6.

Jungfrau-Merkur

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Das Prinzip von Ordnung und Vernunft

 

Kleinigkeiten sind es, die Perfektion ausmachen,
aber Perfektion ist alles andere als eine Kleinigkeit.

Henry Royce

Die senkrechte Themenkette

Jungfrau-Merkur bringt – im Vergleich zum luftig-leichten Zwillinge-Merkur mit seiner Offenheit für alles und jedes – ein irdisch schwereres Merkurprinzip ins Spiel des Lebens. Es steht für praktisches Denken und Realismus und dafür, aus den vorgefundenen Möglichkeiten etwas zu machen. Als Macher ist Jungfrau-Merkur heute beliebt und wie sein Prinzip überall gefragt.

Bei diesem Lebensprinzip haben wir es mit dem labilen, beweglichen Erdelement zu tun, das die Entwicklung innerhalb der Erdzeichen konsolidiert und die Schwere des Stier-Venusprinzips wieder etwas relativiert und geschmeidiger gestaltet.

Jungfrau-Merkur steht für das sechste Haus und folgt auf das Prinzip von Löwe-Sonne. Nach dessen Himmelsstürmerei ist man unter dem Jungfrau-Merkurprinzip damit beschäftigt, zu beobachten und zu analysieren, sich geschickt einzuordnen und durchzubringen. Nicolaus Klein spricht von »Aussteuerung«, was die Gratwanderung zwischen größtmöglicher Entfaltung unter dem Sonnenprinzip und nun angesagter realistischer Einordnung meint. Bei diesem Merkurprinzip wird bemerkt, dass man nicht allein auf der Erde ist, sondern sich mit anderen und ihren Vorstellungen zu arrangieren hat. Was im Feuerelement und seinen Prinzipien (Mars, Sonne, Jupiter) mindestens als bedauerlich erschien, ist hier selbstverständlich.

Das Grundgefühl einer begrenzten Welt, mit deren Ressourcen möglichst vernünftig und verantwortlich umzugehen ist, bestimmt die Sicht. So lernt ein Mensch unter diesem Merkurprinzip, bei gewandter Anpassung an Vorgegebenes seine Prioritäten zu setzen und das jeweils Beste aus der Situation zu machen. Hier ist man geschickt darin, vorauszudenken, alle Eventualitäten durchzuspielen und mögliche Konsequenzen abzuwägen, was schon zur Angstvermeidung ein großes Anliegen ist, aber auch etwas Berechnendes hat. Maßhalten mit dem jeweiligen Ziel im Auge fällt leicht und ist auch gewollt. Solide Vorausplanung gibt hier ein Gefühl von Sicherheit, und anders als ein Mensch des Sonnenprinzips, der sich im Augenblick verlieren kann, ist ein von diesem Merkurprinzip Geprägter meist schon mit der Zukunft beschäftigt, um für jeden Ernstfall vorbereitet und gerüstet zu sein. Aus Sicherheitsbedürfnis neigt er zu allen Arten von Versicherungen und versucht selbst mit Lebensversicherungen, dieses abzusichern. Der Jungfrau-Merkur kümmert sich gern ums Detail und differenziert und zergliedert die Dinge – allerdings mit der Gefahr, vor lauter Bäumen den Wald nicht zu sehen.

Bei diesem Lebensprinzip wird gern Nützliches getan; man liebt es, gebraucht zu werden und sich nützlich zu machen, dient gern einer Sache und lieber als einem Menschen, ohne dabei unterwürfig oder gar servil zu sein. In seinem Effizienzstreben macht sich ein Mensch, der diesem Lebensprinzip folgt, häufig unentbehrlich und trägt Sorge, etwaigen Sand aus dem Getriebe zu entfernen. Die von diesem Merkurprinzip auch sehr geprägten Schweizer kennen den Ausdruck »speditiv« dafür, der in den anderen deutschsprachigen Ländern unbekannt ist, genau wie die jungfräulich-merkuriale Haltung dahinter. So wird alles Überschüssige und Überflüssige entsorgt, und man hat keinerlei Probleme, mit dem Gerümpel des Alltags fertigzuwerden. Was nicht gebraucht wird, ist überflüssig und muss gehen. Deshalb gibt es in einer nach diesen Kriterien vernunftorientiert eingerichteten Wohnung keine Staubfänger und auch im Denken des Betreffenden wenig Schnörkel und Überflüssiges. Was unter dem Strich bleibt, ist einem wichtig und stets ein Anliegen. Man kann Pläne und Vorgaben einhalten, weil man sie entsprechend sorgfältig gemacht und schon im Vorfeld durchdacht hat.

Dabei will dieser Mensch Grenzen nicht nur kennenlernen, sondern durchaus auch erweitern und tut dies auf (arche-)typisch clevere und oft unauffällige, aber äußerst effiziente und geschickte Art und Weise. Das Ideal ist, mit dem geringstmöglichen Aufwand in der vertretbar kürzesten Zeit den bestmöglichen Effekt zu erzielen. Ein effizienterer Mitarbeiter, dem das Preis-Leistungs-Verhältnis ein ständiges Anliegen ist und der stets genau darauf schaut, was letztlich unter dem Strich steht, ist kaum vorstellbar. Jungfrau-Merkur ist also ein ausgesprochen alltagstaugliches Prinzip, bei dem man sich flexibel auf alle Eventualitäten einstellen und mit so ziemlich allem arrangieren kann, außer mit Unordnung.

Während beim Jupiterprinzip Abstand gesucht und das Geschehen gern von einem Feldherrnhügel aus überblickt wird, steht man mit dem Jungfrau-Merkurprinzip mitten im Getümmel, hat alle Details und jede Kleinigkeit im Kopf und ist ständig dabei, aus all den neu aufgenommenen Eindrücken eine situationsadäquate Analyse zu erstellen, die erst ein optimales, das heißt hier ein höchst vernünftiges und effektives Handeln ermöglicht. Nur wenn der Handelnde alles weiß und alle Fakten kennt, fühlt er sich sicher und kann von seiner Grundangst vor bedrohendem Chaos ein wenig Abstand gewinnen. Mit klarem Verstand, ausgeprägter Vernunft und viel Geschick bis hin zu einem »Händchen« für so viele Dinge steht einem geordneten und den materiellen Erfordernissen gerecht werdenden Leben wenig entgegen – außer der Welt der Gefühle und vor allem des Irrationalen, Transzendenten, das hier furchterregend, weil so wenig konkret und schwer einzuordnen erscheint. Für Bereiche der Gefühle und des Mystischen lässt sich nicht vorsorgen, wie es die Stärke und Lieblingsbeschäftigung dieses merkurialen Wesens ist. Die ständige Angst, die um das Mantra »Was wäre, wenn…?« kreist, findet in Mystik keinerlei beruhigende Anhaltspunkte.

Da man bei diesem Prinzip immer für alle Fälle vorbereitet sein will, hat man meist alles Nötige und Notwendige gleich bei der Hand wie Frauen ja generell in ihrer Handtasche. Jungfrau-Merkur ist somit das Prinzip der optimal geordneten Handtasche mit bestens sortiertem Inhalt. Keinesfalls wäre man mit unstrukturierten Beuteln zufrieden, bei denen erst alles ausgeleert werden muss, um ein kleines Etwas zu finden. Mit so etwas müssen sich mondhafte und uranische Naturen herumschlagen, wenn Letztere nicht überhaupt die Handtasche im letzten Retreat vergessen hat.

Beim Jungfrau-Merkurprinzip kann die Ordnungsliebe noch weitergehen und über gut verstaute Passdokumente hinaus die wichtigsten Unterlagen und Papiere betreffen, die am besten alle kopiert im Sicherheitsfach des Aktenkoffers stets zur Hand sind. Der Zufall ist hier der Feind, und so will man ihm – etwas kleinlich – einfach gar nichts überlassen, sondern ihn durch akribische Kontrolle, staubtrockene Planung und ein im Vorhinein mehrfach durchgespieltes, gleichsam prophylaktisches Krisenmanagement um all seine Chancen bringen.

Letztlich ist Jungfrau-Merkur ein Krisen- oder besser ein Krisenvermeidungsprinzip. Wer das kleinkariert nennt, hat hier keinen Stein im Brett und wenig Chancen, denn Menschen mit einer Jungfrau-Merkur-Betonung können besser als die Vertreter der meisten anderen Prinzipien argumentieren und vor allem rationalisieren, das heißt sich die Dinge so hindrehen, wie man sie braucht. Und das geht nach der Methode des legendären Mullah Nasrudin, der um sein Haus Erbsen streute. Gefragt, was das solle, antwortete er, es sei der sicherste Schutz gegen Tiger. Auf die Entgegnung: »Aber Mullah, bei uns gibt es doch gar keine Tiger«, sagte er nur trocken: »Da siehst du, wie gut das Mittel wirkt!«

Rationalisieren im strengen wirtschaftlichen Sinne ist ein wichtiges Anliegen auf finanziellen Erfolg getrimmter Firmenbosse. Auf diesen Chefetagen kann sich Jungfrau-Merkur in unserer Zeit austoben – vom Controlling bis zum Einsparen von Menschen, aber auch ganzer Abteilungen. Mit nüchterner Art der Analyse und kritischem Blick für jedes Detail findet ein Mensch dieses Lebensprinzips auch kleinste Fehler und immer rasch ein Haar in jeder Suppe, was ihn nicht unbedingt beliebt macht, aber für saubere Verhältnisse sorgt. Unter diesem Prinzip finden sich natürlich auch die klassischen Nörgler und Kritikaster, die grundsätzlich nichts Gutes finden, egal was sie betrachten.

