnte ein weiterer Grund für die relative Unbeliebtheit dieses Prinzips sein, ist es doch durch eine extreme Anspruchshaltung gekennzeichnet. »Alles oder nichts«, diese Devise gilt auch im Privaten. Man ist besessen vom Partner und würde ihn am liebsten mit Haut und Haar verschlingen. Ein von diesem Lebensprinzip Geprägter will tatsächlich die Seele des Partners besitzen und den Körper sowieso, was zu extremer Eifersucht führen kann. Bob Dylan scheint solch eine Erfahrung mit einem plutonischen Wesen gemacht zu haben: »I gave her my heart but she wanted my soul«, klagt er in einem seiner Songs.
Das Empfinden ist bei Pluto an bestimmte Vorstellungen gebunden. So hat der Partner genau diesen Konzepten zu entsprechen und extremen Ansprüchen zu genügen. Ein Plutoniker hat größte Sehnsucht und zugleich größte Angst vor totaler Verschmelzung. Er muss alles vom anderen wissen, lässt sich selbst aber nicht gern in die Karten, geschweige denn in die Seele schauen. Beim anderen aber diagnostiziert, ja seziert er jeden Makel und Fehler sofort und schonungslos. Als gnadenloser Controller oder drangsalierender Militärausbilder kann er zur Pest werden.
Bei der Kleidung kommt Leder als Haut anderer in Frage, zum Beispiel der enge schwarze Lederrock über Netzstrümpfen zu einer weit ausgeschnittenen, vorzugsweise roten oder weißen Bluse. Ein ärmelloses T-Shirt oder Netzunterhemd, das mehr zeigt als verbirgt, würde auch passen. Oder man trägt hinten tiefergelegte Earth-Boots im Sinne von Kleidung aus Prinzip, was auch ein Zeichen für streng eingehaltenen Purismus sein kann. Pluto ist generell betrachtet ein eher modefeindliches Prinzip nach dem Motto: »Es gibt schließlich Wichtigeres!«
Typische Adjektive sind leidenschaftlich, tiefgründig, transformierend, emotional, selbstbeherrscht bis zur Gefühlskontrolle, verschwiegen, treu bis in den Tod, beharrend, prinzipientreu, idealistisch, aufopferungsvoll, aber auch gefühlskontrolliert, vorstellungsfixiert, perfektionistisch bis zwanghaft. Hier ist man hart im Nehmen, aber auch im Austeilen, und dabei doch selbst empfindsam, sogar sensitiv, feinfühlig und verletzlich. Alles hat hier die Tendenz ins Intensive, Extreme und Drastische.
Ein plutonischer Mensch kann auch sehr eindringlich, besitzergreifend, triebgesteuert, konfrontativ und verschlingend werden. Er ist oft grüblerisch, angespannt, ideologisch unduldsam bis dogmatisch, neidisch und nachtragend bis rachsüchtig. Hinzu kommen Uneinsichtigkeit, Engstirnigkeit und Neid. Mit Eigenschaften wie kontrollierend bis kontrollsüchtig, zynisch bis sarkastisch macht er sich nicht beliebter. Intolerant, sektiererisch, dogmatisch, fanatisch und zerstörerisch erscheint Pluto in seinen unerlösten Seiten wirklich gefährlich, wobei natürlich auch das Erlösende zu diesem Lebensprinzip gehört. Danach ist die Sehnsucht groß, aber wir haben noch wenig Erfahrung mit der Erlösung Plutos und doch so einen immensen Bedarf daran.
Die plutonische Zeit im Jahr ist der späte Herbst des Novembers, wenn das Sterben in der Natur seinen Höhepunkt hat und wir die Totenfeiertage und jedenfalls plutonische Feste feiern wie Allerheiligen, Allerseelen, Totensonntag oder Buß- und Bettag und auch Halloween. Es sind Zeiten des Loslassens und Abschiednehmens, außerdem Zeiten der Krise und der dazugehörigen Entscheidung (griechisch crisis = Entscheidung) wie auch der Katastrophen (griechisch he katastrophé = Umkehr).
Da wir vor dem Werden das Sterben so deutlich erleben müssen, tun wir uns mit diesem wichtigen Prinzip oft so schwer. Der Frühling lässt im November noch lange auf sich warten, aber es ist sein Versprechen auf Wiederkehr, das auch den Abschied im Spätherbst schön und jedenfalls wichtig erscheinen lässt. Wie sehr wir Plutozeiten zu wirklicher Ein- und Umkehr nutzen, entscheidet darüber, wie wir mit seinen Aufgaben zurechtkommen und ob wir mit ihnen fertigwerden. Wer zu radikalen Umkehrschritten und Wegkorrekturen bereit ist und Loslassen gelernt hat, wird wenig Probleme mit diesem anspruchsvollen Prinzip haben. Die Spezialisten der Systemkosmetik dagegen, die sich auf die Oberfläche des Lebens fixieren, werden mit dem Plutoprinzip mehr als ihre liebe Not haben, denn lieb ist es einfach gar nicht. So wie es auf den Tageslauf bezogen die dunkelste Nacht beherrscht, im Jahr das dunkle Ende, im Körper die dunkelste Region, im Entwicklungskreis das achte Feld, beansprucht es auch im Leben zum Schluss seine Zeit. Es sind die radikalen Fragen, die eben alles in Frage stellen und keine Tabus mehr kennen, die dann angesagt sind.
Bei den Krankheitsthemen ist alles Autoaggressive zu erwähnen – von MS über Selbstmordgedanken bis zur Selbstzerstörung in der letzten Krebsphase. Alle Geschlechtskrankheiten und die Erkrankungen der Geschlechtsorgane wie etwa die Prostatitis gehören zu Pluto sowie die Krankheitsbilder der Ausscheidungsorgane, zum Beispiel der Dick- und Enddarmkrebs als zweithäufigste Krebsart bei uns oder die Colitis ulcerosa, der Bürgerkrieg im eigenen Totenreich, der Blut und Wasser schwitzen lässt. Die Erbkrankheiten sind ebenfalls hier anzutreffen, auch verunstaltende Missbildungen im Sinne des Glöckners von Notre-Dame. Nekrosen, die mitten im Leben Gewebe absterben lassen, sind typisch für Pluto wie alles, was zu Amputationen führt, etwa die Gangrän (Brand), das Absterben ganzer Glieder.
Dem Plutoprinzip entspricht, was aus dem dunklen Pol der Wirklichkeit und der gesellschaftlichen und körperlichen Unterwelt kommt wie Aids. Letztlich sind alle viralen Entzündungen plutonisch, da Viren auf heimtückische Art ihr Erbgut in das überfallener Zellen schmuggeln, um anschließend vom Organismus selbst Viren produzieren zu lassen. Selbstverständlich bleibt die Entzündung an sich beim Marsprinzip beheimatet.
Die Wurmerkrankungen, die so überdeutlich zeigen, wenn irgendwo der Wurm drinnen ist, sind ebenfalls plutonischer Natur wie auch die um sich greifenden Pilzerkrankungen, schon weil Pilze im Kleinen wie im Großen vor allem auf absterbendem Material wurzeln. Zu Pluto zu rechnen sind auch Warzen, die als Zeichen aus der Unterwelt sich auch am besten mit deren magischen Waffen schlagen lassen.
Die enorme Weite dieses Krankheitsspektrums und die Bedrohlichkeit der angesprochenen Krankheitsbilder sind ein deutlicher Hinweis, wie wenig wir mit dem Plutoprinzip umzugehen vermögen.
Das Denken im Plutoreich ist scharfsinnig, forschend, tiefschürfend und tiefbohrend bis zersetzend und respektiert weder Grenzen noch Tabus. Bestenfalls wird es von Leitbildern und Leitvorstellungen geprägt. Meist ist es jedoch auf bestimmte Ideen fixiert und wird von Gedankenmodellen beeinflusst, die der Wirklichkeit oft nicht angemessen sind.
Das Fühlen ist leidenschaftlich und triebhaft, vereinnahmend bis eifersüchtig, nachtragend bis rachsüchtig.
Plutonisches Handeln ist energisch und oft ohne Rücksicht auf Verluste – eigene wie fremde. Unter dem Plutoprinzip kann ein Mensch brutal werden und bis zur Selbstvernichtung gehen, aber auch getragen sein vom hohen Anspruch und Ehrenkodex der Samurai. Ihr Kampf ist marsisch, ihre Philosophie plutonisch. Der Sieg über sich selbst beziehungsweise über das eigene Ego ist ihnen der wichtigste. Der Tod ist ihnen ständig im Bewusstsein und verliert allen Schrecken; er ist ein Ausweg und wird in besonders extremen Situationen sogar rituell gesucht. So ist Harakiri eine rituelle Selbsttötung, die nach strengen Regeln abläuft. In sitzender Meditationshaltung wird der spezielle Dolch tief unten in den Bauch gerammt, um ihn dann bis zum Hara, der körperlichen Mitte, hochzuziehen. Bevor der fallende Körper den Boden berührt, schlägt ein Vertrauter oder Sekundant mit dem Schwert den Kopf ab. So etwas ist nur aus der plutonischen Tradition Japans heraus zu verstehen. Der Film Der letzte Samurai vermittelt immerhin einen Eindruck von dieser plutonischen Lebensart.
Das Wappentier Plutos ist der Skorpion, der schon seit alters einen ebenso ambivalenten Ruf wie das Tierkreiszeichen hat. Sein Symbol ist aus der Sterbe-Rune entstanden. Diesem M wurde noch der skorpionische Stachel angehängt.
Mythologisch steht der Skorpion gleichermaßen für Tod und Auferstehung. Im Judentum galt er als Symbol für Tod und Gift, obwohl sein Stich zwar schmerzhaft und quälend, nur in seltenen Fällen tödlich ist. In der Bibel verkörpert der Skorpion Tod und Teufel, das Böse und die Strafe Gottes. Im alten Ägypten bedeutete der Skorpion das Zerstörerische und wurde gefürchtet, aber auch – im Sinne der Polarität – als heilig verehrt.
Der Skorpion ist ein Spinnentier und soll als einziges Tier aus dem weiten Reich der Zoologie Selbstmord kennen. In aussichtslosen Situationen kann er seinen am Ende des dreizehnten Gliedes sitzenden Giftstachel auch gegen sich selbst richten und sein Schicksal wenden. Er flieht das Tageslicht und verbirgt sich in Höhlen und Spalten, um nachts zu jagen. Normalerweise fängt und zerdrückt er seine Beute mit seinen beiden Scheren, und nur wenn sie sich wehrt, wird sie mittels Stachel und Gift gelähmt und getötet. Seine Kinder trägt der Skorpion lange auf dem Rücken herum und hat damit auch einen Aspekt von Overprotection, wie wir ihn vom ersten Wasserzeichen Krebs und dem Mondprinzip kennen. Wo eine Überbehütung das Leben wirklich lähmt, bekommt sie allerdings plutonische Züge.
1. Auf der untersten Stufe begegnen uns das Grauen und die größten Abscheulichkeiten. Es ist eine Destruktivität, die Lust bei der Zerstörung von anderen, aber auch sich selbst empfindet, ein Sadismus als Freude an Schmerzzufügung und Gewalt. Hier finden wir selbstzerstörerische Sucht, die zum Beispiel über Heroin und die darauffolgende Beschaffungskriminalität zu Gewalt und von dort ins Gefängnis oder auf den Strich und/oder über eine Aidsinfektion zum frühen Tod führt.
Besessenheit im psychiatrischen Sinne oder im religiösen als Teufelsbesessenheit, die bis heute im katholischen Italien mit Exorzismus behandelt wird, in den meisten Teilen der Welt mit schamanistischen Austreibungsritualen, ist ein weiteres typisches Merkmal. Hier wird auch die plutonische Nähe der Gegensätze deutlich, trifft doch Teufelsbesessenheit praktisch immer nur religiöse Eiferer, extreme Puritaner und bigotte Scheinheilige. Das Dunkle bricht als Ausgleich extremer (Schein-)Heiligkeit in das einseitig »gute« Leben. Ein historisches Beispiel ist die Inquisition, bei der die Kombination von Eigenblindheit, Projektion, Denunziation, Gier, religiösem Machtmissbrauch und sexuellem Sadismus zum Foltertod von wahrscheinlich Millionen überwiegend Frauen führte.
Weiterhin sind Selbsthass und Hass bis zu Rache und Blutrache über Generationen hinweg das Thema, auch sadistische Misshandlung, sexueller Missbrauch und Machtmissbrauch. Unerbittlichen Fanatismus erkennen wir ebenfalls bei Pluto, etwa in den Blutorgien unter Robespierre und Danton in der Französischen Revolution, die anschließend ihre eigenen Mörder-Kinder verschlang. (Arche-) typischerweise waren die Ideale der französischen Revolutionäre so hoch, dass die Menschen ihnen einfach nicht entsprechen konnten. Also wurden die Menschen zum Ideal gezwungen oder umgebracht. Dem Plutoprinzip ist die Idealvorstellung vom Menschen wichtiger als dieser selbst. Wenn jemand sich mit Gewalt nicht zurechtbiegen lässt, kann die Gewalt ihn verschlingen, weil dem Plutoniker das Ziel jedes Mittel heiligt. Die Jakobiner demonstrierten dies in schrecklich plutonischer Weise mittels ihrer plutonischen Enthauptungsmaschine, der Guillotine, wo das Fallbeil gleichsam aus dem Himmel fiel und die Köpfe zu Boden rollen ließ, zum Schluss auch ihre eigenen.
Beim Holocaust kam es in gewisser Weise zu einer Neuauflage dieses Grauens, weil schon aus der Inquisition nichts gelernt wurde. Bis auf eine matte Entschuldigung von Papst Johannes Paul II. verweigert die katholische Kirche nach wie vor die notwendige »Schattenarbeit«, sich der eigenen Vergangenheit zu stellen, und enthält sich und ihren Anhängern damit die Chance auf Metamorphose und Metanoia vor. Deutschland bewältigte und verarbeitete nach 1945 den plutonischen Schatten des Holocaust deutlich besser, aber bei weitem nicht ausreichend im plutonischen Sinne, schon weil die Mechanismen von Polarität und Schatten gar nicht bekannt genug waren.
2. Die nächste Stufe konfrontiert mit Machtmissbrauch in Familie und Politik und einer Übergriffigkeit, die allerdings nicht mehr die offene Brutalität der untersten Stufe zeigt. Wo Kinder, Frauen und Untergebene missbraucht werden, herrscht meist das schreckliche Schweigen des Tabus. In der »Nach-mir-die-Sintflut«-Haltung, die etwa unseren Umgang mit Atomkraft und Gentechnologie bestimmt, wird dieser Machtmissbrauch politisch deutlich. Selbst die Befürworter von Atomreaktoren wissen, dass es hier lediglich um Geld geht, aber sie rationalisieren es geschickt und riskieren die Gesundheit kommender Generationen und der Erde.
Projektion hat auf dieser Ebene die Qualität einer Sucht. Ihr Stachel wird dabei ausschließlich auf andere gerichtet, die an allem schuld sein sollen.
Missbrauch von Wissen und eine gewisse Hinterhältigkeit sind heute geradezu modern, auf der primitivsten Ebene ist dies bei der Volksseuche des Mobbing zu beobachten. Dabei werden andere erniedrigt, um sich selbst zu erhöhen.
Der materielle Schmarotzer, der sich wie ein Kuckuck durchfüttern lässt, ist ebenfalls auf dieser unerlösten plutonischen Ebene anzutreffen, auch der seelische Vampir, der andere bewusst aussaugt und ausnutzt, der Hörigkeiten schafft und mit Sarkasmus darauf reagiert. Menschen, die Okkultismus um der Macht willen betreiben und zu unerlösten Magiern und Pseudogurus werden und Sekten zum eigenen Vorteil betreiben, gehören auf diese Stufe. In der Regel werden sie am Ende selbst von den Ausgeburten ihres unentwickelten oder zurückgefallenen Geistes verschlungen und gehen selbstzerstörerisch – häufig unter Mitnahme ihrer Anhänger – unter. Ein Beispiel ist der Massenselbstmord von Jonestown, als sich in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts Hunderte selbst vergifteten und ihrem wahnsinnigen Guru in den Gift-Tod folgten.