Wenn etwas allen auf den ersten Blick makellos erscheint, ist es für Vertreter des Jungfrau-Merkurprinzips nur noch nicht ausreichend analysiert. Nicht zufällig gilt Jungfrau auch als klassisches Ärztezeichen. Jedenfalls findet man beim Jungfrau-Merkurprinzip die Kollegen, die immer zumindest eine Kleinigkeit finden und die Idee des gesunden Menschen einfach nicht teilen. Das Arbeitsmotto »Wer nichts hat, ist einfach nicht ausreichend untersucht« wird natürlich helfen, den eigenen Verdienst zu mehren, was bei Jungfrau-Merkur durchaus wichtig ist, aber nicht jedem Patienten gerecht wird. Mit der typischen diskriminierenden Art im Sinne von Unterscheidungsfähigkeit und dem scharfen Intellekt wäre eine Jungfrau-Merkurnatur gut in der Forschung untergebracht.

In der praktischen, alltäglichen Welt mit ihrem Unverständnis und mangelndem Blick für Details fühlt sich ein Vertreter des Jungfrau-Merkurprinzips oft missverstanden und neigt dann nicht selten zu Zynismus und manchmal Sarkasmus. Das macht ihn einerseits unbeliebt; andererseits ist er so wichtig für gutes Funktionieren und einwandfreie Arbeitsabläufe und kann so hilfsbereit und so häufig zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein, dass es anderen fast mystisch erscheint. Das ist es gewiss nicht, nur gut analysiert und vorausgedacht.

Unter diesem Prinzip finden sich diejenigen, die rechtzeitig – ein wichtiges Wort für Jungfrau-Merkur – auf Risiken, Gefahren und Nebenwirkungen hinweisen, weshalb sie als Ärzte und Apotheker gut aufgehoben sind. Aber im Übertreiben der Warnungen kann die Spannbreite auch bis zum unerträglichen Pessimisten reichen. Unendlich viele – oft negative – Hintergedanken machen Menschen dieses Prinzips auch nicht gerade beliebter.

Wer so viel kalkuliert, kann sich natürlich auch verrechnen wie jener »Kreuzfahrer«, den ich vor einigen Jahren auf einem luxuriösen Dampfer am ersten Reisetag traf. Er fotografierte die absonderlichsten Ecken des Schiffes, von kleinen Roststrukturen bis zu Unregelmäßigkeiten der Schweißnähte. Zuerst hielt ich ihn für einen Künstler, aber er sah mit seinen Cordhosen und dazu passenden Schuhen, seinem beigefarbenen Rollkragenpullover und Touristenhut doch mehr wie ein Spießer aus. Auch hatte er kein Makroobjektiv, sondern knipste eher im touristischen Sinn vor sich hin. Ganz vorsätzlich und berechnend – für mich mit Jungfrau-Aszendenten kein Problem – lernte ich ihn kennen, und er klärte mich bereitwillig über seine Taktik auf. Als erfahrener »Kreuzfahrer« legte er es mit dem ersten Reisetag darauf an, alle Schwachstellen des Schiffes und seiner Besatzung auszuloten, um anschließend über entsprechende Regressforderungen einen Großteil der Reisekosten wieder hereinzuholen. Über den Kulanzweg seien fünfundzwanzig Prozent immer drin, und er habe auch schon dreißig Prozent und einmal sogar die Hälfte zurückerhalten. Dabei seien sorgfältig erstellte Fotodokumentationen und akribisch recherchierte und festgehaltene Zeugenaussagen anderer »Betroffener« ausgesprochen hilfreich. Als ich ihm in einer Gegenrechnung eröffnete, dass er einen Denkfehler mache, denn selbst wenn er die Hälfte zurückerhalte, sei ihm doch immer die ganze Reise verdorben, war er entrüstet. Er argumentierte entschieden dagegen und führte all die Vorteile an, die er heraushole, und sprach von den neuen Reisen, die seine ebenso clevere wie effiziente Strategie ermögliche. Dass er das Schiff und seine Ziele nur über Rostflecken und kleine Malheure erlebte, mit deren Dokumentation er die Zeit verbrachte, ging ihm – als im Zeichen Jungfrau Geborenen – gar nicht ein. So wurde es denn keine tiefere Reisebeziehung.

Der (arche-)typische Spießer ist natürlich nur eine Entgleisung in unerlöste Bereiche dieses Merkurprinzips. Wäre der erwähnte Passagier im Dienst der Reederei tätig, ließe sich seine akribische Fehlersuche und die große Präzision seiner Analysen und Dokumentationen von der Ebene der Nörgelei leicht in nützliches Controlling umwandeln. Von pessimistischer Nörgelei ist es meist nicht weit zu sinnvollem Verbessern. Die Gefahr liegt beim Jungfrau-Merkurprinzip also darin, das Leben mit Planung, Ordnung, Sicherheitsdenken und (negativen) Hintergedanken zu verbringen und das ständig vorweggenommene, vorgestellte Bedrohungsszenario zu nutzen, um den Intellekt immer besser zu trainieren, so dass man alles durchschauen, erklären und über die Analyse wieder einordnen kann. Wenn schließlich auch alle Gefühle und Emotionen vom Verstand kontrolliert werden, fast schon bevor sie überhaupt richtig wahrgenommen sind, geht jedes Vertrauen in das Leben und seinen Fluss verloren.

Vertrauen ist sowieso nicht die Stärke beim Jungfrau-Merkurprinzip, und wenn Gefühle und Emotionen vor lauter Kontrolle und Sicherheitsdenken auf der Strecke bleiben, verkommt das Leben zu einer Kalkulation, und die Bilanz könnte – wenn auch bis auf die zweite Kommastelle richtig errechnet – doch deprimierend ausfallen. Sich dem Fluss des Lebens mit all seinen Empfindungen und Gefühlen einfach anzuvertrauen, wie es beim gegenüberliegenden Neptunprinzip so leichtfällt, ist hier die größte Herausforderung.

Unter dem Jungfrau-Merkurprinzip neigt man zu äußerster Skepsis gegenüber dem Neptunprinzip bis hin zu tiefem Misstrauen. Eine Auseinandersetzung zwischen beiden Vertretern könnte leicht dazu führen, dass der merkuriale die Oberhand und recht behält und nach allen Regeln der Diskussionskunst den Neptunier der Verantwortungslosigkeit und irrationalen Träumerei überführt. Aber solche – für einen Diskussionsprofi leichten Siege – fördern weder Lebensgenuss noch Lebensgefühl, von Lebenskunst ganz zu schweigen. Und doch stehen hinter all der Suche nach Unordnung, Fehlern und Fehlerhaftem das tiefe Verlangen nach »jungfräulicher« Reinheit und Vollkommenheit und der Drang, menschliches Unvermögen auszumerzen, um die Perfektion der Schöpfung zu wahren.

Das Metall des Jungfrau-Merkurprinzips ist Messing, das wie Gold glänzt, aber wesentlich preiswerter ist. Weitere Zuordnungen sind Quarz und Sand und damit auch Glas, das erlaubt hindurch-und damit alles zu durchschauen.

In der Berufswelt fühlen sich im Zeichen Jungfrau Geborene (arche-)typischerweise in Versicherungs- und Bankgebäuden wohl, die vielen anderen Prinzipien ein Gräuel wären. Als wahre Glaspaläste geben sie Durchsichtigkeit, Übersichtlichkeit und damit beste Kontrollmöglichkeit vor, die inhaltlich oft keineswegs vorhanden ist. Jedenfalls wären urprinzipiell Betroffene gute Versicherungskaufleute, die aus eigener Betroffenheit auch anderen gut Angst machen können, was letztlich das Geschäft von Versicherungen ist. Zuerst machen sie Angst, und gegen diese verkaufen sie dann ihre Policen, die entsprechend strukturierten Menschen Sicherheitsgefühle vermitteln. Wer dagegen das Schicksal für mächtiger hält als Versicherungsgesellschaften, ist natürlich kein guter Kunde für Jungfrau-Merkur-Typen und Versicherungen. Mediziner machen es letztlich oft ähnlich, wenn sie ihre sogenannte Prophylaxe an den Mann und die Frau bringen wollen. Zuerst kommt – aus grundsätzlich fehlendem Vertrauen in die Heilkraft der Natur – die Angstmache, und dann folgt die Beruhigung durch regelmäßige Untersuchungen. Geschäfte mit der Angst blühen heute besonders, was zeigt, wie stark beachtet und geschätzt das Jungfrau-Merkurprinzip ist, selbst wenn es vielen auf die Nerven geht und wegen seiner Kleinkariertheit entsprechend herabgesetzt wird.