Auf dieser Stufe ist auch das Märtyrertum im Sinne des islamischen Fundamentalismus zu sehen, wenn machtbesessene Mullahs verzweifelten jungen Leuten ohne Hoffnung und Perspektive religiöse Pseudoperspektiven bieten.
3. Die dritte Ebene steht für bewusste Manipulation und Ausbeutung in subtileren Bereichen, wie sie etwa durch falsche Versprechungen und eine Werbung geschieht, die sich immer mehr als Lüge erweist. Wer aus Egoismus und Gier etwa Nahrung und Medikamente bewirbt, die krank und schwach, fett und hilflos machen, ist auf diesem fatalen Weg – und das betrifft große Teile der modernen Lebensmittel- und Pharmakonzerne, aber auch alle, die das bewerben, vertreten oder in irgendeiner Form unter die Leute bringen. Die Manipulation ist dabei durchaus bewusst, die Folgen werden geflissentlich übergangen.
Wir finden auf dieser Stufe Machtkämpfe, wie sie in der Businesswelt üblich sind und die mit immer härteren Bandagen ausgetragen werden. Die Schläge landen dabei öfter und zynischer unter der Gürtellinie. Fixierung auf die eigene Position, Prinzipienreiterei und Perfektionismus bis zur Zwanghaftigkeit bestimmen dieses Feld. Hier werden Abhängigkeiten bewusst geschaffen oder schweigend in Kauf genommen.
Jene leidenschaftliche Eifersucht, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft, beherrscht das seelische (Schlacht-)Feld. Sexuelle Exzesse auf Kosten anderer, Ausbeutung und Hörigkeit, wenn Hingabe in Abhängigkeit umschlägt, sind hier anzutreffen. Allerdings ist all das auf dieser Stufe meist schon mit der Ahnung verbunden, dass es auch anders gehen müsste. Wobei das polare Spiel von Sadismus und Masochismus, sofern es nicht un- oder halbbewusst auf geistig-seelischer, sondern bewusst auf körperlicher Ebene durchlebt wird, durchaus von beiden Seiten genossen werden kann.
Die Proj ektion wird hier noch fleißig betrieben, wenn auch mehr als Ausweg, mit schlechtem Gewissen nach dem Motto: »Das werde ich büßen müssen.« Die Büßerrolle ist dem Plutoprinzip sowieso nahe. Hier fällt es nicht leicht, es sich gut gehen zu lassen, sondern man muss für alles leiden.
4. Die vierte Stufe bringt die Leidenschaft auf weniger leidvolle Ebenen. Aber immer noch bestimmen Extreme das Leben – Exzess oder Askese, das Entweder-Oder und werden mit (arche-)typisch plutonischem Absolutheitsanspruch verbunden.
Das Märtyrertum der japanischen Kamikaze-Flieger, die sich als »göttlicher Wind« auf die Feinde von Reich und Kaiser stürzten und ihr Leben sehr bewusst und meist wohl auch reinen Herzens hingaben – nachdem sie Abschied genommen, ihre Beerdigung im Familienkreis gefeiert und ihr Totenhemd angelegt hatten –, ist aus Sicht dieser Soldaten hier einzuordnen. Entsprechendes gilt wohl auch für viele der islamischen Selbstmordattentäter, die als aufgehetzte, fehlgeleitete und letztlich missbrauchte junge Menschen in ihrem Herzen wirklich an ihre Mission glauben, so schrecklich diese auch ist. Diejenigen, die diesen Missbrauch betreiben und andere für ihre machtpolitischen Zwecke instrumentalisieren, gehören auf die erwähnte niedrige dritte Stufe, also die japanischen Faschisten von damals und die fanatischen Mullahs von heute.
Auf dieser vierten Ebene kann Projektion, und vor allem ihre bewusste Rücknahme, bereits als Chance der Selbsterkenntnis genutzt werden. Damit beginnt bewusste Schattenarbeit. Die enorme plutonische Regenerationskraft kommt jetzt Prozessen radikaler Mauserung zugute. So ist die weltweit erfolgreichste Suchttherapie entstanden: die Anonymen Alkoholiker.
5. Die fünfte Ebene verwirklicht die Wandlungsfähigkeit und damit Hauptaufgabe des Plutoprinzips. Die von ihm vermittelte Fähigkeit, sich auf tiefste Tiefen mutig und ohne Rücksicht auf eigene Ängste und Bedenken einzulassen, wird dafür genutzt. Hier ist das bewusste »Ausziehen, um das Fürchten zu lernen«, anzusiedeln, das wir aus den Märchen kennen, das aber bis heute in jungen Jahren gelebt werden will.
Mit einer im Kreis der Lebensprinzipien einmaligen und totalen Verbindlichkeit kann sich der plutonisch geprägte Mensch einer Sache oder Aufgabe ganz und gar verschreiben. Hier wird die Schattenarbeit zur großen Chance des Lebens. Der Mensch traut sich, diese elementare Kraft der Seele wahrzunehmen. Metanoia als tiefste Reue, Metamorphose als völlige Wandlung und ein Gesinnungswandel bis an die Grundfesten der Persönlichkeit sind hier möglich. Ehrliche Schattenkonfrontation und Selbstüberwindung können Transformationsprozesse einleiten, die zu radikaler Umkehr führen und Stirb-und-werde-Vorgänge zu bewusstem täglichem Erleben machen. Ein Beispiel dafür ist das Märtyrertum der frühen Christen, die lieber für ihren Glauben bewusst in den Tod gingen, als ihm abzuschwören, und die selbst noch in römischen Arenen im Angesicht hungriger Raubtiere daran festhielten. Anders verhielt sich ihr Anführer Petrus, der bereits in der ersten Nacht seinen Herrn dreimal verleugnete.
Rom, die Stadt vieler Exzesse der Christenverfolgung, wurde – im Sinne der Polarität auf stimmige Weise – zur späteren Welthauptstadt des Christentums. Allerdings hatte man wenig gelernt und ging in den Kreuzzügen mit den Muslimen um, wie die Römer mit den Christen umgegangen waren und später mit den Juden weit schlimmer als diese je mit Christen.
Auch Martin Luther, ein typischer Skorpion, gehört auf diese Ebene mit seinem berühmten Bekenntnis: »Hier stehe ich und kann nicht anders.« Diese ebenso intensive und obsessive Fixierung auf seine Idee und Vorstellung von Kirche erforderte viel Mut, und er riskierte damit sein Leben. Aber seine Idee, seine Vision, war viel stärker als die Angst um seine Ordenskarriere oder sogar sein Leben. Dieses märtyrerhafte Bekennen um jeden Preis weist schon auf die nächste Ebene.
6. Hier finden wir bedingungs- und bedenkenlosen Einsatz für eine Sache oder eine Idee, was es leichter macht, über sich selbst hinauszuwachsen. Auf dieser Stufe kommen Idealismus und Opferbereitschaft zusammen. Die Erkenntnis, dass immer wieder Abschied zu nehmen und loszulassen ist, damit Neues gedeihen kann, ist in Fleisch und Blut übergegangen. Die tiefe existenzielle Reue des Saulus, der als Wiedergutmachung zum Paulus wird, ist hier möglich, wie auch der Wandel des Playboys Francesco zum heiligen Franz von Assisi. Der innere Schweinehund ist mittels extremer Selbstdisziplin überwunden; seine Energie fließt bedingungslos in Entwicklung im Sinne der Bereitschaft, alles zu geben und zu tun. Diese Situation meint der Freimaurerspruch: »Wage alles für das Edle.« Das Leben wird zur Lotosblume, die sich aus der Kloake erhebt und wachsend den übelsten Schlamm in weiß strahlende Blütenblätter wandelt, von denen jeder Schmutz abperlt – Symbol der Erleuchtung.
7. Die letzte Ebene ermöglicht Selbstverwirklichung in der Selbstaufgabe. Die Polarität hat sich in vollkommener Gegensatzvereinigung aufgelöst. Das eigene Leben ist zurückgetreten zugunsten eines selbstlosen Lebens als Ritual, das sich der Entwicklung des Ganzen widmet und aufopfert.
Neben dem Skorpion ist die Schlange typisch plutonisch. Mit ihrer Häutung als Symbol der Metamorphose war sie bereits aufgefallen; in ihrer Bewegung betreibt sie Gegensatzvereinigung, wenn sie sich von einem Pol in den anderen schlängelt, um vorwärtszukommen. Sie verschlingt ihre Beute lebendig und im Ganzen und zerdrückt und zerquetscht oder vergiftet sie vor dem Verschlingen. Trotz dieses rabiaten Umgangs mit ihren Opfern ist sie ein äußerst sensibles Wesen und vor allem im Häutungsprozess auch extrem empfindlich und verletzlich.
Mythologisch soll sie ihre Opfer auch hypnotisieren können wie die Schlange Kaa im Dschungelbuch, und natürlich spricht sie mit gespaltener Zunge. Auf diese Art wird sie – jedenfalls im christlichen Kulturbereich – zum Symbol von Verführung und Lüge. Mit der Schlange wird Eva bei der Vertreibung aus dem Paradies auch gedroht, sollten ihr und ihresgleichen doch die Schlangen nach der Ferse trachten. Entsprechend verbreitet sind Schlangenphobien in christlichen Landen, obwohl es etwa in Nordeuropa kaum giftige und schon gar keine gefährlichen gibt. Hier zeigt sich die tiefe Wirkung urprinzipieller Symbolik. Viele haben etwa in den deutschsprachigen Ländern vor Schlangen Angst, wenige vor Autos, obwohl die Gefährdungssituation gerade umgekehrt ist. Auch die Mode der Stöckelschuhe oder High Heels ist im christlichen Raum entstanden, wo die Schlangengefahr rein symbolisch ist, aber wo von Eva und ihren Töchtern doch einiges an Unannehmlichkeit bis Leid in Kauf genommen wird, um die Ferse aus der Gefahrenzone zu bringen.
Im vorchristlichen Europa galt und in Indien gilt die Schlange bis heute als heilig und weise und wird in Tempeln verehrt wie auch bei der Schlangenbeschwörung. Im antiken Griechenland war sie das Symbol der Ärzte und wand sich als Äskulapnatter um einen Stab, der die Wirbelsäule symbolisiert, so wie in der christlichen Mythologie um den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse, also der Polarität. Sie macht die Aufgabe des Menschen beziehungsweise seiner Seele deutlich, nämlich aufzusteigen und das Untere nach oben zu bringen. In der hermetischen Philosophie schlängeln sich beim Caduceus oder Merlin-Stab zwei heilige Schlangen um die Mitte. Hier verbinden sich Aspekte von Hermes-Merkur und Pluto.
In Indien ist die Schlange das Symbol der Kundalini- oder Energieschlange, die entlang der Wirbelsäule und damit der Chakras aufsteigt – vom untersten Chakra Muladhara, wo sie bei unentwickelten Menschen, wie denen der ersten Ebene, in dreieinhalb Windungen aufgerollt ruht, bis zum obersten Chakra Sahasrara – und den Entwicklungsweg des Menschen abbildet. Die sieben Chakras entsprechen wie erwähnt den sieben Sprossen der alttestamentarischen Jakobsleiter, denn auf anatomischen, physiologischen und energetischen Ebenen gleichen sich natürlich die Menschen aller Kulturen. Beim Buddha, dem in allen Chakras Erwachten und auf allen Stufen Verwirklichten, überragt die Kundalini oft in künstlerischen Darstellungen als Königskobra den Kopf.
In Bali werden die Schlangen des Meeres im Tempel Tanah Lot verehrt. Vor dem Tempel kann man mit großen Pythons, meterlangen Würgeschlangen, spielen und sich fotografieren lassen. Hier kann man gut sehen, wie groß der Respekt vor Schlangen bei den Balinesen ist, die noch völlig eingebunden in ihren religiösen Rahmen leben. Deutlich größer ist die Angst vor Schlangen bei Christen, die mehrheitlich losgelöst von ihrem Glauben leben und trotzdem die negative christliche Schlangensymbolik in ihrer Seele lebendig erhalten.
Die Schlange ist auch das Symbol der Ewigkeit, wenn sie sich als Uroboros in den eigenen Schwanz beißt. Außerdem zeigt sie uns die Chance, das Gift zu erlösen und in ein Geschenk der Entwicklung und Gesundung zu verwandeln. Gift heißt im Englischen Geschenk; wir stellen heute sogar Heilmittel aus Schlangengiften her. Hier ist auch an die Mitgift zu denken; Gabe und Gift kommen beide etymologisch von Arzneigabe und Giftgabe. Die Dosis macht bekanntlich das Gift.
Lachesis muta, das Gift der Buschmeisterschlange und ein großes Mittel der Homöopathie, zeigt einiges vom Plutoprinzip. Es wird gegeben bei typischer Hochspannung und Überdruck, bei dem Wunsch, alles zu kontrollieren, ohne sich je selbst kontrollieren zu lassen, und der Tendenz zur Besserung durch Ausscheidungen bis hin zum vielen Reden, der Logorrhoe, dem Wortdurchfall oder Rededrang, den Willibald Gawlik hier diagnostizierte.
Um die Schlangenangst zu erlösen und sich ein gutes Stück mit Pluto auszusöhnen, müsste man sich mit dem Thema Verführung und der Neigung, zu verschlingen, zu erdrücken und zu vergiften, aussöhnen. Wer die Verführerin in sich akzeptiert und außen lebt, leidet nicht unter Schlangenangst. Man hat sie nur, wenn die uneingestandenen inneren Tendenzen auf äußere Schlangen projiziert werden, die Neigungen etwa, andere mit Liebe zu erdrücken, sie mit Haut und Haar zu verschlingen, um sie ganz zu besitzen, oder ihr Leben in kleinen Dosen und mit gezielten Injektionen zu vergiften, um sie gefügiger zu machen.
Die Spinne ist ein zoologisch sehr erfolgreiches, aber aufgrund ihres plutonischen Wesens wenig beliebtes Tier. Wenn das Weibchen gleich nach dem Geschlechtsakt »ihr« Männchen verspeist, wird sie rasch zur schwarzen Witwe. All das ist bio-logisch sinnvoll, wenn auch nicht jedermanns Sache. Wenn die Spinne als Fallenstellerin ihre unsichtbaren Netze in Übergangsbereichen wie Fenster- und Türrahmen verankert, wo es ihre Opfer nicht vermuten, ist das sehr geschickt und erfolgversprechend. Und wenn sie jeden offenen Kampf vermeidet und versteckt im Hinterhalt lauert, bis sich ihre Beute in den klebrigen Fäden ihres Netzes ausgetobt hat, ist das kräftesparend und empfehlenswert. Auch das Opfer anschließend lebendig und folglich schön frisch in einen Kokon einzuspinnen und in die im Schatten gelegene »Speisekammer« zu hängen, um es bei Bedarf und lebendigem Leibe auszusaugen, hat sich bestimmt bewährt.
All dies geht vor allem vielen Frauen in dieser Deutlichkeit viel zu weit. Jedenfalls all denen, die Angst vor Spinnen haben, weil sie in ihrem Wesen zu ähnlichen Eigenschaften partout nicht stehen können. Wer sich also mit Spinnen und den von ihnen verkörperten plutonischen Aspekten aussöhnen will, müsste auf die Suche nach seiner Lust zum Fallenstellen gehen, zur Planung von Hinterhalten bis zur Hinterhältigkeit, könnte seine feigen, aber erfolgreichen Strategien durchleuchten, Feinde kaltzustellen beziehungsweise hängenzulassen, Leute einzuwickeln und in Netze zu verwickeln, und vor allem auch die Tendenz hinterfragen, andere auszusaugen. Mit all dem ausgesöhnt und vielleicht sogar schon auf höhere Ebenen gehoben, kann es kein Problem mehr sein, harmlose Spinnen im Haus aufzugreifen, wenn andere sich gestört fühlen, und sie draußen sanft zu deponieren. Die Spinne wird sich zu einer Kugel einrollen und nicht einmal die Handfläche kitzeln.