Beruflich sind alle Kontrolleure unter Jungfrau-Merkur gut aufgehoben, vom Steuer- bis zum Wirtschaftsprüfer, aber auch clevere Steuerberater und alle Arten von Finanzbeamten, die Prokuristen und Aufsichtsräte, wenn sie denn wirklich Aufsicht führen würden im Sinne von beaufsichtigen, aber vor allem die neue Sparte der Controller, die wie kaum eine andere im Aufwind ist. Nimmt man noch die Verwaltungsjuristen und überhaupt alle Juristen, die für bürokratische Ordnung sorgen, hinzu, zeigt sich, wie dominant und aktuell dieses Prinzip ist. Zumal es auch die Naturwissenschaften bestimmt, sowohl von der Seite der akribischen, ins Detail verbissenen Forscher mit ihrer Beobachtungsgabe und Analyse»Leidenschaft« als auch von der pädagogischen Seite her. Lehrer und Professoren, die den anderen sagen, was richtig und was falsch, was Stand des Wissens ist und wo es langgeht, haben hier leichtes Spiel, sobald es auf Unterscheidungsfähigkeit ankommt und weniger auf das Spielerische.

Wenn Ordnung gefragt ist, sind Archivare und Bibliothekare, aber auch Lageristen nicht fern. Angestellte in Arbeitsämtern und Registraturen, auf dem Einwohnermeldeamt, Büroarbeiter und Beamte, die ordnen und sortieren, die die Ablage und ganze Aktenberge verwalten, sind typischerweise von Jungfrau-Merkur angesprochen, ebenso Buchhalter und -prüfer, die Bilanzen erstellen und damit feststellen, was unter dem Strich übriggeblieben ist. Außerdem ist die Übersicht in den Hierarchiebäumen unserer Computerprogramme ein einschlägiges Thema, und schon mancher hätte sich dort mehr Ordnung, Struktur und Übersichtlichkeit gewünscht und damit mehr von Jungfrau-Merkur.

Natürlich sind auch die Kritiker und Rezensenten aller Sparten – von der Musik bis zum Film, von der Literatur bis zum Fernsehen – bei diesem Prinzip vertreten. Da es beim Jungfrau-Merkurprinzip auch geschätzt wird, zu helfen und gebraucht zu werden sowie nützlich, unabkömmlich und unersetzlich zu sein, es zudem auf Genauigkeit und verlässliche Planung unter Einbezug aller Eventualitäten ankommt, sind wie schon erwähnt Ärzte hier vertreten, auch die Apotheker, die beide gern vor Risiken und Nebenwirkungen des Lebens warnen. Ärztliche Pseudovorsorgeprogramme, die auf Früherkennung hinauslaufen, treffen genau in das Zentrum jungfräulich-merkurialer Ängste. Da sowohl echte Vorbeugung als auch Früherkennung unter das Jungfrau-Merkurprinzip fallen, werden beide auch leicht verwechselt. Vorbeugung ist sozusagen die erlöste Ebene, Früherkennung der hilflos unerlöste Ersatz, wenn es zu Ersterer nicht reicht. Apotheker, die genau arbeiten und die richtigen Medikamente zusammenmischen, waren früher eindeutig beim Jungfrau-Merkurprinzip einzuordnen. Seit sie aber vor allem als Handlanger der Pharmaindustrie Pillenschachteln über Ladentische schieben, hat der merkuriale Aspekt einen Ebenenwechsel erfahren wie auch das Ansehen.

Zahnärzte, die – einerseits Feinmechaniker und andererseits Mediziner – praktisch und handwerklich geschickt veranlagt sein sollten, gehören zum Jungfrau-Merkurprinzip, und wenn sie dabei noch clever so viel Geld verdienen wie heute, umso mehr. Auch Zahntechniker und überhaupt Medizintechniker sind bei diesem Lebensprinzip vertreten, genauso wie Ingenieure. Zum Jungfrau-Merkurprinzip passen obendrein dienende Berufe wie der Butler. Fachkräfte in der Hotellerie, in der Fürsorge und im Medizinbereich – als Krankenschwestern, -pfleger und medizinisch-technische Assistentinnen – finden sich hier ebenfalls. Einen Mangel an Berufsmöglichkeiten kann es unter diesem Prinzip jedenfalls nicht geben.

Die Signatur von Jungfrau-Merkur ist das Verzweigte, Differenzierte, Zergliedernde. Es handelt sich um das breite, absichernde Wurzelgeflecht, die sorgfältig ziselierten, akribisch ausgeführten Details. Falls Präzisionsarbeit geleistet wird wie bei der Feinmechanik, etwa der Uhrmacherei, ist dieses Prinzip gefragt; auch der Optiker und Goldschmied profitieren davon.

In der Kunst ist Jungfrau-Merkur vertreten, wenn es um akribisch genaue Restaurierungen geht und um Kunsthandwerk.

Was Beziehung anbelangt, verhält man sich bei diesem Lebensprinzip sehr vernünftig und überlegt sich beizeiten, ob nicht die Religionszugehörigkeit oder die verschiedene Herkunft später zu Problemen führen könnte. Selbst auf das Erbgut wird manchmal geschaut. Andererseits ist man elterlichen Argumenten gegenüber offen, was nicht selten zu stabilen Partnerschaften führt, nach dem Motto: »Wir haben eine Brauerei, sie haben eine Brauerei, wollt ihr nicht zusammen etwas Schönes brauen?«

Die oft sehr kritische Einstellung auch zum eigenen Partner ist für diesen nicht immer angenehm. Wer jedoch auf alle Fehler sofort und direkt hingewiesen werden will, findet hier beste Wachstumschancen – wenn auch keine sehr erfreuliche Lebensstimmung. Die Tendenz zu Nörgelei ist die eine Seite, genaue Beobachtungsgabe und scharfe Analyse die andere, die vieles weiter- und einiges (ein-)bringt. Zum Problem von Beziehungen wird es, wenn Vernunft und Intellekt gnadenlos über Gefühle fahren und Stimmungen und Emotionen weder Raum noch Anerkennung finden. Die hier typischen Vernunftehen sind bei langer Haltbarkeit doch oft nicht erfüllend.

Unter dem Dach von Jungfrau-Merkur lässt sich gut zusammenarbeiten, die Ausbildung der Kinder planen, Geld verdienen nach dem Motto »Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Geldes nicht wert«, aber Sinnlichkeit und die Welt der Gefühle bleiben Herausforderungen.

Die für das Jungfrau-Merkurprinzip typische Kleidung klang beim Querulanten auf dem Kreuzfahrtschiff schon an mit seinen Cordschuhen passend zur Cordhose. Hier ist, wenn überhaupt, sehr zweckorientierte Mode beliebt, und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist wichtiger als Design. Sparsam und vernünftig geht vor schön und attraktiv. Praktisch ist wichtiger als anmachend, etwa der braune Faltenrock, der immer und überall passt, oder das kleine Schwarze. Auf der saloppen Ebene finden sich hier bequeme Strickjacken und Parkas als Dauerkleidung über Jahre oder Gesundheitsschuhe wegen der Fußgesundheit. An Mustern gehört das Kleinkarierte wie Pepita und Glencheck hierher.

Das Lebensmotto könnte sein: »Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste«, auch »Wie man sich bettet, so liegt man« oder: »Trau! schau! wem?« Ebenso: »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.«

Die das Leben bestimmenden Adjektive sind vernünftig und realistisch, nüchtern und angepasst, geschickt, gewandt, clever und praktisch. Die Annäherung an die Welt ist analytisch, differenziert, unterscheidend, methodisch, durchdacht, systematisch bis statistisch, was auch gleich die Gefahren zeigt. Beim Jungfrau-Merkurprinzip ist man detailversessen, aber greift in seinem Bedürfnis, die Welt sicher in denGriff zu bekommen, dann auch zur Statistik, die den Einzelfall völlig übersieht und Sicherheit in der großen Zahl sucht. Die Reaktion auf die wahrgenommene Welt ist intellektuell und intelligent, scharfsinnig, ordnend und sich anpassend. Das Werk eines Carl von Linné gehört hierher, der die ganze Welt der Pflanzen und Tiere wissenschaftlich in waagerechte Ebenen einordnete, im Gegensatz zum senkrechten Weltbild, das uns in diesem Buch interessiert.

Weil so ängstlich und vorsichtig, ist alles auch leicht kontrolliert und kontrollierend, bedächtig und beherrscht oder (vornehm) zurückhaltend und, um der Angst gerecht zu werden, auch planend und sicherheitsbewusst bis sicherheitsfanatisch.

Sparsam und ökonomisch, fleißig und diszipliniert, pflichtbewusst und die Umstände geschickt nutzend und somit nützlich für alle, läuft manches erfolgreich, wobei der große Wurf schwierig bleibt, weil vieles zu detailliert bis fixiert auf Nebensächlichkeiten, um nicht zu sagen, zu kleinkariert ist.

Ordnungsliebend und hierarchisch denkend, will hier jemand gar nicht herrschen, sondern sich nur richtig einordnen. Es geht ihm weder darum, sein Licht unter, noch es über den Scheffel zu stellen, sondern er möchte ins rechte Licht gerückt werden, so wie er auch immer zur rechten Zeit am richtigen Ort sein will und darin eine für andere verblüffende Fähigkeit entwickelt.

Von Haus aus sauber, ordentlich und reinlich – sowohl innerlich als auch äußerlich –, erkennt eine von Jungfrau-Merkur geprägte Persönlichkeit, dass Reinheit vor der Einheit und Vervollkommnung vor der Vollkommenheit rangiert und macht sich gesundheitsbewusst und in aufgeräumter Stimmung auf den Weg. Das Erscheinungsbild ist demnach mit Vorliebe sauber und ordentlich, adrett und aufgeräumt. Wenn dieses Bestreben zu sehr ins Körperliche rutscht und die Ebene schließlich ganz verwechselt wird, drohen an Schattenseiten kleinliche Pedanterie und Putzfimmel, die von Sauberkeitsfanatismus bis zum Hygienewahn reichen und in psychotherapeutisch relevante Schmutzphobien münden können. Die Angst vor Unordnung und Chaos müsste dann im Seelischen bis hin zur bewussten Konfrontation von Irrationalem und Unerklärlichem und letztlich Schatten bearbeitet werden.

Skeptisch, kritisch, misstrauisch, zweifelnd bis verzweifelt, wenn es nicht nach dem eigenen Kopf und Plan geht, kann so jemand zynisch und übergenau, penibel bis pedantisch, spitzfindig, rationalisierend und besserwisserisch reagieren. Auf der materiellen Ebene mag die sparsame Anlage, die mit allen Ressourcen – von der eigenen Küche bis zur Welt – schonend verfährt, bis ins Knauserige und sogar Geizige gehen. Bei Handel und Geschäften auf den eigenen Vorteil bedacht, kann unter diesem Merkurprinzip ein Mensch auch unangenehm auffallen, etwa wenn er sich Multilevel-Marketing-Systemen verschreibt und die Kunden-Keilerei bis in Wohnzimmer und Toiletten trägt.

Aus der ängstlichen Grundstimmung heraus kann die Wirkung unsicher und nervös, gehemmt und eng(stirnig) sein. Die Mischung von Angst vor allem Unkontrollierbaren wie Gefühlen und Emotionen und Sauberkeitsfimmel kann sich als Prüderie ausgesprochen unangenehm entwickeln, besonders wenn diese rationalisiert wird. Angst vor Unbekanntem, Mangel an Spontaneität, Gefühlstiefe und an Vertrauen in das Leben machen es Menschen unter diesem Prinzip oft schwer, ihr Leben zu genießen und echte Lebensfreude zu entwickeln.

Der reife Sommer und die Zeit der Ernte, damit auch der Erntedankfeste, entspricht Jungfrau-Merkur, jener Jahresabschnitt, in dem Bilanz gezogen wird. Es wird errechnet, wie viel Ertrag erwirtschaftet wurde und was unter dem Strich als Vorrat und Vorsorge für die kommende Zeit des Winters zur Verfügung steht. Dem entsprechen auch die Phasen der Lebensübergänge, die leicht zu Krisen werden und Angst machen, weil unklar ist, wie es weitergeht. In der Woche ist Merkur in der Mitte am Mittwoch (französisch mercredi, italienisch mercoledì) zu finden.

Von diesem Lebensprinzip beeinflusstes Denken ist intelligent, geschickt bis raffiniert und geschäftstüchtig, rational bis rationalisierend, analysierend und differenzierend, verwertend und aus allem etwas machend, logisch und keinesfalls analogisch, vernunftgesteuert und forschend.

Fühlen ist nicht der Schwerpunkt von Jungfrau-Merkur. Dafür ist das Prinzip zu rational und berechnend, zu verstandesgesteuert, zweckorientiert oder sogar opportunistisch.

Das Handeln ist effizient und vernunftorientiert, pragmatisch und praktisch, zweckdienlich und erfolgsorientiert, kann aber auch vorsichtig bis sogar ängstlich sein.

Die sieben Entwicklungsstufen

1. Auf der untersten Stufe finden sich Pedanterie und Haarspalterei, bitterer und beißender Zynismus bis Sarkasmus mit Verurteilung und Abwertung anderer. Ordnungs- und Sauberkeitswahn gehen hier bis zur Zwanghaftigkeit. Wenn Zwanghafte auch noch Macht bekommen, drohen sie sogar zu Despoten zu entarten.

 

2. Die nächste Ebene konfrontiert mit Kritiksucht, Nörgelei und Misstrauen. Hier sind die Erbsenzähler zu Hause, die schulmeisterlich den Schlaumeier geben, vor Wortklaubereien nicht zurückschrecken und das Leben verpassen, während sie alles auf drei Kommastellen genau wissen. In den Amtsstuben begegnen uns hier Bürokraten, Paragraphenreiter und laut wiehernde Amtsschimmel, die ihre Macht missbrauchen, um es anderen schwer zu machen, statt ihre Amtsgewalt dem Sinn entsprechend zur Unterstützung auszuüben. Dies kann in peinliche Duckmäuserei umschlagen, wenn eine höhere Autorität die Bühne betritt und Angst hinzukommt. Aus Letzterer folgt in milderer Form oft Opportunismus. Hier herrschen auch Putzfimmel und Aufräumsucht, die keinen Raum für Wesentlicheres mehr lassen. Berechnend und bei allem ein Geschäft witternd, sind auf dieser Ebene manche versucht, sprichwörtlich die eigene Großmutter zu verkaufen.

 

3. Auf der dritten Ebene finden sich Fachidioten und notorische Besserwisser, auf einfachem Niveau Spießer. Wertendes Schubladendenken entsteht aus Ängstlichkeit: Alles muss eingeordnet und versorgt sein. Bei der Hypochondrie wird die Sorge um den eigenen Körper übermächtig. Bei der blinden Wissenschaftsgläubigkeit verkehrt sich der Anspruch des Wissens, der in der Wissenschaft liegt, in seinen Schatten. Statt Vernunft herrscht Rationalitätshörigkeit, oft gepaart mit Engstirnigkeit. Nicht selten verlieren Betroffene sich auch in unwichtigen Details.

 

4. Auf der vierten Ebene können immer noch Effizienzdenken auf Kosten von Gefühl und Lebendigkeit und geschäftstüchtiges Handeln, das sich nur nach Zweck und Nutzen richtet, auftreten. Andererseits kommen hier aber schon Beobachtungsgabe und Genauigkeit sowie mühelose Anpassungsfähigkeit an vorgefundene und damit gegebene Lebensumstände ins Spiel. Gelehrige und folglich irgendwann auch gelehrte Menschen können Arbeitsfreude und Forschergeist kombinieren und für wissenschaftlichen Fortschritt sorgen. Hier herrschen Beständigkeit und eine Ausdauer im Sinne der Worte von Marie von Ebner-Eschenbach: »Ausdauer ist eine Tochter der Kraft, Hartnäckigkeit eine Tochter der Schwäche, nämlich der Verstandesschwäche.« Vorsicht ist aus der Erfahrung gewachsen, und sich entwickelnde Übersicht entsteht aus der Kenntnis und sorgsamen Analyse vieler Details.

 

5. Auf der fünften Stufe entfalten sich hohe Abstraktionsfähigkeit und strukturiertes Denken. Ordnende Vernunft und Klugheit ermöglichen ökonomisches Denken und Handeln frei von Hintergedanken. Gute Beobachtungsgabe und Unterscheidungsfähigkeit münden in sinnvolle und effiziente Planung. Selbstdisziplin, Vorsicht und Rücksicht zeichnen verlässliche Menschen aus, die mit Ordnungsliebe und Präzision begabt zu Werke gehen.

 

6. Auf der sechsten Ebene treffen wir auf große Liebe zum Detail. Sorgfalt drückt sich in Achtung gegenüber den kleinen alltäglichen Dingen aus. Geduld, Bescheidenheit und Demut führen zu einer dienenden Grundhaltung, die von Umsicht und Respekt gegenüber der Schöpfung geprägt ist.

 

7. Auf der letzten Stufe herrscht ständige Achtsamkeit im buddhistischen Sinn und im Hinblick auf die durchschaute höhere göttliche Ordnung.

Tierreich

Beim Jungfrau-Merkurprinzip finden wir die Nutztiere – während die Haustiere urprinzipiell dem Stier-Venusprinzip zugeordnet werden, wobei es Überschneidungen gibt. Heute gehören damit vor allem Schlachttiere zu Jungfrau-Merkur, aber auch Arbeitstiere wie Zugpferde und Schlittenhunde. Neben den arbeitsamen zählen außerdem alle gelehrigen und anpassungsfähigen Tiere dazu, in dieser Hinsicht sogar das Chamäleon. Das Prinzip der Tarnung, das auf perfekter Anpassung an das Umfeld, bei Tieren im Wesentlichen an den Untergrund, beruht, gehört zum Jungfrau-Merkurprinzip.