Natürlich mögen uns die Netze der Spinnen auch an die Fäden des Schicksals erinnern, die von den drei Nornen gesponnen werden, und auch dies könnte für viele eine besondere Aufforderung zur Aussöhnung sein. Mahatma Gandhi hat das Spinnrad zum Symbol und Mandala des indischen Freiheitskampfes gemacht, der sich für Indien zu einem Glück auswuchs. Wer sich im Schicksal geborgen weiß und bei den entsprechenden Göttinnen gut aufgehoben, kann Spinnennetze, in denen sich etwa Tautropfen wie Perlen spiegeln, als Geschenk der Natur genießen.
Zecken, früher als harmlose, kleine Blutsauger ignoriert, sind inzwischen zu einer Plage und Art Rache der Natur erklärt worden. Diese Vampire sind Überträger von Gehirnhautentzündung und vor allem Borreliose. Krankheitsbilder wie die Lyme-Borreliose können mit schrecklichen Ausfällen in allen möglichen Bereichen einhergehen, mit Lähmungen und MS-ähnlichen Symptomen. In Österreich hat die Impfindustrie eine regelrechte Zeckenphobie ausgelöst – mit riesigen Plakaten, von denen Monsterzecken drohen. Sie vergisst geflissentlich zu erwähnen, dass eine Impfung vor Borreliose überhaupt nicht schützt und auch bei der Gehirnhautentzündung – bei Abwägung von Vor- und Nachteilen – durchaus problematisch bleibt. Plutonisch ist auch, dass es keine sicher wirksame Therapie gibt. Es wird die Hyperthermie in Erwägung gezogen, da Borrelien bei 42 bis 50 Grad Celsius absterben. Mit solcher Art vorgezogenem Fegefeuer oder künstlicher Feuerhölle sind die Behandlungschancen urprinzipiell jedenfalls nachvollziehbar.
Blutegel sind tatsächlich Vampire, die ordentlich Blut saugen, dabei aber auch wichtige Stoffe absondern und sozusagen Wertvolles im Austausch geben. Bei der Behandlung von Krampfadern sind sie wichtige Helfer; sie saugen sich fest und verbeißen sich zu unserem Vorteil in unser Fleisch. Voll vom fremden Lebenssaft lassen sie sich wieder abfallen. Typisch für die Schulmedizin, werden sie anschließend gleichsam als Dank in scharfe Lösungen geworfen, in denen die Tiere sich – plutonisch – auflösen. Setzt man sie dagegen in Teichen und Bächen aus, wird man zurechtgewiesen, sie könnten Hepatitis übertragen, wofür es jedoch nicht einen einzigen Beleg gibt.
Würmer spielen in der Medizin heute nur noch eine indirekte Rolle. Sie könnten uns anzeigen, wo der Wurm drin ist, doch sie kommen kaum noch vor. Moderne Hygienemaßnahmen haben ihnen den Garaus gemacht. Aber wir wissen heute, dass es dort fast keine Allergien gibt, wo Würmer drinnen sind. So gibt es tatsächlich schon – sündteure – Angebote von »Wurmeier-Kuren« zur Allergiebekämpfung. Der Vorgang, Wurmeier zu schlucken, um Würmer in sich wachsen zu lassen, hat jedenfalls etwas Plutonisches. Hier wird die Allergie mit ihren plutonischen selbstzerstörerischen Anteilen durch etwas mindestens genauso Plutonisches ersetzt.
Geier sind schon umgangssprachlich als Plutoniker kenntlich, wenn man ihre Art als Beispiel dafür heranzieht, wie sich jemand auf sein Opfer stürzt. Geier können manchmal kaum abwarten, bis die Beute gestorben ist, und beginnen oft schon sehr frühzeitig mit ihrem Mahl. Schon als Aasfresser sind sie uns nicht angenehm, doch wer andere bei lebendigem Leib verspeist, ist noch tiefer in jenem Plutobereich tätig, vor dem uns graut. Auch als Pleitegeier, die bedrohlich über Firmen und Gesellschaften kreisen, mag man sie nicht. Auf der anderen Seite sind Geier die einzige gut funktionierende Hygienepolizei in Indien und räumen wirklich nachhaltig auf. Sie helfen den Parsen und Tibetern bei der Bestattung der Leichen und zeigen sich auch in dieser Hinsicht als zutiefst plutonisch.
Fledermäuse sind gar keine Vampire; lediglich eine südamerikanische Art sucht blutsaugend Rinder heim. Aufgrund ihres entsprechenden mythologischen Rufs und als Nachttiere, die ihre Tage in dunklen Höhlen verbringen, sowie als Geschöpfe, die in Massen zusammenleben und mit Radar navigieren, gehören sie aber zum Plutoprinzip.
Echsen und Reptilien sind als direkte Nachfahren von Urtieren, die, auf dem Bauch kriechend und also an die Erde gefesselt, ihre Opfer im Ganzen und lebendig verschlingen, typisch plutonisch. Besonders deutlich wird dies am Krokodil, das über ein wirklich schrecklich chaotisches, aber äußerst gefährliches Gebiss verfügt. Es frisst tagelang nichts, um dann riesige Mengen auf einmal zu verschlingen. Außerdem neigt es dazu, seine Opfer zu verstümmeln und ist selbst nicht selten verstümmelt nach rücksichtslosen Auseinandersetzungen mit Artgenossen, die durchaus bis zu Kannibalismus gehen. Ein Krokodil verbeißt sich in sein Opfer, zerrt es unter Wasser und lässt es dort ertrinken. Manchmal legt es – der Spinne ähnlich – einen Vorrat an und klemmt seine Beute irgendwo in der Unter(wasser)welt ein. Es ist einerseits gefürchtet, andererseits als Handtasche und in Gürtelform beliebt, was im plutonischen Sinn immer noch ein Weiterleben in anderer Form ist.
Ratten sind als Kanalisationsbewohner und Indikatoren für den Verschmutzungsgrad von Städten unbeliebt und sogar gefürchtet. Je mehr Dreck, desto größer die Rattenpopulation. Dabei tun Ratten heute hierzulande keinem mehr etwas zuleide. Früher aber haben sie nicht nur die Pest übertragen mittels ihrer Flöhe, sondern auch geschwächte Menschen angefallen. Dass sich der Normalbürger vor ihnen ekelt, machte die Punks zu Rattenfans, und tatsächlich konnten sie damit anfangs bei vielen Leuten ein kurzes Grauen auslösen.
Die große Fruchtbarkeit der Ratten machte sie zu Lieblingen der Forscher. Wer sein Leben mit Ratten verbringen will, kann mit Tierversuchen und zum Beispiel Vivisektion, dem Zerschneiden lebender Tiere, ein in dieser Gesellschaft angesehenes Leben führen und seinen Sadismus in systematischer wissenschaftlicher Tierquälerei und sehr plutonisch ausleben. Seltsamerweise finden wir das weniger anrüchig, als wenn sich ein bekennender Sadist in der Nachfolge des Marquis de Sade einen Masochisten vom Gegenpol als Gespielen sucht und die beiden aneinander plutonische Lust auslassen.
Ratten leben aus Instinkten und sind uns diesbezüglich in einigem überlegen. Nicht umsonst heißt es: »Die Ratten verlassen das sinkende Schiff«, und zwar im letzten Hafen vor dem Untergang. Kluge Seeleute vergewisserten sich deshalb vor dem Anheuern, ob Ratten an Bord waren.
Abschließend sei hier noch der Kuckuck als Prototyp des Schmarotzers erwähnt. Als Plutonikerin und Extremistin legt das Weibchen ihr Ei vorsätzlich in ein fremdes Nest. Der Kuckuck nutzt dessen Besitzer aus menschlicher Sicht ebenso gnadenlos und hinterhältig wie unfair als Leihmutter, Amme und Babysitter aus, während er sich längst aus dem Staub gemacht hat und nur noch in der Gegend seinen lauten Ruf ertönen lässt. Der wiederum soll materielles Glück bringen, erinnert es doch daran, dass der Gott Pluto(n), der Reiche, in der Nähe ist.
Der geschlüpfte kleine Kuckuck ist vom selben (plutonischen) Schlag und bringt als Erstes seine Geschwister um, indem er sie einfach aus dem Nest wirft. Die ihren Instinkten verpflichteten Leiheltern ignorieren ihre über den Nestrand abgeschobene leibliche Brut und füttern nun das rasch größer und dicker werdende Kuckuckskind hingebungs- und aufopferungsvoll, das sie bald an Größe und Unverschämtheit weit übertrifft, vor allem bei Zaunkönigsleiheltern. Wenn seine Zeit gekommen ist, fliegt der junge Kuckuck auf Nimmerwiedersehen davon. Die plutonische Unart liegt ihm im Blut, und er wird es wieder genauso tun und ein extremes, rücksichtslos egoistisches, andere überforderndes und ausnutzendes Leben führen und dafür noch laut schreiend Werbung machen.
Die Blüte des Schlafmohns mit seinem graubläulichen Grün und dem Mandala seiner satt roten, in einen schwarzvioletten Grund mündenden Blütenblätter verwelkt rasch und drückt solcherart bereits das Stirb-und-werde-Prinzip aus. Die Fruchtknoten verströmen einen betörenden und betäubenden Duft. Die schöne Pflanze trägt in sich die Polarität, verlockend und gefährlich zugleich.
Das Opium der Mohnkapseln kann nicht nur Vögel, die davon kosten, berauschen, sondern natürlich auch Menschen auf entsprechende Reisen schicken, die dann nicht selten ihr restliches Leben auf ein Dasein in einschlägigen Opiumhöhlen beschränken. In der weiterverarbeiteten Form als Heroin ist es die süchtigmachendste Rauschdroge und Basis großer Drogenszenen der modernen Wohlstandsgesellschaft. Als Morphium – nach Morpheus, dem Gott des Schlafes – ist es jedoch ein Segen für Schmerzpatienten und deren mit Abstand beste Hilfe. Im Endstadium von Krebs hält Morphium besser als alle anderen Schmerzmittel das Sterben menschenwürdig. Im pragmatischen England nutzt man in Hospizen das sowieso polizeilich konfiszierte Heroin, um auf in jeder Hinsicht günstige Weise das Ende von Todkranken zu erleichtern. In Deutschland wird dagegen beschlagnahmtes Heroin aufwendig im Beisein eines Notars und höherer Polizeibeamte verbrannt und gleichzeitig bei Todkranken im Schlussstadium mit teurem Opium geknausert. Auch das ist plutonisch, aber auch makaber.
In der Homöopathie dient Opium potenziert zur Behandlung der Schlafsucht, bei Verstopfung als einer Gegenwehr gegen das Stirb-und-Werde, bei Gallenkoliken, die das Gift-und-Galle-Spucken ersetzen, und bei reaktionslosen Zuständen.
Bilsenkraut, speziell das schwarze Bilsenkraut oder die Schweinebohne (Hyoscyamus niger), war Grundstoff der Hexensalbe und eine seit alters her bekannte und gefürchtete Zauber-, Hexen- und Heilpflanze. Odysseus nahm Schweinebohne ein, um nicht wie seine Gefährten in ein Schwein verwandelt zu werden. Die Pythia, die sozusagen staatliche Hellseherin im Orakel von Delphi, soll vor der Trance den Rauch von verbranntem Bilsenkraut eingeatmet haben, um in hellsichtige Ekstase zu gelangen. Im Mittelalter galt es als dämonenabweisendes Räuchermittel. Schamanen verwendeten es bei magischen Einweihungsritualen, um Neophythen (wörtlich: Neugepflanzte) gefügig zu machen, aber auch als Heilmittel. Und das Pils soll seinen Namen vom Bilsen- oder Pilsenkraut haben, wobei auch die entsprechende tschechische Stadt Anspruch darauf erhebt. Urheberrechtskämpfe sind jedenfalls auch plutonisch.
Der Homöopathie gilt Hyoscyamus (Bilsenkraut) als Mittel bei erotischer Manie, Exhibitionismus oder wenn lange verdrängte Triebe auf- und ausbrechen und sexuelle Perversionen aus dem Dunkel der Seele heraufdrängen sowie bei extremer Eifersucht und bei Furcht vor Wasser und damit dem weiblichen Seelenelement.
Der Stechapfel (Datura stramonium), auch Tobkraut und Zigeunerapfel genannt, ist ein altes Hexenmittel, das Geisteskrankheiten heraufbeschwört, aber auch heilt. Der Stechapfel war Bestandteil von Liebestränken und lieferte ein Betäubungsmittel, das totales Vergessen hervorrufen sollte. In Indien ist der Stechapfel Shiva geweiht, dem Zerstörergott und Teufel, als solcher aber geschätzter Teil der Trinität von Schöpfung, Bewahrung und Zerstörung und auch der Gott der Polarität. Eine Mischung aus Stechapfel und Hanf gilt dort als Mittel, um die Kundalini-Energie zu wecken, wobei gewarnt wird, es ohne den entsprechenden Shiva-Priester oder Hexenmeister zu versuchen. In Afrika gilt der Stechapfel als Prophetenpflanze und wird benutzt, um Verbrechen aufzudecken.
Stramonium (Stechapfel) ist in der Homöopathie ein Mittel bei allen Stufen manischer Reaktionen bis zu wahnsinniger Raserei sowie bei destruktiven Wutausbrüchen und rücksichtsloser Brutalität. Die Mythologie Shivas bietet durchaus Assoziationen dazu. Das Mittel wird auch gegeben, wenn sich die Energie kreativer Menschen zerstörerisch ausdrückt, wenn der innere Vulkan unkontrolliert ausbricht und Unbewusstes sich destruktiv in das Alltagsleben ergießt.
Das Mutterkorn (Secale cornutum), dessen Grundstoff Lysergsäurediethylamid oder LSD ist, hat früher ganze Dörfer ausgelöscht, wenn das Getreide entsprechend befallen war. In den Eleusinischen Mysterien, den berühmtesten Weiheriten der Antike, bildete es den Treibstoff für die Reisen der Mysten. Außerdem war es ein Abtreibungsmittel und wird bis heute in der Geburtshilfe zum Stoppen von Blutungen genutzt. Schon der Name Mutterkorn verrät diesen Bezug zur dunklen plutonischen Kraft der Hekate, die das Leben geben, aber auch nehmen kann. Hierin ist diese der indischen Kali mit ihrem blutverschmierten roten Mund ähnlich, den Millionen Frauen noch immer unbewusst mit ihrer Lippenstiftfarbe anklingen lassen. Mutterkorn kann die Mutterschaft einerseits beenden, und diese Art der Abtreibung dürfte lebensgefährlich auch für die Mutter sein. Andererseits kann es die Mutter nach der Geburt auch retten.
Die Tollkirsche (Atropa belladonna), das bei uns verbreitete Nachtschattengewächs, nach der griechischen Schicksalsgöttin Atropa benannt, die den Lebensfaden abschneidet, hat tatsächlich viele Lebensfäden gekappt. Frauen, die Tollkirsche einnahmen, um die großen, schönen Augen der bella donna, der schönen Frau, zu bekommen und sich toll zu fühlen, bekamen nicht selten zu viel und schieden dahin.
Die Narzisse mit ihrem verlockend süßen Duft ist jene Blume, die Kore-Persephone gerade pflückte, als Pluto-Hades sie entführte. Heute gibt es auch bei uns noch viele Narzissenfeste wie das von Hallstatt, die die Rückkehr der Persephone feiern und damit die Rückkehr der Fruchtbarkeit auf die Erde. Die Narzisse lässt auch den Mythos von Narziss anklingen, der sich unsterblich in sein eigenes Spiegelbild verliebte und – vorstellungsfixiert – nicht mehr davon lassen konnte.
Der Granatapfel ist die Totenspeise, von der Persephone schon gekostet hatte und deshalb für ein Drittel des Jahres an die Unterwelt gebunden blieb. Hinter einer harten Schale verbergen sich bei dieser Frucht strahlend rote Kerne, die wie Juwelen funkeln und an die Granaten des typisch plutonischen Trachtenschmuckes erinnern.