Als Insekten der Erde entsprechen Ameisen diesem Prinzip, selbst wenn sie bereits hoch hinaus wollen ins Luftreich. Sie sind auch (arche-)typisch als Baumeister und sich in Staaten organisierende Wesen. In der Vorsorge für den Winter und schwere Zeiten kommt ihre jungfräulich-merkuriale Tendenz voll zum Zuge. Fleißig tun sie alles für ihre Königin und dienen ihr emsig ein Leben lang, sich streng an die soziale Ordnung haltend, ob als Arbeiterin, Kriegerin oder Amme für den Nachwuchs. Wenn Ameisen Straßen anlegen, ist dies natürlich mehr dem Zwillinge-Merkurprinzip geschuldet.

In ihrer Art sind sie Menschen sehr ähnlich und entsprechen dem Lebensprinzip von Jungfrau-Merkur, wenn sie Pilze anbauen, sich Blattläuse halten, die regelmäßig gemolken werden, und damit Sklavenhaltung betreiben oder wenn sie sich gemeinsam um den Nachwuchs kümmern. Wo sie Armeen aussenden und Beutezüge organisieren, steht natürlich das Marsprinzip im Vordergrund; wenn sie im Notfall sogar auf chemische Kriegführung setzen, kommt Pluto mit ins Spiel. Bei der perfekten Organisation ihrer großen Wohnanlagen, die als sogenannte Ameisenhaufen eindeutig verkannt werden, weil sie – viel mehr als bloße Haufen – eher ein Wunder an Koordination, Kommunikation und Organisation sind. Als Termiten bauen sie sogar eindrucksvolle Hochhäuser in organischen Formen.

Die sprichwörtliche fleißige Biene als soziales Wesen mit ihrer perfekten Gemeinschaft im Bienenstock ist durch und durch merkurial und hat dabei sowohl Anteile des Jungfrau- als auch des Zwillinge-Merkurs, etwa als »Bienchen summ herum«, das von Blume zu Blume unterwegs ist und für Befruchtung sorgt oder mit seiner raffinierten Kommunikation in Form von Tänzen die anderen Bienen der Stockgemeinschaft über die besten Nektarplätze informiert. Wobei ihr Befruchtungsauftrag über den Pollenaustausch gleichsam nebenbei mitläuft und eine Biene hauptsächlich als fleißige Sammlerin die sechseckigen Waben mit Honig füllt, um für den Winter vorzusorgen. Die Waben verbinden in ihrer Signatur des Hexagramms oben und unten, Himmel und Erde und sind damit wieder vor allem ein Symbol für den Zwillinge-Merkur. Auch der Trick des Imkers, diesen gesammelten Honig gegen Zuckerwasser auszutauschen, ist ganz Zwillinge-Merkur, sich der Vorräte zu bedienen aber Jungfrau. Als Wesen der Stockgemeinschaft geht die Biene gemäß Jungfrau-Merkur zu Werke, als Luftwesen natürlich gemäß Zwillinge-Merkur. Der Aspekt der Vorsorge, um den sich der größte Teil ihres Lebens dreht, macht sie jedoch zu (arche-) typischen Vertretern des Jungfrau-Merkurprinzips.

Die Gans als typisches Nutztier übernimmt freiwillig Sicherheits- und Ordnungsaufgaben, etwa wenn sie besser als mancher Wachhund vor Eindringlingen warnt. So soll eine Schar Gänse einmal Rom, die ewige Stadt, vor einem Überfall gewarnt und gerettet haben. Von Schwänen lassen sich Gänse auch als Gouvernanten zur Beaufsichtigung des Nachwuchses anheuern.

Der schlaue Fuchs tendiert als Trickster wieder sehr zu Zwillinge-Merkur. Seine Sicherheitspolitik, bei der jeder Bau auf und für jeden Fall viele Ausgänge hat, ist aber typisch Jungfrau-Merkurprinzip. Hier wird vorgesorgt und für alle und besonders die schlimmsten Eventualitäten geplant.

Unter den Pferden, die eigentlich zum Jupiterprinzip gehören, sind die Hannoveraner als typische Vielzweckpferde unter Jungfrau-Merkur einzuordnen; vom Reit- und Springpferd bis zum Kutsch- und Arbeitspferd stehen sie ihr Pferd.

Pflanzenreich

Typisch sind hier eher unauffällige, bescheidene, kaum sichtbar blühende Pflanzen, die sich mehr in Wurzel- und Blattwerk ausdrücken: die Eberesche als Baum, die Hainbuche als Strauch sowie Hülsenfrüchte wie Erbsen und Bohnen beim Gemüse, die sowohl Kohlenhydrate als auch Protein enthalten.

Unter den Heilpflanzen sind Fenchel und Kümmel mit ihrem Bezug zur Verdauung anzuführen, wie überhaupt alle Küchenkräuter, die verdauungsfördernd wirken.

Unter den Blumen ordnen wir so unauffällige bis als spießig beleumundete Wesen wie Nelken und Astern sowie die Gewächse des herbstlichen Bauerngartens Jungfrau-Merkur zu.

Unter den Früchten sind es die Mirabellen, in Österreich auch »Kriecherln« genannt, vielleicht weil sie so klein und bescheiden anmuten und einfach nicht viel hermachen, aber doch in der Marmeladen- und Schnapsproduktion gut verwertbar sind. Auch Zwetschgen, Himbeeren, Johannisbeeren und Brombeeren, alle bevorzugt aus biologischem Anbau, gehören zu Jungfrau-Merkur.

Landschaften und Orte

Nutzflächen, die der landwirtschaftlichen Produktion dienen, dabei aber nicht wie die Kulturlandschaften der Stier-Venus das Herz berühren, sondern eher an den Geldbeutel denken lassen, sind typisch für das Jungfrau-Merkurprinzip. Falls der Schrebergarten der Gemütlichkeit dient, gehört er zum Mondprinzip. Falls er aber der Produktion von gesundem und preisgünstigem Gemüse vorbehalten bleibt, hat er jungfräulich-merkurialen Charakter. Geschickt angelegte Getreidefelder, aus denen sich etwas herausholen lässt, die Kornkammern als Reserven und Orte der Ernährungssicherung und damit der sozialen Sicherheit, sind hier zu nennen. Damit auch zersiedelte Landschaften wie im Schwabenland, in Vorarlberg, im Ländle und in der Schweiz, wo aus allem etwas herausgeholt wird und Landwirtschaft und Industrie nahe beisammen liegen, die Produktion und das, was das Land hergibt und bringt, im Vordergrund stehen.

Grundsätzlich gehört der gesamte Bereich, der mit Arbeit zu tun hat, zu Jungfrau-Merkur, besonders Orte wie die industriellen und universitären Forschungslabore, Bibliotheken und alle wissenschaftlichen Areale und hier wieder besonders die großen Institute, die mit Elektronenmikroskopen arbeiten, die erlauben, bis ins kleinste Detail alles zu durchschauen. Industrie überhaupt (von lateinisch industria = Fleiß) ist typisch für dieses merkuriale Lebensprinzip. Weiterhin gehören die Forschungsbereiche der Medizinwissenschaft und der Pharmazie dazu, auch die Sprech- und Untersuchungszimmer von Ärzten.

Zu den für dieses Merkurprinzip typischen Ländern zählen Norwegen und Schweden, die vernünftig und kühl und eher sogar unterkühlt und mit Understatement regiert werden, und das weitgehend skandalfrei und sozial angepasst. Selbst wenn mal ein schwedischer König aus französischstämmiger Dynastie des Lotterlebens überführt wird, bestätigt das als selbstverständlich skandalöse Ausnahme eher diese Regel. Diese Länder sind vernünftig und durchschaubar bestens organisiert und funktionieren – trotz schwieriger Umwelt- und Wetterbedingungen – wirtschaftlich meist optimal. Ohne viel Verschwendung konnte in Schweden ein hoher Lebensstandard erreicht werden. Sozial verantwortlich wurden große Einkommensunterschiede durch entsprechende Steuerpolitik nivelliert.

Die Schweiz hat neben den beschriebenen Einflüssen des Stier-Venusprinzips einiges an merkurialen Aspekten zu bieten, sobald die wirtschaftliche Funktion an erster Stelle steht und selbst Dinge wie Umweltschutz zurückstehen müssen, wenn es um das geschickte Verdienen oder Sicherstellen von noch mehr Franken geht. Eine Stadt wie Basel, in der die Pharmaindustrie das bestimmende Element ist, am Rhein als früher entscheidendem Handelsweg verkehrsgünstig gelegen, floriert und gedeiht in wirtschaftlicher und damit merkurialer Hinsicht.