Die Herbstzeitlose (Colchicum) kündigt mit ihrem Blühen das Absterben der Natur im Herbst an. Sie ist sehr giftig und als Rheumamittel bekannt.
Der Fliegenpilz (Amanita muscari) ist giftig und gilt zugleich als glückbringend. Zu Silvester ist er ein typisches Glückssymbol. Er erinnert an den Glückspilz und war den russischen Schamanen ein großer Schatz. Sogar noch der Urin von jemandem, der guten Fliegenpilz rituell genossen hatte, soll einen Ochsen wert gewesen sein. Pilze helfen als Verwerter von organischem Material bei Abbau- und Umwandlungsprozessen und sind generell plutonische Wesen. Sie bevorzugen die feuchtwarme Dschungelatmosphäre und wachsen auf den sterbenden Resten anderer am besten. Wo Pilze angehen, ob auf der Rinde eines alten Baumes, im Darm oder an den Fußnägeln eines abwehrgeschwächten Menschen – es ist immer ein Zeichen versiegender Lebenskraft an dieser Stelle. Wer also Darmpilze hat und loswerden will, kann ihnen mit lebendiger, vollwertiger Nahrung das Leben schwermachen, oder sie mit totem Industriefutter so richtig aufpäppeln und sich selbst die Hölle bescheren.
Der Knoblauch ist sicher unser bekanntestes Plutogewächs. Er soll vor Vampiren und bösen Geistern und dem Bösen überhaupt schützen, außerdem entgiften und stärken. Als Wurmkur erprobt, vertreibt er auch andere Parasiten, hilft gegen Pilze und eine Knoblauchzehe macht Scheidenpilzen den Garaus. Knoblauch polarisiert Menschen wie kaum ein anderes Gewächs. Seine Anhänger in der Naturheilkunde preisen und loben ihn, und tatsächlich ist er durchblutungsfördernd, abwehrsteigernd und vieles mehr. Menschen auf dem spirituellen Weg meiden ihn jedoch genauso entschieden, weil er so plutonisch mit seiner extremen Eigenschwingung alle anderen überlagert, jede Zelle nach sich stinken lässt, und zwar in diesem schwefeligen Geruch der Hölle. Nach hinduistischer Tradition gehört er zum Tamas-Prinzip und behindert nachhaltig die spirituelle Entwicklung.
Die Lotosblume mit ihrer Herkunft aus dem tiefsten Dreck und mit ihrem strahlenden Blütenblätterkranz, der für den tausendblättrigen Lotos der Erleuchtung zum Namensgeber wurde, ist der würdige Abschluss dieses plutonischen Blumenstraußes. Die Oberflächenstruktur der Blütenblätter ist so schmutzabweisend, dass sie inzwischen sogar in der Technik kopiert wird.
Landschaften unter Pluto als dem weiblichen Aggressionsprinzip ähneln denen des männlichen, dem wir bei Mars begegneten. Auch Pluto sind die Feuerberge mit alten und neuen Vulkanen zuzuordnen, eine unruhige Gegend voller Krater, die nicht zur Ruhe kommt, weil es in der Tiefe brodelt, kocht und schwelt. Wenn wir bedenken, dass generell nur eine dünne Erdkruste über einem riesigen glühenden Erdkern liegt, könnte uns bewusst werden, wie viel näher wir dem Plutoprinzip ständig sind, als wir gemeinhin glauben. Erdbeben und Vulkanausbrüche lassen es immer wieder durchblicken, wenn sich gleichsam die Schlote der Hölle öffnen und die Zerbrechlichkeit unserer Lebensgrundlage offensichtlich wird.
Auch Moore und Sumpflandschaften sowie die dichten Dschungel etwa des Amazonas, wo aus dem Sterben der einen das Leben der anderen folgt, gehören zu Pluto, je ursprünglicher desto besser.
Überall, wo es nach Schwefel und Hölle riecht, wie in manchen Thermen, ist Pluto-Hades zu Hause. Im Übrigen sind seine Orte am ehesten die Unterweltlandschaften der Kanalisation großer Städte, U-Bahn-Schächte und Tunnels, die großen Kläranlagen. Früher waren es die Hinrichtungsstätten und Galgenplätze, die Eingänge zur Hölle in manchen Parks, und damals wie heute sind es die Bordelle.
Japan und seine Hauptstadt sind beide durch und durch plutonisch, und natürlich ist der heilige Berg Fuji ein Vulkan. Tokio mit seinen etwa 35 Millionen Einwohnern hat als infiltrativ wachsende Riesenmetropole für seine Umgebung die Eigenschaften eines Krebsgeschwürs. Bei dieser unheimlichen Ballung von Menschenmassen, die sich zu Tausenden in U-Bahn-Waggons hineinpressen und zur Arbeit anliefern lassen, sehen sich manche – aus Platzmangel – gezwungen, schon zu Lebzeiten in einer Art von Schlafsarg zu übernachten.
Als Ausgangsort einer aggressiv-verschlingenden Okkupationspolitik wurde Tokio das Zentrum des japanischen Faschismus und zum Schrecken für ganz Asien. Japans Kriegsführung war insgesamt so grausam und plutonisch wie der »göttliche Wind«, den ihre Kamikaze-Aktionen entfachten. Kaum hatten die US-Amerikaner auch diese Spielart des Faschismus niedergeschlagen, tauchte Japan nach Kriegsende wie ein Phönix aus der Asche wirtschaftlich wieder auf und eroberte die Welt, jetzt mit entsprechend offensivverschlingenden ökonomischen Wachstumsstrategien. Japans rotweiße Fahne symbolisiert nach außen den plutonischen Charakter des Landes. Seine Expansionsstrategien, die immer wieder in sich zusammenbrachen, so auch die wirtschaftliche Nachkriegsoffensive, lassen ihn nach innen spüren. Kaum war Toyota – »Nichts ist unmöglich« – zum größten Autokonzern der Welt aufgestiegen, untergruben Rückholaktionen von Millionen von Autos wegen eingebauter Fehler den wirtschaftlichen Erfolg und unterminierten das Ansehen.
Japans Sitten und seine Esskultur zeigen viel Plutonisches. Da vollführten manche öffentlich Harakiri, schneiden sich andere einen Finger ab, um ihre Ehre wiederherzustellen. Daneben erleben wir ein Land ohne Jugendschutz und Vorstellung von sexuellen Perversionen, das alles erlaubt vom schwunghaften Handel mit gebrauchten Slips bis zu Sex mit gut rasierten Affenmädchen. Hier werden Fische so filettiert, dass sie beim Verspeistwerden noch atmen, wird Affenhirn aus dem aufgesägten Schädel bei vollem Bewusstsein der Tiere gelöffelt. Es ist ein Land, das das brutale und unverantwortliche Abschlachten der Wale nicht lassen konnte und die Übereinkünfte der Welt mit wissenschaftlichen Pseudoargumenten unterlief, das jedes Jahr eine große Meeresbucht vom Blut völlig sinnlos erschlagener und erstochener Delfine rot färbt. Und es ist das Land, das Hiroshima und Nagasaki heraufbeschworen und überlebt und doch immer noch nicht überstanden hat, das aber nichts daraus lernte und weiterhin kompromisslos auf Atomkraft setzte und so Fukushima mit drei Kernschmelzen notwendig machte und der Welt aufs (blinde) Auge drückte. Es ist aber auch das Land der Samurais, der Kampfkunst und der Zen-Tradition und damit des kompromisslosen Selbstverwirklichungsweges, der ebenso radikale wie wirksame Wege zu sich selbst aufzeigt. Jetzt nach Fukushima ist Japan zu einer radikalen plutonischen Wende aufgerufen, ansonsten wird wohl Pluto weiter in unerlöster Form seine Inselwelt prägen.
München als Hauptstadt von Bayern ist ebenfalls ein plutonischer Ort. Es ist die Stadt der Schickeria und des Geldes. Sie steht einerseits für eine auffällige Veräußerlichung der Werte, andererseits ist sie die Hauptstadt des Esoterikbooms in Deutschland. Hier trifft exzessiver Lebensstil auf extreme Spießigkeit. Die Polizei greift traditionell hart, kompromisslos und rücksichtslos durch. Hausbesetzungen, die sich in Hamburg oder Berlin über Jahre hinziehen, werden noch in derselben Nacht – koste es, was es wolle – beendet. Es ist eine Stadt mit Clubs und Discos, deren Ruf davon lebt, dass nicht alle hineindürfen. Und natürlich ist es die Stadt, in der sich der deutsche Faschismus vorbereitete und von der aus Hitler Deutschland eroberte. Für alte und Neo-Nazis ist sie bis heute die »Hauptstadt der Bewegung«.
Messina in Sizilien verkörpert mit heißblütiger Leidenschaft und mafiösen Strukturen eine andere Variante des Plutoprinzips. Hier toben Verbrecherkriege mit Dutzenden Ermordeter auf offener Straße in Stadtteilen, in die sich die Obrigkeit erst gar nicht hineinwagt.
Das marokkanische Tanger ist als Ein- und Ausgangstor von Afrika auch ein Umschlagplatz des Drogenhandels, wo ein Leben wenig zählt und wert ist, aber für Geld alles zu haben ist.
Srinagar in Kaschmir, Tor nach Ladakh, dem indischen »Tibet« und Stadt der Hausboote, deren Wasserversorgung und Kanalisation identisch sind, hat viel Plutonisches. Nicht nur Lotosblumen, auch die Menschen leben hier aus der Kloake. Bemerkenswert ist ein Leben in Gegensätzen: Innen riechen die Hausboote nach dem Sandelholz der Einrichtung und den Räucherstäbchen der Meditation, außen stinkt Pluto. Auf der einen Seite des Bootes wird das Abwasser entsorgt, auf der anderen das Teewasser geschöpft. Hier haben viele Hippies wunderschöne Zeiten verlebt – nach dem Durchfall.
Das plutonische Muster wird in der bekannten Geschichte von der Raupe deutlich. Sie muss ihre wundervolle Beweglichkeit aufgeben, um sich der Totenstarre des Puppenstadiums auszuliefern. Völlig unbeweglich und ohne Sinneswahrnehmung gerät sie in ein Niemandsland, in dem sie nichts mehr kontrollieren kann und völlig ausgeliefert ist. In dieser Situation vollzieht sich innerlich die große Verwandlung. Wenn sich dann tief in ihrem Innersten die Kraft des Aufbruchs zu neuen Ufern regt, platzt ihre äußere Schale am Rücken, und der Neuanfang bereitet sich vor. Der Weg durch das Niemandsland war lang, aber jetzt geht alles rasch voran; die Raupe ist wirklich gestorben und der Schmetterling geboren. Es ist nicht nur grammatikalisch eine Geschlechtsumwandlung, sondern auch der Sprung vom Erd- zum Luftwesen, ohne den Erdkontakt jedoch ganz zu verlieren. Die Raupe hat unbedingt gewonnen durch ihren Mut zur großen Wandlung, zur Metamorphose. Aber sie ist auch nicht mehr, ist gestorben, um auf ganz neuer Ebene wiedergeboren zu werden.
Der Mythos vom Phönix, der erst verbrennen muss, bevor er aus seiner Asche wiederaufersteht, bringt uns mit demselben Muster in Kontakt, ebenso wie der ägyptische Gott Osiris, der zerstückelt wird, bevor er wiedergeboren werden kann. Es ist auch das Muster, das in der Inquisition pervertiert wurde, indem man die Seelen der »Sünder« durch das Feuer der Scheiterhaufen läutern wollte, damit sie befreit wiederauferstehen können.
Dieses Wiederauferstehen aus den Trümmern, die Wieder- oder Neugeburt, vollzogen im Nachkriegsdeutschland die Trümmerfrauen. In unermüdlicher, aufopferungsvoller Arbeit bauten sie – Stein für Stein – aus den Trümmern und aus Schutt und Asche, in die Männer ihre Welt gelegt hatten, diese wieder auf. Dann übergaben sie sie allerdings wieder Männern wie dem Bayern Franz Josef Strauß, der zum starken Mann der deutschen Wiederbewaffnung wurde. Nach der plutonischen Schreckensherrschaft der Roten Khmer unter Pol Pot in Kambodscha mit Mord, Totschlag und Vergewaltigung gegen das eigene Volk, hatten kambodschanische Frauen die entsprechende Aufgabe des Wiederaufbaus.
Der nach den Veden älteste Mythos der Menschheit erzählt die Geschichte von Gilgamesch und Enkidu, seinem dunklen Bruder oder Schatten. Nachdem Gilgamesch ihn im Kampf auf Leben und Tod besiegt hat, wird Enkidu zu seinem treuesten Freund. Er war immer an seiner Seite, wie wir unseren Schatten immer dabeihaben, und er verdankt ihm die tiefsten Erlebnisse, wie wir unserem Schatten.
In den großen Mythen der Menschheit ist jeweils der entscheidende Moment, wenn die Helden die Nachtmahrfahrt ihrer Seele antreten und in die Unterwelt absteigen, plutonischen Charakters. Beispielsweise befragt Odysseus, nachdem er all seine Gefährten zurückgelassen und einen Widder geopfert hat, den blinden Seher Teiresias nach dem Heimweg zu seiner Anima, Penelope. Mit dem Widder muss er seinen Willen, das »Ich will« opfern, um zum »Dein Wille geschehe« zu gelangen.
Vergleichbares birgt die zwölfte Aufgabe des Herakles (Herkules): Er muss den Höllen- oder inneren Schweinehund besiegen und seine Gewohnheiten und die Bequemlichkeit opfern. Manche sehen im Kampf mit dem Cerberus auch den Drachenkampf. In diesem müssen Helden wie Siegfried ebenfalls ihrem Schatten und damit Pluto begegnen und ihn überwinden und integrieren. Siegfried vollzieht dies mit dem Bad im Blut des Drachen. Danach ist er gegen (fast) alle Gefahren gefeit – wie Gilgamesch, nachdem er sich Enkidu, seinen dunklen Bruder, zum Freund gemacht hat.
Immer wenn Lebenswege extreme Brüche zeigen, wenn eine neue Dimension ins Leben kommt, ist das Plutoprinzip nahe. Je bereitwilliger und offener jemand für Wandlung ist, desto akzeptabler ist der Ablauf des Musters. Wo aber Widerstand gegen Neues und Verwandlung herrscht, wird der Umbruch naturgemäß erlitten. Plutonische Wandlung muss diese radikale existenzielle Dimension erreichen.
Der Playboy Francesco, der kein Scharmützel ausließ und keinem Flirt abgeneigt war, stirbt dramatisch in einer Art agitierter Psychose, ausgelöst durch Kriegserfahrungen, wie moderne Psychiater wohl diagnostizieren würden. Er wird ver-rückt und auf eine ganz andere Ebene gerückt. Die Stoffhandlung des Vaters, Grundlage des familiären Reichtums, beginnt er Ballen für Ballen zu verschenken. Er interessiert sich nicht mehr für Materie, seine Rüstung und Pferde, seine Kumpane und Mädchen, sondern ausschließlich für Gott und die Seele. Er ist schon der heilige Franz von Assisi – die Verwandlung ist schnell gegangen, die Vorbereitungsphase muss in seinem Inneren, äußerlich weitgehend unbemerkt, abgelaufen sein.
Auch Faust hat neben seiner jovischen Grundfrage vor allem Plutonisches zu bieten, etwa als er Gretchen mitsamt ihrer Familie auf sein Gewissen lädt und überhaupt alles zerstört, was er anfasst. Er lässt sich von Mephisto im Alter noch eine Häutung beziehungsweise magische Verjüngungskur verabreichen, heute würden wir von Anti-Aging sprechen, aber seine Situation wird immer aussichtsloser, bis er bekennt: »Der Menschheit ganzer Jammer fasst mich an.« Vielleicht macht ihn gerade dieser Satz auch zu dem großen deutschen Mythos. Im zweiten Teil aber kann er im Tod noch Erlösung finden und damit Mephisto ein Schnippchen schlagen.