Jerusalem, das sich gleich drei große Religionen teilen und das versucht, allen durch geschickte Anpassung gerecht zu werden, verkörpert ebenfalls das Jungfrau-Merkurprinzip. Auf kleinstem Raum müssen – in letzter Zeit immer forderndere – Muslime mit orthodoxen Juden und verzückten Christen in größter Nähe getrennt organisiert werden. Immerhin brauchen Letztere hier eine eigene Psychiatrie, weil sie so oft zu viel bekommen von dieser besonderen Stadt und ihrer Energie.

Jungfrau-Mythen

Jungfrau bezeichnet ursprünglich weniger den biologischen Zustand der Jungfräulichkeit als eine Frau, die nichts mit Männern zu tun und zu schaffen hat. Sie hat noch keinen Mann gehabt, will auch gar keinen, sondern bleibt frei und ungebunden, damit unabhängig und selbstständig. Da unverheiratet, gehört sie niemandem außer sich selbst, schon gar keinem Mann. Sie lebt unabhängig von Männern und ist sich selbst genug.

Als hierfür typische mythologische Gestalt ist vor allem Pallas Athene zu nennen. Aus Bescheidenheit und Vernunft verzichtete sie auf Liebesbeziehungen, um dadurch weder Verwirrungen noch Konflikte heraufzubeschwören. Ihre Interessen und Fähigkeiten waren vielseitig, immer praktisch ausgerichtet und für die Menschen nutzbringend. Zugeschrieben werden ihr die Erfindung von Lehmtopf, Pflug, Rechen, Ochsengespann, Zügel und Schiff. Sie ist auch die Überbringerin des Olivenöls und galt überhaupt als Patronin der weiblichen Künste wie Kochen, Weben und Spinnen. Wenn sie sich in Kriege einmischte, dann vor allem, um vernünftige Lösungen herbeizuführen. Nicht selten wurde sie den griechischen Kriegshelden als besonnene Animagestalt zur Seite gestellt. Als Kriegerin denkt sie im Gegensatz zu Ares-Mars strategisch und weit voraus, was sie ihm und seiner Brachialgewalt weit überlegen sein lässt.

Auch Demeter, die Fruchtbarkeits- und Erntegöttin, ist immer eine eigenständige und unabhängige Göttin geblieben, die nach ihren weiblichen naturgegebenen Regeln lebte. So mag sie auch zu den jungfräulichen Göttinnen zählen, obwohl sie Mutter von Kore-Persephone, dem Samenkorn ist.

Hestia, die Hüterin des Herdes beziehungsweise des inneren Feuers, hat wie alle anderen jungfräulichen Göttinnen bewusst und aus vernünftiger Erwägung diesen Weg gewählt. In ihr verehrte man das reine, heilige Feuer als Zentrum der Kultstätten und der familiären Gemeinschaft, das den ruhenden Pol eines geordneten Lebens symbolisierte.

Die griechische Mythologie war bezüglich der weiblichen Archetypen schon weiter als unsere moderne Welt, die sich noch immer schwertut mit völlig selbstständigen Frauen, die sich ohne Mann zurechtfinden und definieren. Eine moderne »jungfräuliche« Frau, die sich einer Wissenschaftskarriere verschreibt, wird noch immer oft sogar von Frauen mit Kommentaren wie: »Die hat wohl keinen abbekommen« herabgesetzt.

Politik(er)

Mit ihrer außergewöhnlich guten Anpassungsfähigkeit gelten Vertreter des Jungfrau-Merkurprinzips in der Politik rasch als opportunistisch wie etwa der Bayer Franz Josef Strauß. Nach dem Krieg verkündete er, dass einem Deutschen, der wieder eine Waffe in die Hand nehme, diese abfallen solle. Dann organisierte er die Wiederbewaffnung und den Aufbau der Bundeswehr. Als strammer Antikommunist beschaffte er ausgerechnet der DDR Milliardenkredite. Was etwas einbrachte, wurde gemacht und in einem System von Amigo-Wirtschaft organisiert, für das dann erst die Nachfolger büßen mussten.

Jassir Arafat, die Galionsfigur der Palästinenser, wurde vor allem für seine Geschicklichkeit bekannt, sich ständig ins Gespräch zu bringen, dann aber anders zu reden, als zu handeln und sich und seine Familie an Hilfsgeldern der Staatengemeinschaft zu beteiligen beziehungsweise zu bereichern, was aber bis auf die Geschicklichkeit keine jungfräuliche Art ist. Eher ist die Idee, alles unter einen Hut zu bringen und neben dem Verhandeln auch gleich noch ein kleines Geschäft in eigener Sache unterzubringen, typisch für dieses merkuriale Lebensprinzip.

Feuilleton

In der Architektur ist der Stil des Klassizismus typisch für Jungfrau-Merkur, aber auch der vernünftig auf Wesentliches reduzierte Bauhausstil, der uns weltweit die Flut (oder Pest) der Plattenbauten beschert hat – keine Schnörkel und nichts, was nicht unbedingt notwendig ist. Die akribische maurische Ornamentik ist hier jedoch ebenso einzuordnen, denn sie wurde entwickelt, um den religiösen Auftrag der Vermeidung aller Bilder zu erfüllen.

In der Musik finden wir bei diesem Merkurprinzip eher leise Klassik, und zwar als Gegenpol zur bombastischen, vom Jupiter-prinzip beeinflussten Musik beispielsweise eines Berlioz. Hier wird gern filigranen mittelalterlichen Lautenweisen oder verhaltener klassischer Cembalomusik gelauscht oder dem fast mathematisch komponierten »Wohltemperierten Klavier« von Johann Sebastian Bach. In der Moderne sind bei diesem Merkurprinzip viele sozialkritische Balladen von Bob Dylan anzusiedeln mit ihrem Anspruch auf Besserung und Reform oder Lieder wie »Die Diplomatenjagd« oder »Annabelle« von Reinhard Mey.

In der Malerei gehören die Werke des Naturalismus zum Jungfrau-Merkurprinzip, ebenso filigrane Techniken wie die Radierung, bei der es um detailgetreue Wiedergabe geht. Miniaturen und auch die detaillierten, in der Aussage durchaus kritischen Bilder Carl Spitzwegs wie »Der Bücherwurm« oder »Ein Hypochonder« (»Die Dachstube«) gehören prinzipiell zu Jungfrau-Merkur. Wäre Goethe nicht der Deutschen Dichterfürst geworden, hätte er sich sicher auch als Naturwissenschaftler einen Namen gemacht, etwa mit seiner Farbenlehre oder der Beobachtung der Metamorphosen in Tier-und Pflanzenreich. Vieles, was von ihm in Steiners Anthroposophie einging, war in diesem Sinne vom Jungfrau-Merkurprinzip geprägt, bis hin zum anthroposophischen Symbol des Goetheanums, jenes Baukunstwerkes, in dem Wissenschaft und Kunst, Medizin und Religion sich in der Anthroposophie oder Menschenbeziehungsweise Lebensweisheit verbinden sollen.

Unter den Philosophen ist Hegel zu nennen, der Wert darauf legte, dass das Bewusstsein das materielle Sein bestimmt, und der damit das Jungfrau-Merkurprinzip ein gutes Stück erlöst hat.

Der Dichter und Lebensreformer Leo Tolstoi war im Zeichen Jungfrau geboren und versuchte – wie ein Arzt der ganzen Gesellschaft – , die Lebensbedingungen in Russland und der Welt zu verbessern. Er sprach sich gegen die Leibeigenschaft aus und lag als kritischer Geist fast ein Leben lang mit dem zaristischen Russland, aber auch mit seiner eifersüchtigen Ehefrau im Clinch.

Der überaus fleißige Naturforscher und Geograph Alexander von Humboldt ist ebenfalls unter diesem Merkurprinzip geboren. Auf seinen zahlreichen Reisen durch Südamerika forschte er nicht nur akribisch auf den Gebieten der Geographie, Geologie, Klimakunde und des Erdmagnetismus, sondern brachte auch von jeder Forschungsreise Tausende Präparate von bisher unbekannten Tieren und Pflanzen mit nach Europa. Über alles führte er genauestens Tagebuch, was zur Grundlage seines umfangreichen Werkes Reise in die Äquinoktial-Gegenden des neuen Kontinents wurde. In seinem späteren Hauptwerk Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung wollte er alles damalige exakte naturwissenschaftliche Wissen methodisch zu einer neuen Weltschau verbinden. Noch heute ist Humboldt Namensgeber zahlreicher Universitäten weltweit.

In der Unterhaltungsliteratur schuf Agatha Christie ein großes Werk. Mit ihren ausgeklügelten und psychologisch verschlüsselten Detektivgeschichten verhalf sie ihren jungfräulichen Hauptfiguren Miss Marple und dem peniblen, detailversessenen Hercule Poirot zu Kultstatus und machte mit einer Gesamtauflage von weit über zweihundert Millionen verkaufter Bücher viel Geld.

Unter den Schauspielerinnen ist Ingrid Bergmann ein gutes Beispiel für das Jungfrau-Merkurprinzip. In einer Zeit, in der sich hauptsächlich Hollywood-Diven und Sexbomben auf der Leinwand tummelten, beeindruckte sie mit ihrer schlichten, etwas biederen Art, mit der sich auch die ganz normale Frau identifizieren konnte. In ihrem legendären Erfolgsfilm Casablanca entscheidet sie sich am Ende – Jungfrau-Merkur typisch – gegen ihre große Liebe und für ihren Ehemann.