Der einstmals größte Fleisch- und Wurstfabrikant Deutschlands, Karl Ludwig Schweisfurth, verkaufte sein Unternehmen und gründete im Rahmen der Schweisfurth-Stiftung die Herrmannsdorfer Landwerkstätten, wo die typischen Schlachttiere artgerecht und einfühlsam und nur nach entsprechender Vorbereitung und innerhalb eines Rituals geschlachtet werden.
Einer meiner frühen Patienten durchlebte dieses dramatische Muster einer plutonischen Wandlung. Von Musik begeistert, träumte er vom Konservatorium und der großen Musikkarriere. Um das alles zu finanzieren, gründete er eine Showband, mit der er sehr erfolgreich war. Er wurde angehimmelt und verdiente viel Geld. Schließlich fand ihn eine »wundervolle« Frau, die ihm ein Kind schenkte und der er den Traum von der großen Musik opferte. Lediglich einmal im Monat traf er sich noch mit alten Freunden zu einer Jam-Session, und irgendwann passierte es dabei. Er »hörte den Ton«, wie er sagte, und vergaß darüber alles andere, die Auftritte und Aufnahmen, sogar Frau und Kind. Alles trat zurück auf seiner Suche nach dem perfekten Ton, der vollendeten Musik. Die »wundervolle Frau« ließ ihn sein blaues Wunder erleben und schaffte es, ihn erst in die Psychiatrie einweisen und dann auch noch entmündigen zu lassen, weil er sich wirtschaftlich weder vernünftig noch verantwortlich verhielt.
Er durchlitt eine spirituelle Krise, wie der tschechische Psychiater Stan Grof das später nennen sollte. Auf den Ruf aus der anderen Dimension war er nämlich in keiner Weise vorbereitet gewesen. Grof geht davon aus, dass die Hälfte der Insassen unserer Psychiatrien in dieser Situation seien. Selbst wenn es nur auf ein Viertel zuträfe, was mir realistischer erscheint, wäre es schlimm genug. Es ist eine Schande, dass wir sie hängenlassen und ihnen nicht auf ihrem plutonischen und damit radikalen Weg in ein neues Leben helfen. Sie gehören nicht in die Psychiatrie, und wir bräuchten sie dringend in unserer an skrupellosem Materialismus leidenden Gesellschaft.
Jawaharlal Nehru, der von Mahatma Gandhi ein in religiösen und politischen Gegensätzen implodierendes Indien übernommen hatte, war zum Glück für ihn und Indien Plutoniker. Er wollte den ganzen Subkontinent von Grund auf erneuern, versuchte, den Gegensatz zwischen Hindus und Muslimen zu versöhnen und scheiterte dramatisch an einem Spaltpilz, der durch die Herzen ging und das Land mitriss. Trotzdem war er als Indiens Befreier der Lichtpol der sehr plutonischen Gandhi-Familie, die mit Indira Gandhi, seiner Tochter, der indischen Politik auch noch eine Schattengestalt schenkte.
Indira Gandhi, Machtpolitikerin und Plutonikerin, wie sie im Buche steht, war das Thema schon an ihrer plutonischen Frisur anzusehen: pechschwarz mit strahlend weißer Strähne. Ihr skrupelloser Versuch, in einer Demokratie eine Familiendynastie durchzudrücken, scheiterte an der Ermordung ihres ebenso rücksichtslosen wie verhassten Sohnes Sanjay. Dieser hatte sich, nach der Devise »Der Zweck heiligt alle Mittel«, nicht gescheut, indische Männer für das Geschenk eines kleinen, billigen Taschenradios zu einem scheinbar kleinen, harmlosen Eingriff zu überreden. Als sie merkten, dass es sich um eine Sterilisation handelte, war es für sie zu spät. Auch für Sanjay war es irgendwann zu spät und er wurde ermordet. Seine Mutter Indira erlitt das gleiche Schicksal, was ihren zweiten Sohn Rajiv an die Macht brachte, bis auch er ermordet wurde. Letztlich löschte Indira Gandhis plutonische Politik ihre ganze Familie, der sie Leben und Vision eingeimpft hatte, wie die Göttin Kali auch selbst wieder aus.
Schah Reza Pahlavi träumte für das Zweistromland von einer großen Zukunft, die er mittels seiner weißen Revolution und mit Hilfe eines brutalen Geheimdienstes durchdrücken wollte. Mit eiserner Hand und harter Unterdrückungspolitik polarisierte er das Land immer schärfer in Arm und Reich. Sich selbst bereicherte er extrem, machte sich nebenbei zum Kaiser und seine Frauen zu Lieblingen der Klatschpresse. In Deutschland radikalisierte er 1968 mit seinem Besuch in Berlin die Studentenbewegung. Bei einer Demonstration gegen ihn erschoss der Polizist Kurras den Studenten Benno Ohnesorg.
Wer gedacht hatte, es könne für die Perser nicht schlimmer werden, sah sich durch Ayatollah Chomeini eines Besseren belehrt, der mit einem Skorpion-Aszendenten und der Religion im Rücken noch ungleich plutonischer seine Idee vom Gottesstaat durchdrückte und das geistige Schlachtfeld bis in die Wohn- und Schlafzimmer der Perser trug. Reza Pahlavi, der letzte Schah, floh und starb bald darauf an Krebs einen plutonischen Tod.
Die Erfahrung, dass Menschen, die eine große Veränderung nur widerwillig erlitten und erduldet haben – wie etwa den Verlust eines langjährigen Partners, Gurus oder Traumes –, innerhalb eines Jahres häufig von Krebs heimgesucht werden, könnte aufhorchen lassen. Über sechzig Prozent der Menschen, die in der zweiten Lebenshälfte ihren langjährigen Partner verlieren, haben ein Jahr später Krebs. All das könnte andeuten, dass durch dieses plutonische Krankheitsbild die innerlich nicht mitvollzogene Erfahrung der Verwandlung nun mit Nachdruck vom Schicksal durchgedrückt wird.
Charles de Gaulle, General und französischer Präsident mit Machtinstinkt, gab den Kampf gegen Nazideutschland nie auf, nicht einmal, als sein Heer schon geschlagen war. Mit den Resten der besiegten Armee floh er und regenerierte die Truppen, rief zum Widerstand auf und kam als Sieger zurück nach Paris, wo er sich auf Jahrzehnte festsetzte. Während des Algerienkrieges überlebte er Dutzende von Attentaten ohne einen Kratzer. Er hatte bald mehr Leben verbraucht als die sprichwörtlichen neun der Katze. Auf Kanadabesuch sprach er im französischsprachigen Teil einen provokanten Hochruf auf »Québec libre« aus.
Robert Kennedy fiel einem Attentat zum Opfer, bevor er seine hochfliegenden Träume von Frieden in Vietnam und Rettung der Welt überhaupt angehen konnte. Als Plutoniker folgte er seinem Bruder John nicht nur ins Bett von Marilyn Monroe, sondern auch in den modernen Märtyrertod und starb für seine Ideen und Ideale.
Hillary Clinton, die sich nie unterkriegen lässt und auch nicht nachgibt, sondern kompromisslos ihrem Weg folgt, selbst wenn es sie viel kostet, ist eine weitere Repräsentantin des plutonischen Lebensprinzips. Bei der absurd aufgebauschten Sexgeschichte ihres Mannes in der Lewinsky-Affäre bewies sie Selbstbewusstsein und brachte die Journalisten mit einer Gegenfrage zum Schweigen: »Wollen Sie einen Papst oder einen Präsidenten?«
Als First Lady an der Seite ihres Präsidentengatten Bill änderte sie auch einmal auf einer Chinareise ihr Damenprogramm ab, um überfallartig in eines jener Kinder- beziehungsweise Todesheime einzudringen. So wurde die chinesische Unsitte, erstgeborene Mädchen (zum Verhungern) abzugeben, weil die Regierung auf der Ein-Kind-Familie besteht und die Eltern dann wenigstens einen Sohn wollen, überhaupt erst richtig bekannt. Natürlich löste sie damit einen extremen Skandal aus, konnte aber als Präsidentengattin nicht mit der üblichen chinesischen Politik der Einkerkerung zum Schweigen gebracht werden.
In ihrer eigenen Karriere hatte Hillary Clinton als erste Frau schon fast die Nominierung ihrer Partei zur Präsidentschaftskandidatin geschafft, als sie im letzten Moment von Obama abgefangen wurde. Aber kaum gestürzt, tauchte sie – wie Phönix aus der Asche – als Außenministerin wieder auf und machte sofort eine gute Figur.
In Bereich Kunst und Kultur ist das Plutoprinzip nicht ergiebig. Vor allem im Hinblick auf die bildende Kunst ist es eher stilfeindlich, weil dieses Lebensprinzip Formen misstraut und immer auf der Suche nach Inhalten und dem Wesentlichen ist. So sucht sich hier eher kunst- und kulturfeindliche No-future-Thematik einen Ausdruck; Graffiti in U-Bahn-Schächten wären hier angesagt.
Der Kubismus passt prinzipiell noch am ehesten, und natürlich gehört Pablo Picasso als Vollblutplutoniker hierher, besonders mit einem Gemälde wie »Guernica«. Picasso ließ sich, in magischen Vorstellungen gefangen, Haare und Fingernägel lange nur von seiner ersten Frau schneiden, die zu erleiden und zu akzeptieren hatte, dass ihr eine schier endlose Reihe von Frauen und Liebschaften folgte, die er tatsächlich ge- und verbrauchte, um keine drastischeren Worte zu benutzen. Nach den Vorteilen seines schweren Reichtums befragt, antwortete Picasso, dass er sich damit stets eine neue Wohnung kaufen könne, wenn die alte im Chaos versinke.
Zu Pluto gehören auch die Bilder von Hieronymus Bosch, der bevorzugt Hölle und Fegefeuer malte, wie auch heutzutage die des Schweizer Malers HR Giger.
In den Werken von Auguste Rodin tritt uns viel Plutonisches entgegen. Seine berühmteste Skulptur, »Der Denker«, wirkt eher wie ein Grübler, der sich den Kopf zerbricht, und macht einen gequälten Eindruck.
Prinz Charles, der englische Thronfolger, ist mit seinen Ideen zu Ökologie und Architektur, zu Landwirtschaft und Philosophie seiner Zeit so weit voraus, dass er bisher immer unverstanden blieb. Dahinter steht sein tiefschürfendes Interesse für die hermetische Philosophie, das er in einem Kapitel wie »Heilige Geometrie« in seinem Buch Harmonie nach Jahrzehnten auch offenbarte. Sein Kampf gegen moderne Architekten, die gegen alle Regeln des Goldenen Schnittes und der Harmonie mutwillig verstoßen, oder gegen die Tier-Zucht-Häuser der Massentierhaltung, hat ihn zu einer Art Don Quichotte gemacht. In der Thronfolge im ewigen Wartestand, zu einer Ehe mit Lady Di gezwungen, die er nicht wollte und nicht liebte, haben seine abgehörten Liebesschwüre gegenüber seiner großen Liebe Camilla in der englischen Klatschpresse zu Skandalen geführt, die er als Plutoniker locker wegsteckte. Genauso gelassen gab er im Fernsehinterview preis, wie er seine ersten sexuellen Schritte an der Hand eines Playgirls tat, das sein Vater ihm verordnet hatte.
Charles hat gar nichts zu verbergen und seine große Liebe Camilla nun doch gegen alle Widerstände geheiratet. Seine eigenen Ländereien wandelte er lange vor anderen in Biolandwirtschaft um. Irgendwann werden vielleicht selbst die mondhaften Engländer darauf kommen, was sie an ihm für einen König haben würden – wenn sie nicht lieber im mutwilligen Projizieren und böswilligen Klatschen verharren.
Marie Curie, wohl das größte Licht, das die Wissenschaft je hervorgebracht hat, mit zwei Nobelpreisen noch unterversorgt, aber immer ohne die Anerkennung eines Einstein, obwohl der ihr wissenschaftlich das Wasser nie reichen konnte, blieb als Frau und Linkshänderin und obendrein Polin stets zurückgesetzt. Als Entdeckerin der Radioaktivität hatte sie nichts Böses im Sinn und hat der Welt doch die schlimmste Bombe erst ermöglicht. Auf bloßen Händen transportierte sie Radium, das sie in übermenschlicher Arbeit eigenhändig aus Pechblende herstellte, und erfreute sich im Dunkeln an seinem Strahlen. Trotzdem wurde sie – wohl wegen der ungeheuren Regenerationskraft und der neun Leben des Plutonikers – relativ alt. Ihren Mann überlebte sie fast dreißig Jahre, bevor sie selbst mit Mitte sechzig an Krebs starb.
Julius Hackethal, Deutschlands meistgeschmähter Krebsarzt, ging keinem Tabu aus dem Weg, sondern griff im Gegenteil fast skandalsüchtig ein Reizthema nach dem anderen auf. Zeitweilig als Arzt aus dem Verkehr gezogen, weil er zu ehrlich und zu offen Probleme beim Namen nannte, operierte er als Heilpraktiker ebenso erfolgreich weiter. Im Krieg habe er sich in lebensbedrohlichen Situationen stets den Stahlhelm vor die Geschlechtsteile gehalten, offenbarte er im Fernsehinterview und zeigte so als ehrlicher Skorpion, was ihm wirklich im Leben wichtig war. Die Prostata, deren »Haustierkrebs« – eine eher harmlose und nicht therapiewürdige, relativ ungefährliche Karzinomform – er als erster offen ansprach, war sein Lieblingsthema, und er starb dann auch an einem Prostatakarzinom, das wohl niemand so kompetent behandeln und operieren konnte wie er. Mit seinem Tod ging er so offen und ehrlich um, wie er zuvor für den Freitod durch Zyankali eingetreten war.
Bill Gates, ebenfalls Skorpion, öffnete mit Windows die Fenster in eine neue Welt. Er gehört zu den reichsten Menschen der Welt, ist in der Szene der Computer-Freaks der bestgehasste Mann wegen all der Monopole, die er seiner Firma Microsoft skrupellos durchgedrückt und gesichert hat. Er ist aber auch einer der größten Geldgeber und Mäzene der Welt im Rahmen seiner wohltätigen Stiftung.
Boris Becker, das deutsche Tennis-Wunder-Kind, wurde immer am besten, wenn er mit dem Rücken zur Wand stand. Dass er im Zeichen Skorpion geboren ist, wurde deutlich, als er zur Zahlung horrender Summen verurteilt wurde, weil er minutenschnell ein Kind in einer Besenkammer gezeugt hatte und dann von Samenraub sprach. Immerhin verfügt er über nachhaltig wirksamen Samen und kann sich auch genetisch bei den Kindern durchsetzen, wie spätere Fotos enthüllen. Ein Vaterschaftstest war in seinem Fall mit bloßem Auge machbar.
Martin Luther, der die Christenheit spaltete, weil er nicht anders konnte, war einer der für die Weltgeschichte wichtigsten Skorpione. Im Übrigen war er ein Mönch, der bezüglich Geschlechtsverkehr »in der Woche zwie« empfahl.
Schattenfiguren wie die beiden nächsten finden sich reichlich unter dem Plutoprinzip. Josef Goebbels, Hitlers schrecklicher Propagandist und machtbesessener Fanatiker, Einpeitscher für den totalen Krieg, zwang wohl am Ende seine Frau und ihre sechs Kinder mit in den Selbstmord durch Gift.
Charles Manson, religiöser Fanatiker, Sektenchef und sadistischer Ritualmörder von Roman Polanskis hochschwangerer Frau Sharon Tate, bescherte dem Regisseur den Albtraum von Rosemaries Baby in Realität, indem er ein unbeschreibliches plutonisches Blutbad in deren Haus anrichtete.
Ebenso finden sich als Gegenpol hier auch die unzähligen namenlosen Retter von Menschen in Not. Als Feuerwehrleute todesmutig in die einstürzenden Türme des World Trade Centers vordrangen, um noch so viele Menschen wie möglich aus dem Inferno zu befreien, war Pluto ganz nah. Als der polnische Priester Maximilian Kolbe mit Kindern bewusst in die Gaskammer der Nazis ging, spiegelte dies neben seinem Märtyrertum das plutonische Urprinzip wider.