(Arche-)typische Problemkette

Spezialistentum

Eine Zeit, die so sehr dem Merkurprinzip zuneigt wie unsere, hat trotzdem ihre liebe Not mit dessen zwei Seiten, der zwillingehaft luftigen und der jungfräulich irdischen. Der Universaldilettant, wie er sich zum Beispiel im praktischen Wald-und-Wiesen-Doktor ausdrückt, hat, was Renommee und Honorar angeht, dabei eindeutig das Nachsehen hinter dem wissenschaftlich angehauchten »Fachidioten« in Facharzt-Gestalt. Beispielsweise steht jeder Nuklearmediziner von Einkommen und Ansehen weit über jedem Landarzt. Der Nuklearmediziner selbst müsste eigentlich erkennen, wie irrelevant er für die Volksgesundheit im Vergleich zu einem Landarzt ist. Aber heute wimmelt es in der Welt nur so von »Fachidioten«, die sich ihres hohen Ansehens und Einkommens erfreuen. Die »Universaldilettanten« werden dagegen immer weniger, weil weder geschätzt noch anständig honoriert. Alleskönner, die das Große und Ganze sehen, brauchen wir aber in der heutigen Medizin viel dringender als Spezialisten, die über den eigenen Tellerrand nicht hinausblicken.

Die Massierung und das Selbstbewusstsein von Fachärzten nimmt oft schon groteske Formen an, etwa wenn der Nephrologe oben in der Niere sitzt und der Urologe von unten heraufdrängt und sie um ein und dasselbe Organ streiten. Dass sich all die »-logen« vom Kardio- über Pulmo-, Hepato-, Gastro-, Entero- bis zu den Neurologen nicht um die Seele kümmern, wenn sie schon neben ihrer jeweiligen »-logie« den ganzen Rest unter den Tisch fallen lassen, ist traurig, aber fast (selbst-)verständlich. Darüber hinaus leisten sie dem schrecklichen Medizinerdenken im Sinne von »die Niere von Zimmer 14« Vorschub. Trotzdem ist der Zug in diese unangemessene und gefährliche Richtung längst abgefahren. Auf dieser Ebene verliert also der Zwillinge- klar gegen den Jungfrau-Merkur. Auch so mancher Etikettenschwindel wie die Umbenennung des praktischen Arztes in den Facharzt für Allgemeinmedizin konnte daran nichts ändern, wobei die anderen Tricks aus der entsprechenden Kiste von Zwillinge-Merkur oft vielversprechend sind.

So notwendig diejenigen, die von fast allem fast nichts wissen, in der Medizin sind – auch diejenigen, die von fast nichts fast alles wissen, sind wichtig. Ideal wäre, wenn beide gut zusammenspielen wie die beiden Seiten von Merkur. Leider ist das in der modernen alltäglichen deutschen Medizin immer weniger der Fall. Der Universaldilettant müsste die Weichen stellen und zum Fachidioten überweisen, so das Ideal.

In Wirklichkeit tendieren immer mehr Patienten gleich zum Facharzt und entscheiden damit selbst, was mit ihnen geschieht. Wenn dieser wie ein Fachidiot agiert, wird er als Chirurg operieren, als Internist Pillen geben und als Psychotherapeut psychotherapieren – vor lauter Bäumen wird so fast regelmäßig und mit gravierenden Folgen der Wald übersehen.

Das heute so weit verbreitete Spezialistentum ist Ausdruck und unerlöster Auswuchs von Jungfrau-Merkur. Es wird zwar kaum irgendwo so gefährlich wie in der Medizin, kommt aber überall vor.

Selbst im Sport gibt es heute kaum noch Skifahrer, die alle Disziplinen beherrschen, sondern entweder Slalom- oder Abfahrtspezialisten. Sogar der Riesenslalomspezialist unterscheidet sich in seinen Trainingsprogrammen noch vom Slalomfahrer. Und natürlich machen die Hobbysportler so etwas nach, obwohl auch hier der Allrounder, der seinen Körper insgesamt mit Bewegung in Form hält, viel gesünder lebt.

Leistungsdruck

Das Prinzip der Arbeitseinsparung und damit der Rationalisierung ist ein besonderes Anliegen dieses Merkurprinzips, und hier kann es sich in unserer Zeit austoben vom Controlling bis zum Einsparen von Arbeitsplätzen und ganzen Sparten. Beim (Weg-)Rationalisieren und Outsourcen ist Jungfrau-Merkur immer dabei und natürlich auch bei deren Endergebnis, dem Burn-out. Spezielle Unternehmensberater haben sich dem jungfräulich-merkurialen Überarbeiten, Verbessern und Controlling von Firmen verschrieben, um dort wirtschaftlich noch mehr herauszuholen. Sie arbeiten ausschließlich im Hinblick auf finanziellen Gewinn und daher ganz im Interesse der Besitzer oder Aktionäre. Der Aktionärswert oder Shareholder Value steht an oberster Stelle, und es zählt nur, was unter dem Strich bleibt. Doch das, was die solcherart beratenen Manager durch Rationalisieren und Entlassen, Erhöhen des Drucks und der Bedrohung mehr aus den Firmen herauspressen, holen sie letztlich aus den Menschen, die so etwas in der Regel nur bis zu einem gewissen Grad (v)ertragen. Das Ergebnis all dieser Bestrebungen in der Wirtschaft ist damit der Schatten des Jungfrau-Merkurprinzips.

Tatsächlich rechnen sich die Einsparungen und Effizienzsteigerungen nur für die Shareholder. Für die Angestellten und Arbeiter verschwindet die Sicherheit aus der Arbeitswelt, in der nur noch zählt, was jemand bringt und schafft. Genau dieser Leistungsdruck aber schafft die Menschen und bringt sie letztlich um, was nicht im Sinne von Jungfrau-Merkur ist, sondern wie gesagt in seinem Schatten liegt.

Fleischfabriken

Industrialisierung ist grundsätzlich ein Jungfrau-Merkurthema, geht es dabei doch darum, mit mehr Fleiß mehr zu leisten und mehr zu schaffen. Es soll bei der Arbeit mehr herauskommen oder herausspringen und auch mehr gearbeitet werden. Die blühenden Landschaften, von denen der deutsche Exkanzler Kohl schwärmte, meinte er im Sinne von Industrialisierung und damit auch von Zerstörung noch verschonter Lebens- und Landschaftsbereiche. Als es nicht so schnell wie angekündigt ging, waren viele enttäuscht und verärgert, was zeigt, wie sehr sie kollektiv auf diese Art von blühendem Wirtschaftsleben stehen.

Eine besonders herbe Variante dieses Merkurprinzips wird deutlich, wenn sich Industrialisierung und Rationalisierung der Tier-zucht annehmen. Dann wird es im doppelten Sinne jungfräulichmerkurial, und der Schritt vom Bauernhof zur Tierfabrik ist nicht weit. Massentierhaltung endet in Großschlachthöfen, wo am Fließband unter Bedingungen, die von ihrer Grausamkeit ins Plutonische gehen, getötet und zerlegt wird. Aber schon die angeblich streng rationale Massentierhaltung verkommt zu einer unbeschreiblichen Grausamkeit und bringt uns tief in den Schatten des Jungfrau-Merkurprinzips.

Was heute an Fleisch und überhaupt an Tierprodukten wie auch Milch und Eiern von der entsprechenden Industrie hergestellt und geliefert wird, ist alles andere als gesund, was ja das ursprüngliche Anliegen von Jungfrau-Merkur ist. Im Gegenteil sind Tierprodukte – inzwischen sehr klar und deutlich nachweisbar – nicht nur für die wesentlichen Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Probleme mitverantwortlich, sondern auch in einem erschreckenden Maße für Krebs. Die beste Lösung in Gestalt veganer – also von Tierprodukten freier Ernährung – kommt aber auch von Jungfrau-Merkur.26

Angst und Absicherung

Ein anderes großes Thema von Jungfrau-Merkur ist das Versicherungs (un)wesen, zu dem wir in den sogenannten Wohlstandsländern sogar gezwungen werden. Wir müssen unsere Gesundheit und natürlich unser Auto versichern, sonst dürfen wir gar nicht fahren oder überhaupt leben. Wir sind – und besonders die Schweizer – gegen alles und jedes abgesichert, Überschwemmungen auf der Hügelkuppe eingeschlossen. Natürlich sind wir nicht wirklich vor allem geschützt, aber immerhin können wir uns finanziell absichern, und das ist das Hauptanliegen dieses Merkurprinzips. Dabei wird jedoch vom Einzelnen übersehen, dass es ihm grundsätzlich nie gelingen kann, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen.