Wenn wir in die USA blicken, sehen wir in unsere Zukunft, da wir fast alles nachmachen, was dort aufkommt. Nirgendwo produzieren die USA solche Zuwächse wie bei den Rechtsanwälten, woran sich ablesen lässt, dass die Amerikaner sich zunehmend gegenseitig verklagen. Alles, was einklagbar ist, wird inzwischen eingeklagt. Typisch ist das berühmte Beispiel der Frau, die sich im Drive-in den heißen Kaffee zwischen die Schenkel klemmte, ruckartig anfuhr und sich die intimsten Stellen verbrühte. Sie klagte und bekam recht, denn die Fast-Food-Kette hatte sie nicht auf diese Gefahr hingewiesen. Ob die Klägerin, die ihre Katze in der Mikrowelle trocknen wollte und dabei umbrachte, auch recht bekam, steht dahin, jedenfalls würde es zur amerikanischen Projektionshysterie passen. Denn Projektion steht dahinter, wenn kaum noch jemand Verantwortung für die Konsequenzen der eigenen Handlungen übernehmen will. Bei uns beginnt Ähnliches. Kaum rutscht einer im Winter aus, wird sofort als Erstes geprüft, wer streupflichtig war und verklagt werden kann. Es lohnt sich bald nicht mehr, die festen Winterschuhe anzuziehen, wenn man die richtige Rechtschutzversicherung hat.
Wenig kann eine Gesellschaft so in ihrer Entwicklung behindern wie Projektion. Mediziner greifen in den USA bei Unfällen schon nicht mehr ein, wenn sie zufällig am Ort des Geschehens sind, aus Angst, später wegen falscher Hilfeleistung verklagt zu werden. Sie wagen keine riskanten Operationen mehr, weil das Risiko der Klage zu hoch ist. Immer mehr Kinder werden per Kaiserschnitt geboren, weil das juristisch sicherer ist, medizinisch natürlich keineswegs. Gynäkologen seien bereits öfter im Gerichts- als im Kreißsaal, meinte dazu ein Chefarzt der Frauenheilkunde. Der Gegenpol heißt Selbstverantwortung.
Ein anderer Aspekt des Klagens ist auch als Jammern zu bezeichnen und in Deutschland zu studieren. Egal wie gut es in Wirtschaft und Leben läuft, in Deutschland hat sich ein »Feld« des Jammers aufgebaut, das auch Zeiten von Hochkonjunktur und selbst erfolgreiche Fußball-Weltmeisterschaften inzwischen problemlos übersteht und nach kurzer Unterbrechung anschließend gleich wieder auflebt. Man ist schon fast versucht, an eine Mutation zu denken im Sinne der Entwicklung eines zusätzlichen »Jammerlappens« im Gehirn.
Weltweit erpressen inzwischen Terroristen – meist junge frustrierte und missbrauchte Burschen – von Regierungen, ganzen Ländern und ihren Bewohnern zumindest Aufmerksamkeit. Ihre Attentate füllen weltweit die Schlagzeilen, verstopfen die Informationskanäle und bringen ihnen jede Menge Beachtung. Zwar gelingt es ihnen damit kaum, Energie auf die eigentlichen Probleme ihrer Herkunftsländer zu lenken, geschweige denn zu deren Lösung beizutragen, denn die reichen Nationen richten all ihre Kraft auf den Krieg gegen die Terroristen. Aber selbst das ist eine enorme, wenn auch negative Zuwendung.
Es ist wie im Krieg gegen Rauschgift und Drogen. Hierbei fließt auch alle Energie in den ebenso vergeblichen Kampf gegen die Drogen und ihren Handel – und so gut wie nie wird etwas bezüglich der Ursachen unternommen. Die Lösung wäre, sich einmal zu fragen, was Menschen in den reichen Ländern solche Summen für Rauschmittel zahlen lässt, was sie so verzweifelt macht, dass sie sich keine anderen Auswege vorstellen können. Und was bringt arme Bauern trotz massiver Drohungen dazu, diese Drogen weiterhin anzubauen? Der Krieg gegen die Drogen ist längst gescheitert und ein Armutszeugnis für Gesellschaften, die sich für entwickelt halten.
Das sind auch die Fragen, die bei der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus helfen könnten. Wie kommt es, dass den fanatischen Obermullahs die Selbstmordattentäter nicht ausgehen? Wieso lassen sich junge Männer so leicht so brutal dazu missbrauchen, ihr Leben für einen nicht zu gewinnenden Kampf wegzuwerfen?
Möglicherweise erleben wir hier kollektiv so etwas wie die Rache der Ärmsten aus den ärmsten Gesellschaften. Sie reagieren auf die Unfähigkeit der Weltgemeinschaft, einander beizustehen, die wirtschaftlichen Chancen halbwegs fair zu verteilen und unterdrückten Völkern so viel Solidarität zu gewähren beziehungsweise ihren Unterdrückern so viel Gegenwind ins Gesicht zu blasen, dass diese international isoliert und chancenlos aufgeben müssten. Eines dürfte längst klar sein: Gut ausgebildete Menschen mit hohem Bildungsniveau und wirtschaftlich und religiös befriedigender Lebensperspektive eignen sich überhaupt nicht als Terroristennachwuchs. Eine stabile, am besten wohlhabende Mittelschicht, die die Mehrheit der Bevölkerung umfasst wie etwa in der Schweiz oder in Schweden, ist der sicherste Schutz vor solch plutonischen Entgleisungen. Wäre überall Schweden und Schweiz, wäre der Terrorismus weltweit chancenlos. Auffälligerweise bringen beide Länder bei völliger Religions- und Meinungsfreiheit auch seit Jahrzehnten weder fanatische Mullahs noch Terroristen hervor.
Könnte es sein, dass die immer noch steigende Zahl von Krebserkrankungen, die inzwischen schon die Hälfte der Bevölkerung von Wohlstandsgesellschaften betreffen, die Rache des Organismus widerspiegelt? Er wird auf so vielen Ebenen zu einem Leben missbraucht, für das er nicht geschaffen ist – weder in Bezug auf Ernährung noch auf Stressanforderungen.
Auch hier wird alle Energie in den für Pharma-, Geräteindustrie und Mediziner lukrativen Kampf gegen den Krebs gelenkt und fast nichts für die Sanierung der Grundsituation getan, wie sie von der seelischen Seite in Krankheit als Sprache der Seele und von der körperlichen in Peace Food beschrieben ist (siehe Literaturverzeichnis). Und natürlich wäre es möglich umzudenken und auf wirkliche Vorbeugung im Sinne von »Krankheit als Symbol« und eine Lebensführung zu setzen, die Krebs und anderen Zivilisationskrankheiten das Terrain verdirbt.
Könnte es sein, und Tschernobyl hat es eigentlich bereits für die Atomenergie gezeigt, dass die Geldgier der Energiekonzerne im Zusammenspiel mit unverantwortlichen Machtpolitikern eine Rache der Natur heraufbeschwört, die wir uns überhaupt nicht leisten können? Diese beiden für die Welt bedrohlichsten Gruppen könnten es sich ebenfalls nicht leisten, wenn ihre Vertreter nicht sicher sein dürften, dafür nicht persönlich haftbar gemacht zu werden.
Hätte die Sowjetunion für die weltweiten Probleme nach Tschernobyl aufkommen müssen, wäre sie sofort zahlungsunfähig gewesen. Anders formuliert: Würden der Agrarkonzern Monsato und die Telekommunikationsfirmen auch nur für die Folgekosten des Bienensterbens haftbar gemacht, wäre vieles lösbar. Und alles spricht dafür, dass den Bienen das gentechnisch veränderte Saatgut des US-Horrorkonzerns, der selbst gnadenlos klagt und Produkte in die Märkte presst, und der Wellensalat der Funkmasten zu viel wird.
Allein in Indien hat gentechnisch produziertes Saatgut unglaubliches Elend unter armen Bauern angerichtet und zu ungezählten Selbstmorden geführt. Doch wo es nötig wäre zu klagen, herrscht juristische Zurückhaltung; die Menschen gehen in ihrem Frust vielmehr aufeinander los, und nur selten kommt es ausnahmsweise zu einer Erfolgsgeschichte wie der von Erin Brockovich. Obwohl kein Versicherungskonzern der Welt heute noch ein Atomkraftwerk versichert, lassen wir uns zwingen, jedes Moped zu versichern. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen und gnadenlos projiziert.
Pluto wäre leicht zu erlösen, wenn tatsächlich jeder die Verantwortung für die Ergebnisse und Folgen seiner Taten zu tragen hätte. Lebensmittelkonzerne würden rasch ihre Produktion umstellen, Zigarettenkonzerne sie ganz einstellen, Pharmakonzerne umdenken, und grundsätzliche Fragen wären plötzlich wieder zugelassen: Brauchen wir denn überhaupt Atomkraftwerke? Brauchen wir wirklich Gentechnologie?
In China werden mehr Organe verpflanzt, als sie von Unfallopfern und auf Bestellung hingerichteten Gefangenen zu haben sind. Der Verdacht hat sich – laut Zeugenaussagen im Internet – bestätigt, dass deshalb Falun-Gong-Anhänger, die eine Art von Qi Gong betreiben, das die kommunistischen Potentaten in Peking verboten haben, in Lagern gehalten, nach ihrem Gewebe typisiert und auf Bestellung »geschlachtet« und »ausgeweidet« werden.
Diese unfasslichen Missstände ignoriert die Welt geflissentlich, wie sie in der Vergangenheit auch die Nazigräuel in den KZ lange ignoriert hat. Solche unerlösten plutonischen Bereiche, die die Abgründe menschlicher Abscheulichkeit offenbaren, dürfen einfach nicht wahr sein und werden lieber totgeschwiegen. Der Sohn von Martin Bohrmann berichtete von einem Zimmer, in dem die Einrichtung aus Menschenteilen bestand, vom Lampenschirm bis zum Briefbeschwerer; Nazigrößen trugen Handschuhe aus Menschenhaut. Aber wer will so etwas hören, wer kann es ertragen? In seiner zutiefst unerlösten Dimension ist das Plutoprinzip eine unglaubliche Zumutung.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind in China aber Routine, wie der mutige »Überfall« von Hillary Clinton auf das Kinder- (Entsorgungs-)heim zeigte. China hat reichlich Erfahrung mit Unmenschlichkeit. Bevor wir jedoch weiter auf das Reich der Mitte projizieren, das so schrecklich aus der Mitte geraten ist und sich in solche Abgründe verirrt hat, könnten wir uns selbst ein paar Fragen mit plutonischer Zielrichtung stellen: Brauchen wir weltweit die Tierfabriken, in denen Tiere unter unsäglichen Bedingungen zur Schlachtreife gequält werden? Brauchen wir diese Eiweißmast, die Krebs und anderen Zivilisationskrankheiten den Boden bereitet und die Welt immer mehr aus den Fugen bringt? Und wie hoch ist mein persönlicher Anteil daran?
Der Menschenhandel im Sinne der alten Sklaverei bekommt in moderner Zeit von Ausmaß und Dimension längst schreckliche Konkurrenz. So gibt es wieder einen Handel mit Kindern, die in den reichen Teilen der Welt einfach nicht mehr wie bestellt kommen wollen und in anderen Teilen der Welt im Überfluss vorhanden sind. Aus dem Ausgleich dieses Ungleichgewichts machen kriminelle Banden ein Geschäft.
Schlepperbanden schleusen Menschen über Grenzen unter falschen Versprechungen und erpresserischen Bedingungen. Der von verschiedenen länderspezifischen Mafiaorganisationen schwunghaft betriebene Mädchen- und Frauenhandel gehört natürlich auch hierher und führt bis in die Zentren und Rotlichtviertel unserer Städte. Das Ergebnis Nachtleben wird von allen Politikern und Bürgern geduldet, einfach weil keine bürgerliche Welt ohne diesen plutonischen Aspekt verklemmter käuflicher Sexualität auskommt.31
Ein Drittel der Bevölkerung in typischen Wohlstandsländern wie Deutschland durchlebt irgendwann einmal eine Psychose und damit eine Zwangseinweisung in die Nachtmahrfahrt der Seele. Für wiederum ein Drittel davon bleibt das ein einmaliger Schatteneinbruch ins Leben. Bei einem Drittel wiederholt sich der Schattendurchbruch, und ein knappes Drittel bleibt in der Schattenwelt stecken und bekommt irgendwann eine Diagnose wie Schizophrenie, Bewusstseinsspaltung.
Rechnet man die Einbrüche von Schatten in Gestalt von schweren Depressionen hinzu, wird ein recht großer Anteil der Bevölkerung im psychiatrischen Sinne mit Schatten konfrontiert. Dass die Psychiatrie als Fachdisziplin in der Medizin sowohl in der Ausbildung als auch in der allgemeinen Anerkennung wiederum mit einer Art Tabu belegt ist, passt gut zu Pluto.
Einen plutonischen Einbruch haben auch die meisten Konzerne und Firmen mit dem Aufkommen der Controller erlebt. Wenn zum Schluss jeder jeden kontrolliert, ergibt sich ein System, das vom Mangel an Vertrauen bestimmt ist. So entsteht eine eigene Hierarchie von Controllern, was aber keineswegs heißt, dass Verantwortung einziehen würde. Im Gegenteil zeigten die Bankenkrise und riesige Bestechungsskandale wie der bei Siemens, dass mehr schiefläuft, als man sich meist vorstellen kann. Beim plutonischen Grundsatz »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser« bleibt zum Schluss das Vertrauen auf der Strecke, und die beste Kontrolle verhindert nicht schlimmste Katastrophen.
Menschen, die in solchen Systemen arbeiten, werden die Energie des Misstrauens und der Skeptik hinter dem ständigen Kontrolliertwerden spüren, darunter leiden und sie weitergeben. Der Boom beim Mobbing dürfte nicht zufällig zeitlich mit dem Controlling-Boom zusammenfallen.
Da Pluto bis ins Chthonische, also in die ursprünglichsten Bereiche zurückreicht, sind auf der Medizinebene der genetische Code und das Erbgut angesprochen und in der Folge Gentechnik und alle Manipulation auf dieser tiefsten Ebene, wie auf der physikalischen Ebene der Atomkern und seine Spaltung. Somit gehören alle Erbkrankheiten zu Pluto, wie als bekanntestes das Down-Syndrom, aber auch alle anderen Chromosomen-Anomalien. Die sich daraus ergebenden Krankheitsbilder können wir bisher nur akzeptieren und annehmen lernen und als mitgebrachte Aufgaben betrachten, denen wir uns zu stellen haben. Behandeln können wir sie medizinisch nicht.
Da auch alles Dunkle, Verborgene, Triebhafte und die Orte der Fortpflanzung zum Plutoprinzip gehören, sind alle Geschlechtskrankheiten hier einzuordnen, die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden und die Geschlechtsorgane betreffen. Vor allem sind solche zu nennen wie die Syphilis (Lues), die das ganze System befallen und nachhaltig in ihrem Würgegriff halten. Die Lues hatte als »Geschenk der neuen Welt« von Amerika kommend die europäische Bevölkerung bis zu neunzig Prozent durchseucht und sich so – aus Sicht der Homöopathie – tief in unserem Erbgut verankert. Weshalb die Homöopathie nicht nur Lues, sondern auch Gonorrhoe (Tripper), mit sogenannten Erbnosoden wie Luesinum und Medorrhinum bearbeitet. Wie tief sich diese Krankheitsenergie in das System frisst, zeigt die Lues in ihrer Spätform, der Tabes dorsalis, in der sie das Nervensystem zerstört.
Plutonische Energie macht sich aber auch in den verbreiteten chronischen Eierstock- und Prostataentzündungen bemerkbar, wenn auch alles Chronische zu Saturn gehört. Sie blockieren viel Energie und richten sie gegen das eigene System.
Letztlich ist auch Aids in diesem Sinne bei Pluto einzuordnen, kommt es doch ursprünglich vom schwarzen Kontinent und aus der dunklen Unterwelt der Gesellschaft wie auch der des Körpers in die saubere Bürgerwelt. Aids wird meist durch Geschlechtsverkehr übertragen, bleibt lange unbemerkt und im Verborgenen, weil es sich durch die oft sehr lange Inkubationszeit spät bemerkbar macht. Erst wenn einiges zusammenkommt, bricht es aus und hervor – wobei niemand direkt daran stirbt, sondern an den Folgesymptomen der Immunschwäche wie Pilzerkrankungen, die die Lunge heimsuchen, oder Hautkrebsarten, die sonst gar keine Chance haben, wie das Kaposi-Sarkom. Virus oder nicht, die Methoden und Verbreitungswege von Aids sind in jedem Fall plutonisch.
Wenn viele moderne Menschen aufgrund des steigenden Stressniveaus und der vielfältigen Überlastungen keine Kinder mehr bekommen können, weil die Fortpflanzung nicht mehr funktioniert, ist bei Kinderlosigkeit Pluto ebenso angesprochen.
Überall, wo ursprüngliche Strukturen befallen sind, ist Pluto im Spiel, also auch beim Hirnstamm, unserem ursprünglichsten Gehirn, das für die grundsätzlichen Überlebensfunktionen wie etwa die Atmung zuständig ist. Wenn das Großhirn ausgefallen und das Mittelhirn beschädigt ist, kann der Hirnstamm immer noch weiterfunktionieren und Lebensfunktionen aufrechterhalten. Das Ergebnis sind die sogenannten Apalliker, die weder denken noch fühlen können und von den Amerikanern human vegetables, menschliches Gemüse, genannt werden.
Inzwischen gibt es nicht wenige solcher Wesen, die uns gefühlsmäßig und juristisch überfordern, wie das so Plutos Art ist. Dürfen wir sie »ausschlachten«, wie es viele funktional denkende Moderne gern täten, oder müssen wir sie erhalten, und wofür und wie lange?
Im Bereich der Nerven sind die ursprünglichsten Reflexe angesprochen, im Bereich der Psyche die Instinkte, menschliche Urreaktionen, die, in der Tiefe verankert, das moderne Leben wenig bestimmen, aber ohne die vieles unerklärlich bliebe.
Schließlich gehört mit den Ausscheidungsregionen nicht nur der Urogenitaltrakt, sondern auch der Dick- und vor allem Enddarmbereich – mit allen hier anfallenden Erkrankungen wie die schon eingangs erwähnte Colitis ulcerosa – zum Plutoprinzip. Damit ist die Unterwelt, das Totenreich des Organismus angesprochen. Beim Bürgerkrieg im Totenreich ist Pluto doppelt vertreten, so auch beim Enddarmkrebs, der zweithäufigsten Krebsart in fast allen Wohlstandsländern außer Japan. Die Japaner haben sich offenbar durch Lebensstil und Ernährung so mit Pluto ausgesöhnt, dass sie auf dieser Ebene zehnmal weniger betroffen sind, dafür beim Magenkrebs zehnmal häufiger, was auf Probleme mit Mond, dem ersten oder kardinalen Wasserprinzip, schließen lässt.
Ein großer Teil der Medizin und der Mediziner ist also mit Pluto beschäftigt. Einige wie etwa die Proktologen haben sich hier in dem Blicken verborgenen Dunkel des Darmausganges eine einträgliche Oase geschaffen und kümmern sich im Wesentlichen um die Versorgung von Hämorrhoiden, jenen Knoten aus eingedickter Lebensenergie, auf der heute viele sitzen(-geblieben sind). Ob äußere oder innere Hämorrhoiden, immer handelt es sich um Zeichen verfestigten Lebenssaftes, was darauf hinweist, dass die Lebensenergie nicht fließt, sondern im plutonischen Bereich gestaut wird. Früher wurden sie einfach (marsisch-männlich) aufgestochen; heute werden sie plutonisch-weiblich aufwendig und langwierig versorgt, aber mit demselben Ergebnis: Die Knoten müssen weg, ohne zu verstehen, was sie bedeuten. Das fände sich in »Krankheit als Symbol«.
Nekrosen sind Dependenzen des Totenreiches, die im ganzen Körperland auftreten können. Bei Knochennekrosen etwa stirbt ein Teil des Knochens oder beispielsweise ein Knochen unter vielen in der Mittelhand ab. Das heißt, mitten im saturninen Reich schlägt Pluto zu und schwächt oder ruiniert die Festigkeit und Struktur, die wir von Saturn erwarten.
Und natürlich gehört das ständig wachsende Elend der Allergien als Übergang von Mars zu Pluto hierher und die Autoaggressionskrankheiten vollends, auch alle Suizide, die versuchten wie die geglückten. 32
Da aller Missbrauch plutonisch ist, eröffnet sich hier noch ein riesiger Bereich des Verschweigens, auch im Bereich der Medizin, der heute mehr auffliegt als früher. Sowohl in gesellschaftlichen und kirchlichen Institutionen als auch in Familien ist sicher früher mindestens so viel Missbrauch getrieben worden wie heute. In Zeiten der Sklaverei, als Menschen anderen auch rechtlich gehörten, als Frauen dem Mann juristisch noch unterworfen waren, ist das mehr als wahrscheinlich. Heute nähern wir uns Pluto und seinen düsteren Seiten offensiver und werden daher öfter und reichlicher fündig. Wir sind auch bereiter, Missstände auffliegen und Skandale hochkochen zu lassen.
Wer sein Kind Johannes nennt, hat sicher die wundervollen Aspekte von Johannes dem Täufer und dem Apostel Johannes im Auge, er sollte aber auch an den Schatten und damit an das abgeschlagene Haupt des Täufers denken, das Salome auf dem Tablett serviert wird. Sich mit plutonischen Frauen schlecht zu stellen kann lebensgefährlich sein, denn kein anderes Prinzip geht oder tanzt in diesem Fall so leicht über Leichen. Wobei sich das nicht auf plutonische Frauen beschränkt, auch die entsprechenden Männer und sogar schon Kinder können es in sich haben. Was meint denn dieser Ausdruck überhaupt? Dieses »Es« könnte sich gut auf plutonische Energie beziehen. Aber diejenigen mit dem Namen Johannes können natürlich auch den Apostel in sich anklingen lassen, der uns das wundervolle mystische Evangelium hinterlassen hat.
Christine ist die Christin, Entsprechendes gilt für Christian. Wenn sie sich dazu bekennen und dafür einzustehen bereit sind wie die ersten Christen, werden beide diesem Namen gerecht. Andernfalls lebt ein hoher Anspruch in ihnen, den die Eltern gepflanzt haben, der aber unerfüllt bleiben muss. Wer seinem Namen nicht gerecht wird, tut sich jedoch schwer im Leben und hat es schwer, zu sich zu kommen.
Magdalena ist die Hure und die Heilige und könnte natürlich auch die heilige Hure werden. Es ist jedenfalls ein Name mit einer großen, eben plutonischen Spannung, der viele Möglichkeiten beinhaltet und die ganze Bandbreite von Pluto umfasst.
Wer Demian heißt, ist mit der gleichnamigen Romanfigur geschlagen; in unserer Kultur wird praktisch bei jedem sofort diese und nur diese Assoziation geweckt. So ist der so Bezeichnete gut beraten, sich den entsprechenden Roman von Hermann Hesse aufmerksam und mehrfach durchzulesen und ihn mit all seinen herausfordernden Themen zu integrieren. So einen Namen können nur sehr anspruchsvolle oder völlig unbewusste Eltern ihren Kindern aufbürden. Ähnliches gilt, wenn Eltern ihre Tochter Medea nennen.
Ein Name wie Carmen erinnert sofort an die einschlägige Figur aus Bizets Oper und damit an deren Leidenschaft und plutonisches Feuer. Dem gerecht zu werden, könnte mit einem Opernbesuch beginnen.
Pluto mit seinem totalen Anspruch macht es noch aussichtsloser als andere Prinzipien, in der Bearbeitung etwas mit äußerlichen, funktionalen Maßnahmen zu erreichen. Hier sind radikale Schritte nach innen, zu sich selbst, gefordert und Wandlungen, die an die Grundfesten der Persönlichkeit gehen und diese manchmal nicht nur erschüttern, sondern auch einen vollkommenen Neuaufbau erzwingen, wie es der Phönix mit seiner Wiedergeburt aus der Asche vormacht. Nicht umsonst sind es überwiegend im Zeichen Skorpion geborene Menschen, von denen diese mutigen Schritte verlangt sind und die dazu auch das Zeug haben, wie oft in der Reinkarnationstherapie zu erleben ist.
Bezogen auf die sieben Entwicklungsstufen des Plutoprinzips heißt das im Einzelnen:
1. Das Grauen auf der untersten Stufe konfrontiert mit dem Urgrauen, dem Ursprung, von dem ein weiter Aufstieg aus möglich und notwendig ist. Die hier herrschenden Abscheulichkeiten machen in ihrer Abartigkeit die Abkehr von dieser untersten Ebene auch leichter. Destruktivität und Lust an der Zerstörung anderer wie auch von sich selbst könnten der Wegweiser sein und schon andeuten, dass es letztlich um die Auflösung des Ich im Selbst geht. Sadismus wie auch Masochismus als Freude an Schmerz und Gewalt weisen darauf hin, dass es schmerzhafter und gewaltiger Schritte bedürfen wird, um das Ego zu zerstören, wenn die Zeit dafür reif ist. Besessenheit wie auch Teufelsbesessenheit machen deutlich, wie extrem die Anforderung ist im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit dem Schatten, mit dem dunklen Bruder, wie sie Gilgamesch mit Enkidu zu bewältigen hat. Er muss seinen dunkelsten Schatten überwältigen wie wir den Teufel als Herrn dieser Welt, um ihn anschließend als solchen anzuerkennen, wie es uns Christus vorgemacht hat. Um nicht vom Teufel besessen zu werden, müssen wir diese teuflische plutonische Energie besitzen lernen und sie uns gefügig machen. Hier muss alles Scheinheilige heilig werden oder sterben.
Selbsthass und Hass bis zu Rache und Blutrache zeigen uns, wie tief diese Energie geht, die in der Auseinandersetzung mit dem Ego gegen uns selbst zu richten ist. In sadistischer Misshandlung und sexuellem Missbrauch zeigt sich die ungeheure Energie, die in der Sexualität steckt und die für den Entwicklungsweg – in konstruktiver Weise genutzt – so wichtig wäre. Unerbittlicher Fanatismus bis zu Blutorgien wie auch selbstzerstörerische Sucht und Gewalt zeigen das in diesem Schattenbereich verborgene große Energiepotenzial. Würde die Inquisition mit all der zugehörigen Eigenblindheit, Projektion, Denunziation, Gier, dem religiös verbrämten Machtmissbrauch und sexuellen Sadismus aufgearbeitet und als schrecklicher Fehler anerkannt, könnte der katholischen Kirche all die hier blockierte Energie wieder zufließen. Und vor allem könnte man die Energie, die bislang aufgewendet wird, um diese plutonischen Verbrechen weiterhin unter der Oberfläche und im Schattenreich zu halten, in konstruktive Bahnen lenken. Sie würde dadurch eine ungeheure Kraft bekommen, und die Chance der Erneuerung von Grund auf würde in greifbare Nähe rücken. Auch weitere Missbrauchsfälle, die an die alte Geschichte erinnern (wollen), wären damit überflüssig. Tiefe Metanoia, Reue bis auf den Grund der Seele, ist notwendig, um eine Metamorphose, eine vollkommene Wandlung und Umpolung der Energie, zu erreichen.
2. Der Machtmissbrauch der nächsten Stufe mit seiner Tendenz zu Übergriffen und Brutalität verrät die starke animalische Energie in uns. Statt sich Schwächeren wie Kindern, Frauen und Untergebenen in missbräuchlicher Absicht zu nähern, könnten wir auch in beschützender Weise mit ihnen umgehen.
Die im Tabu enthaltene Pflicht zur Verschwiegenheit mag uns daran erinnern, dass es gilt, die Bedürfnisse des Ego – wie Gier und Schwatzsucht – zum Schweigen zu bringen. Die »Nach-mir-die-Sintflut«-Haltung gegenüber Atomkraft und Gentechnologie macht uns deutlich, dass es tatsächlich schon Korrekturen wie die Sintflut gab und wir ähnliche jederzeit wieder heraufbeschwören können. Projektionssucht als die Suche nach Erklärungen wird helfen, die Frage nach der Schuld zugunsten der nach Verantwortung zu überwinden. Missbrauch von Wissen, Hinterhältigkeit und Mobbing lassen sich in verantwortlichen Gebrauch von Wissen umpolen und eröffnen die Chance, Menschen mit Worten zu beschenken, aufzubauen, zu fördern und zu erheben. Statt andere zu erniedrigen und sich selbst zu erhöhen, vermag man gemeinsam zu wachsen. In Schmarotzertum und seelischem Vampirismus, die andere aussaugen, benutzen und hörig machen, lässt sich das große Bedürfnis nach (fremder) Energie erkennen, das auch zu Austausch und Beziehungen führen wird. Statt Okkultismus um der Macht willen könnte Spiritualität dazu dienen, Die Schicksalsgesetze und Spielregeln des Lebens zu durchschauen und zu lernen. Man wird auf diese Weise Macht über das eigene Leben, den Körper und den Geist erlangen. Statt Magiern und Pseudogurus in ihre Netze und Sekten zu gehen, könnte man Herr im eigenen Körperhaus und Leben werden und Schritt für Schritt immer mehr die Herrschaft über sich selbst erlangen.
Das überall aufbrechende Märtyrertum des islamischen Fundamentalismus mag dazu anregen, zu den Wurzeln, dem Fundament der Religion, in diesem Fall zum Koran, zurückzukehren und die wundervollen Geschenke dieser ursprünglich sehr frauenfreundlichen Religion zu heben. Märtyrer im Heiligen Krieg kann man in jeder Religion werden, wenn man sich dem inneren Kampf mit dem eigenen Ego stellt, mit dem Engel ringt, wie es auch von Christen gefordert ist, um auf der Jakobsleiter voran nach oben zu gelangen. Machtbesessene Mullahs werden dann zu deutlichen Bildern des Ego, das alles tut, um seine Einflusssphäre zu erhalten und zu vergrößern.
3. Auf der dritten Entwicklungsstufe lassen sich Manipulation und Ausbeutung unter falschen Versprechungen sowie Lügen aus Egoismus und Gier in Zuwendung und das Versprechen auf Entwicklung wandeln. Der Konsum schlechter Nahrung und gefährlicher Medikamente ist durch Aufklärung und wirkliche Heilung radikal zu wandeln.
Machtkämpfe mit harten Bandagen erinnern an den großen Kampf um das eigenverantwortliche Leben und die Entwicklung dorthin. Zynismus, der unter die Gürtellinie zielt, ließe sich in Witz und lustige Sprache wandeln, die Lust machen, in das Reich der Energie unter der Gürtellinie im weiblich-plutonischen Bereich hinabzusteigen, um es am Leben zu beteiligen. Fixierung und Prinzipienreiterei können die Wichtigkeit des Festhaltens an Vorsätzen und Versprechungen sich selbst und dem Leben gegenüber betonen. Perfektionismus erinnert an das hohe Ziel, und Zwanghaftigkeit meint, dass es keinen Ausweg und kein Entkommen gibt, nur den einen (eigenen) geraden Weg. Abhängigkeiten verraten, wie wenig wir allein und wie nah und notwendig die anderen sind. Leidenschaftliche Eifersucht wird den Eifer betonen helfen, das eigene Leben zu beherrschen. Man erkennt, dass Leid zum Leben und Wachsen gehört.
Bewusster, in Ritualen gelebter Sadomasochismus könnte ein Exerzitium der Polarität werden, ein bewusstes Spiel mit der Welt der Gegensätze und ihren Extremen. Statt unbewusste sexuelle Exzesse zu erleiden, ließe sich im sinnlich-erotisch-sexuellen Bereich weitergehen und die Welt der eigenen extremen Wünsche erkunden. Hörigkeit kann daran erinnern, wie gut es ist, zu hören und zu horchen, und dass es darum geht, nach innen zu horchen, um die eigene innere Stimme zu kultivieren und ihr zu gehorchen. Abhängigkeit könnte lehren, alles von ihr abhängig zu machen.
Projektion ist als Chance zu sehen und bewusst zu nutzen. Wie sonst sollten wir uns erkennen, wenn sich unser Bild nicht im Spiegel projizieren würde. Bewusst zu lernen, sich in allem zu sehen und in den dunklen Bildern der Umgebung gemäß dem Schattenprinzip seine dunkle Seite zu betrachten, ist die große Chance des Entwicklungsweges.
Das Bedürfnis nach der Büßerrolle lässt sich als einseitige Interpretation durchschauen: Alles kommt zu einem Ausgleich, aber es gibt auch die Gnade. Wer den Wert des Leidens wirklich anerkennt, darf es dem Schicksal dann auch gestatten, es ihm leicht zu machen und gut gehen zu lassen.
4. Auf der vierten Stufe lässt sich die eigene Leidenschaft bereits in wundervollen sinnlichen wie auch seelischen Wachstumserlebnissen genießen. Die Extreme des Lebens werden als Chancen erkannt sowie Exzess und Askese als zwei Seiten derselben Medaille der Polarität gesehen. Der Absolutheitsanspruch richtet sich auf die geistige Dimension des Entwicklungsweges. Märtyrertum bezieht sich nicht mehr auf die äußere Welt; auf dem inneren Weg ist man jedoch zu allem bereit. Die bewusste Rücknahme der Projektionen führt zu Selbsterkenntnis und Schattenarbeit. Die enorme Regenerationskraft wird entdeckt und zu Prozessen radikaler Wandlung und Mauserung genutzt.
5. Auf der fünften Ebene wird Wandlung selbstverständlich und als Wesen des Panta rei (»Alles fließt«) angenommen. Ohne Rücksicht auf die Ängste des Ego kann sich der Suchende tief auf die Auseinandersetzung mit dem Schatten einlassen. Totale Verbindlichkeit erlaubt, sich seiner Aufgabe ganz und gar zu verschreiben. Metanoia als tiefste Reue und Metamorphose als völlige Wandlung, als Gesinnungswandel bis an die eigenen Grundfesten, sind das Ergebnis ehrlicher Schattenkonfrontation und Selbstüberwindung. Eigene Transformationsprozesse können als Teil des Stirb-und-werde-Prinzips vorbehaltlos angenommen werden. Leitbildfixierung und märtyrerhaftes Bekennen um jeden Preis beziehen sich ausschließlich auf den spirituellen Entwicklungsweg.
6. Die nächste Stufe ermöglicht bedingungslosen Einsatz für das hohe Ziel. Idealismus und Opferbereitschaft kommen zusammen und lassen einen für Selbstverwirklichung und Erleuchtung alles wagen.
7. Auf der letzten Ebene geschieht diese Selbstverwirklichung in der Selbst- beziehungsweise Ego-Aufgabe. Man macht sich die Erde und Welt der Materie untertan und erhebt sich über die Polarität, die sich in der Gegensatzvereinigung auflöst. Das Leben wird zum Ritual und steht im Dienst der Entwicklung des großen Ganzen.
Alle Ausleitungsverfahren gehören zum Plutoprinzip – von der Sauna bis zum Fasten und hier besonders hartes, langes Fasten mit intensiven Sitzbädern und Darmspülungen in Sinne der Colon-Hydro-Therapie. Auch Schröpfen, Aderlass und Blutegel-Therapie sind hier vertreten. Beim Baunscheidtieren, bei dem absichtlich eitrige Entzündungen gesetzt werden, ist Pluto eindeutig in seinem Element.
Fango- und Moor-Anwendungen sind ebenfalls plutonisch, taucht man hier doch in vulkanischen oder im Fall von Moor aus Fäulnisprozessen entstandenen Schlamm ein. Sofern solche Anwendungen sehr bewusst vollzogen werden und gleichsam in Rituale übergehen, werden sie im plutonischen Sinn noch wirksamer.
Auch die Hypnose mit ihrem großen Machtschatten wird zu Pluto gerechnet. Reinkarnations- und Schattentherapie, wie in Johanniskirchen durchgeführt, kommt den zentralen Themen des Plutoprinzips wie Metanoia und Metamorphose, Ein- und Umkehr am nächsten.
Beim Plutoprinzip sind mit den Einweihungsritualen die wichtigsten rituellen Muster überhaupt zu finden. Die Neophyten, die »Neuzupflanzenden«, werden auf eine andere höhere Ebene gesetzt und ihre Wurzeln in diesem neuen Boden sogleich tief verankert. Zuvor müssen sie selbstverständlich auf der zu verlassenden Ebene entwurzelt werden. In manchen archaischen Ritualen werden die alten Wurzeln geradezu rabiat ausgerissen, was dem Plutoprinzip ebenfalls entspricht.
Da alle Rituale (ur-)prinzipiell hierher gehören und bei Heilungsritualen der zweite Teil sowieso meist einem Einweihungsritual entspricht, ist auch dieser andere wesentliche Zweig der Ritualistik tief im Plutonischen verankert.
Heavy Metal und ohrenbetäubender Hard Rock gehören zu Pluto wie auch die für unsere Ohren extremen Tonwerke der klassischen chinesischen Oper oder des japanischen Butoh-Tanztheaters. Flamenco ist plutonischen Charakters, auch die Musik der Nachtclubs.
In der Popmusik, die schon immer eine gewisse Offenheit für den Schatten zeigte, nehmen sich viele Songs dieses Themas an. Die Rolling Stones bekunden »Sympathy For The Devil«, fühlen in »Honky Tonk Woman« mit einer Prostituierten oder bekommen in »I Can Get No Satisfaction« einfach nicht genug. Santana geben der »Black Magic Woman« die Ehre. Marvin Gay bietet »Sexual Healing« an; George Michael sagt es unverblümter: »I Want Your Sex«. Textlich am anspruchsvollsten im plutonischen Sinn ist die österreichische Kabarettband Erste Allgemeine Verunsicherung mit »Einmal möchte ich ein Böser sein«.
In der Klassik wären es Dies irae, »Tage des Zorns«, in jedem Requiem oder Wagners »Walkürenritt«.
Schließlich sind beim Plutoprinzip noch Ritualgesänge zu nennen, auch die Didgeridoo-Klänge der Aborigines, der australischen Menschen vom Ursprung.
Beim Plutoprinzip ist an Triathlon zu denken, wenn Marathon noch nicht reicht, außerdem an Veranstaltungen wie den Ironman auf Hawaii, bei dem nur die Härtesten durchkommen, oder an einen Wüstenmarathon, bei dem das Scheitern wegen völliger Entkräftung und Krämpfen vieler Teilnehmer zum Rahmenprogramm gehört.
Sonst sind Boxen und Kickboxen typisch plutonisch, Sportarten, bei denen auch Blut fließt und es bewusst darauf angelegt wird. Wenn der Box-Coach die geschwollene und geplatzte Augenbraue des Gegners sieht und seinen Schützling bewusst animiert, absichtlich auf diese Stelle zu schlagen, freut sich der unerlöste Pluto.
Auch streng ritualisierter Kampfsport wie Karate gehört zu diesem Lebensprinzip. Ebenso plutonisch sind Rugby und Eishockey, zwei Sportarten, bei denen es hart zur Sache geht und es bei Letzterem wenigstens außertourlich häufig zu Schlägereien kommt.
Beim Plutoprinzip finden wir keine große Offenheit für Hobbys, weil hier das Oberflächliche und Banale abgelehnt wird. Es besteht die Tendenz, alles und auch Hobbys zur Perfektion beziehungsweise bis zum Exzess zu treiben, und dann würde es den Rahmen einer Freizeitbeschäftigung und den spielerischen Genussaspekt eines Hobbys sprengen.
Tätowierungen nach dem Motto »Ganz oder gar nicht«, die große Teile des Körpers bedecken – und die Lebenserwartung um einige Jahre reduzieren –, könnten grenzwertig noch als Hobby gelten wie auch Piercings, die andere erschauern lassen. Auch einem harten Überlebenstraining könnten Plutoniker einiges abgewinnen.
Plutoniker sind oft und gern besessen von ihrem Partner und wollen ihn mit Haut und Haar besitzen und verschlingen. Sie erwarten totale Hingabe, haben selbst aber beim Loslassen Probleme, sehnen sich jedoch mit jeder Zelle danach und nach dem ganz großen Orgasmus. Man findet hier exzessive Leidenschaftlichkeit auf der einen Seite, auf der anderen aber auch asketische Verklemmung oder generelle Ablehnung von Sexualität aus grundsätzlichen Erwägungen.
Sadomasochistische Tendenzen kommen häufig vor, auch analerotische Vorlieben, da dieser Bereich und das Thema Ausscheidung mit Pluto verbunden sind. Falls Perversionen – und das sind nach katholischer Auffassung alle Sexualpraktiken, die nicht auf schnellstem Weg zu Befruchtung und Beendigung der Lust führen – im beiderseitigen Einverständnis genossen werden, könnten sie diese Ebene bearbeiten und auch erlösen, sofern die Praktiken bis auf die Ebene von Ritualen führen. Das wäre eindeutig besser als der Versuch, sie zu unterbinden – wie von bürgerlicher und kirchlicher Seite vorgeschlagen. Es würde zum Unterdrückungsstau und späteren Ausbruch führen, was dann bis zu Übergriffen wie Vergewaltigung gehen kann.
In Plutos Bereich sind gleich mehrere Filmgenres einzuordnen, was zeigt, wie sehr wir von diesem Prinzip – wenn auch oft widerwillig – fasziniert sind. Spionagefilme und Psychothriller versetzen uns in Anspannung, lassen uns den Atem anhalten und bieten so Ersatz für Spannung, die im Leben fehlt. Horrorfilme gehören hierher wie Halloween – nach dem vorchristlichen Fest, das mit dem 31. Oktober auch in die Skorpionzeit fällt – oder Der Exorzist, der lediglich eine katholische Praktik aufgreift, die jeder Jesuit im Rituale Romanum lernt. In Deutschland würde sich kaum noch ein Priester an solch eine Aufgabe herantrauen; in Italien ist Exorzismus Routine. Aber auch Deutsche schauen sich Der Exorzist an und haben etwas davon, wenn es ihnen graut und sie schaudern lässt. In seinem Horrorfilm Rosemaries Baby beschwört Roman Polanski den Einbruch des Teufels in die Bürgerwelt. In Hitchcocks Psycho finden wir beängstigend nah bebilderte »Besessenheit« – ein Blick in die Welt der Psychiatrie.
Pornofilme gehören ebenso zu Pluto – zu Millionen verkauft, werden sie scheinbar von niemandem gekauft. Obwohl niemand zugibt, sie zu konsumieren, erfüllen sie offenbar ein breites Bedürfnis, das sonst zu kurz kommt. Eine anspruchsvolle Verfilmung sexueller Obsession bringt der Klassiker Die Geschichte der O., der sich schon Jahrzehnte früher viel weiter vorwagt als 9 1/2 Wochen.
Im Auftrag des Teufels ist ein Film, der die Tiefe des Plutoprinzips auf vielen Ebenen schrecklich deutlich macht: in der Auseinandersetzung mit Macht und Magie, sexueller Besessenheit und Teufelsbesessenheit. Er demonstriert die Arbeitsweise dieses Prinzips an der von Al Pacino brillant dargestellten Figur des Teufels, der religiöse Eiferer einfängt und clevere Intellektuelle erfolgreich umgarnt, die sexuell Gierigen sowieso und alle, die noch auf das Ego setzen, also fast alle. Mit seinem genialen Schluss zeigt der Film unsere Möglichkeiten, aber auch Grenzen und die Zähigkeit dieses Prinzips, solange es als Gegenspieler erlebt wird.
Ein plutonischer Klassiker ist die Verfilmung von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, der Geschichte eines Menschen, der nachts den Schatten seines biederen Tages-Ich auslebt. Ähnliches geschieht in Belle de Jour, wenn die von Catherine Deneuve, selbst Skorpion, dargestellte Séverine abends, nachts und morgens die gediegene Haus- und Ehefrau gibt, tagsüber aber die besonderen und meist plutonischen Wünsche plutonischer Männer im Freudenhaus erfüllt.
Auch der Film Das Experiment befasst sich mit den plutonischen Abgründen der menschlichen Seele. In der Verfilmung einer wahren Geschichte wird eine Gefängnissituation simuliert. Zwanzig Freiwillige werden in Wärter und Gefangene unterteilt und von Wissenschaftlern über versteckte Kameras beobachtet. Durch die so provozierte Macht- und Ohnmachtsituation kommt es sehr schnell zum Ausbruch tiefsten Schattens und zur Eskalation von brutaler Gewalt. Aus dem wissenschaftlichen Versuch wird bitterer Ernst. Das reale Experiment musste damals nach sechs von geplanten vierzehn Tagen abgebrochen werden, was den Leiter des Versuches zu der Erkenntnis brachte: »Das Eis der Zivilisation ist sehr dünn.«
Plutonisches Fürchten wollen auch die immer beliebteren Katastrophenfilme lehren. The Day After Tomorrow hält uns das schreckliche Szenario der Klimakatastrophe und den verzweifelten Kampf gegen die Rache von Mutter Natur vor Augen. Der von einigen Kulturen und Sehern prophezeite Weltuntergang ist Thema des Filmes 2012, in dem die Welt vor einer Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes steht. Sowohl der Zerfall unserer Zivilisation und ganzer Kontinente als auch der heldenhaft verzweifelte Kampf der Überlebenden tragen Plutos Handschrift.
In dem plutonischen Kultfilm Matrix wird der Hacker Neo von einer geheimen Untergrundorganisation kontaktiert. Der gejagte Terrorist Morpheus weiht ihn in ein schreckliches Geheimnis ein: Die Wirklichkeit, in der wir leben, ist schon lange nicht mehr real. Längst werden die Menschen von einer unheimlichen virtuellen Macht beherrscht, der Matrix. Neos Kampf beginnt.
Zu Pluto gehören alle makabren Witze, also eine unüberschaubare Fülle, die das Bedürfnis zeigen, sogar über Pluto zu lachen, etwa die Mutti-Witze: »Mami, Mami, darf ich Seilspringen?« – »Nein, Papa bleibt hängen, bis die Polizei da ist.«
Ein verdienter Philosoph besucht schon vor seiner Zeit Himmel und Hölle. Zu seinem Erstaunen findet er an beiden Orten dasselbe: Greise, die mit wunderschönen Mädchen spielen, die auf ihrem Schoß sitzen. Auf seine erstaunte Frage erklärt ihm Petrus, das sei Dialektik: Oben sei das Paradies für Greise, unten die Hölle für Mädchen.
Wer von Paradiesen träumt, vergisst leicht, dass ein Paradies ohne Schlange unvollständig ist. (Jacques Brel)
Was mich nicht umbringt, macht mich stärker. (Friedrich Nietzsche)
Das Streben nach Vollkommenheit macht manche Menschen vollkommen unerträglich. (Pearl S. Buck)
Und so lang du das nicht hast, / Dieses: Stirb und werde! / Bist du nur ein trüber Gast / auf der dunklen Erde. (Johann Wolfgang von Goethe)
Ohne das Tier in uns wären wir kastrierte Engel. (Hermann Hesse)
Es ist unmöglich, das Licht richtig zu würdigen, ohne das Dunkel zu kennen. (Jean-Paul Sartre)
Was mich nicht umbringt, macht mich stärker. (Friedich Nietzsche)
Die große Schuld des Menschen ist, dass er in jedem Augenblick die Umkehr tun kann und nicht tut. (Martin Buber)
Es wird eine Zeit kommen, in der du glaubst, nun sei alles aus. Genau dann geht es los. (Louis L’Amour)