Kollektiv übersehen wir, dass es gegen die wirklich großen Gefahren unserer Zeit wie Unfälle in Atomkraftwerken schon längst keine Versicherungen mehr gibt. Tatsächlich versichert keine Versicherung dieser Welt noch das Risiko von Atomkraftwerken! Politiker aber, denen entsprechendes Verantwortungsbewusstsein fehlt, haben dennoch den Mut oder die Naivität, sie trotzdem bauen und in Betrieb nehmen zu lassen oder weiterlaufen zu lassen. Menschen, die das wie nach Tschernobyl ausbaden müssen, lassen es sich in ihrer jungfräulich-merkurialen Ängstlichkeit und angesichts der geschürten Furcht vor Stromknappheit weiterhin gefallen.

Die ganz Naiven fühlen sich durch die gebetsmühlenartig wiederholten Versicherungen solcher Politiker wieder beruhigt. Um wenig hat der Bürger so viel Angst wie um sein Geld und seine Gesundheit, scheinbar in dieser Reihenfolge. Und Atomkraftwerke sollen ja etwas (ein-)bringen – vordergründig natürlich Geld und billige Energie, hintergründig aber bringen sie Krankheit und Tod. Die neuerliche Katastrophe von Fukushima hat nun den Angstpegel – jedenfalls in Deutschland – so erhöht, dass sich viele von denen, die aus Angst vor Energiemangel und finanziellen Einbußen bisher für die Atomenergie, jetzt aus noch mehr Angst dagegen entscheiden. Auch die bisherige Atom-Kanzlerin macht als Krebsgeborene mit und wechselte schneller die Seite, als man sich die Augen reiben konnte.

Die Krise an sich ist ebenfalls ein Jungfrau-Merkurthema, und so haben wir in letzter Zeit diesbezüglich viel Anschauungsunterricht. Die Finanzkrise mit ihren platzenden Spekulationsblasen etwa spiegelte Jungfrau-Merkur in doppelter Hinsicht. Das absichtliche Verknappen von Nahrung, um die Preise nach oben zu manipulieren, ist dem Schatten dieses Prinzips zuzurechnen. Verbunden mit allen Krisen ist die Angst, nicht zu wissen, wie es weitergehen und wo es hingehen wird. Das aber ist genau die Grundangst dieses Urprinzips.

Medizin

Körperland und Krankheitsbilder des Jungfrau-Merkurprinzips

Der Dünndarm ist die klassische Gegend von Jungfrau-Merkur im Körperland. Hier wird aufgenommen, analysiert, assimiliert und integriert. Dazu ist es natürlich notwendig, zu unterscheiden und zu diskriminieren. Von der Signatur her ähnelt das sogenannte Dünndarmkonvolut, das mit seinen Windungen wie ein Labyrinth aussieht, verblüffend dem Großhirn. Und tatsächlich geht es beim Gehirn um die Verarbeitung der immateriellen Eindrücke und beim Darm um die der materiellen.

Die exkretorische (ausscheidende) Pankreasfunktion, der die Produktion der Verdauungsfermente des Bauchspeichels obliegt, spielt für den verdauenden Dünndarm eine wichtige Rolle und gehört auch zu diesem merkurialen Lebensprinzip. Die Entzündung der Bauchspeicheldrüse, Pankreatitis, konfrontiert vom Krankheitsbild her mit Marsenergie, die sich auf einen Jungfrau-Merkurbereich stürzt. Dementsprechend geht es darum, sich mit archetypisch männlicher Energie offensiv der archetypisch weiblichen Seite der Analyse und Assimilation zu widmen, zum Beispiel sich mutig und engagiert mit der Tendenz, Dinge zu benutzen und zu verwerten, auseinanderzusetzen.

Schließlich ist das Zwerchfell, unser entscheidender Atemmuskel, noch zum Jungfrau-Merkurprinzip zu rechnen. Zu den Krankheitsbildern gehört der Bruch dieser Muskelplatte, die Zwerchfell-Hernie. Symbolisch wird die Trennwand zwischen Ober- und Unterleib durchbrochen, was sowohl die Verdauung, wenn sich Darm einklemmt, als auch die Atmung, wenn Lungengewebe in die Bruchpforte rutscht, beeinträchtigen kann.

Eine besonders jungfräulich-merkuriale Region ist der Zwölffingerdarm, dessen häufige Geschwüre so oft mit denen des Magens (Mondprinzip) verwechselt werden. Beim Zwölffingerdarm-Geschwür (Duodenalulkus) kommt es zum Austritt archetypisch männlich scharfer Magensäure (Marsprinzip) in die weibliche Region des Duodenums, das durch basische Pankreasenzyme alkalisches Milieu hat. Die Säure neutralisiert dieses zuerst, und im Überfluss frisst sie sich in die Tiefe und zerfrisst so den wichtigsten Analyseteil, sozusagen das Hirn des Darms nicht selten bis aufs Blut. Tatsächlich verblutet fast niemand an einem Magengeschwür, aber vergleichsweise viele an solchen des Zwölffingerdarms.

Die Aufgabe lautet hier also ganz im Gegenteil zum häufig verwechselten Magenulkus, sich voller Hingabe und unter Aufbietung all seiner Lebensenergie – symbolisiert im Blut – mit seiner Vernunft, Logik und seinem Ehrgeiz auseinanderzusetzen, eben auch bis aufs Blut. Im Unterschied zum Magengeschwür bessert hier Essen physio-logisch, weil es die Säure im Magen bindet und zurückhält. Seelisch geht es folglich darum, sich zu nähren und zu verwöhnen, es sich gut gehen zu lassen und dem eigenen kritischen, nörgelnden analytischen Anteil Paroli zu bieten. Die Patienten dürfen also hinein in jene verwöhnende Regression, aus der Magenpatienten besser ausbrechen sollten. Oft waren die Betroffenen schon sogenannte hypersekretorische Babys, deren Hunger fast nicht zu stillen schien. Die Aufforderung ist deutlich, ihn jetzt zu stillen, denn Verwöhnung und archetypisch Weibliches (Alkalisches) bessert.

Hinzu kommt meist Verstopfung, was zusätzlich anzeigt, wie bedürftig die Betroffenen sind und dass sie nichts mehr hergeben können. Die sogenannten Teerstühle – das verdaute Blut nimmt bis zum Ausgang schwarze Farbe an – sind eine Aufforderung, feuriges Rot in stilles Schwarz zu wandeln, es also mit der Lebensenergie ruhiger und gelassener, weniger kritisch und ehrgeizig angehen zu lassen. Selbst noch das Symptom des Verblutens – wenn die Lebenskraft langsam davonfließt – zwingt in die Passivität extremer Ruhe. Das ist allerdings gefährlich, denn die Betroffenen wehren sich dann kaum noch und fühlen sich nicht annähernd so schlecht, wie es ihnen schon geht.

Früherkennung und Vorbeugung

Ein entscheidend wichtiges Thema des Jungfrau-Merkurprinzips ist die aus Sorge und Angst geborene Früherkennung, die in der modernen Medizin echte Vorbeugung völlig in Vergessenheit geraten ließ. Die Schulmedizin hat mangels Verständnis der Schicksalsgesetze und damit der Spielregeln des Lebens wie auch des Schattenprinzips und vor allem der Lebensprinzipien gar keine Chance, das Wesen von Krankheitsbildern zu verstehen. So kann sie natürlich auch nicht dazu anleiten, sich früh- und damit rechtzeitig einem Thema zu beugen. Sie hat diesen Ansatz aufgegeben, um ganz auf Früherkennung zu setzen. Offenbar glaubt sie selbst gar nicht mehr daran, Krankheitsbilder verhindern zu können – außer vielleicht beim Impfen –, sondern sieht ihr Heil darin, bereits ausgebrochene Krankheitssymptome frühzeitig zu entdecken, um noch rechtzeitig eingreifen zu können.

In ihrer Angst, die sie leider auch verbreitet, wird sie in ihren Maßnahmen, die eigentlich grundsätzlich zu spät kommen, weil die Vorbeugungsabsicht aufgegeben wurde, immer radikaler. Besonders wenn Organe nur bei Frauen vorkommen, werden diese gern im Ganzen – sozusagen prophylaktisch – entsorgt wie jahrzehntelang Gebärmütter und jetzt Brüste. So landet man im Schatten des Jungfrau-Merkurprinzips, und das ist weder gesund noch vernünftig, sondern gefährlich und verrückt.

Wir brauchen diesen Gedanken nur ins Extrem weiterzuverfolgen, um seine Absurdität zu erkennen. Nach dieser Logik könnten wir wegen grundsätzlicher Krebsgefahr »prophylaktisch« alles bis auf das Gehirn entsorgen, das dann in einer Nährlösung schwimmend immer noch Angst vor Gehirntumoren hätte.

Inzwischen kommt für die Schulmedizin erschwerend hinzu, dass eigene Leute wie etwa die Professoren Mühlhäuser in Hamburg und Holzgreve in München vor den Nebenwirkungen der Früherkennung warnen. Auch die eigene wissenschaftliche Forschung entlarvt, wie deutlich der Schaden oft den Nutzen überwiegt. Besonders die sogenannte evidenzbasierte Medizin (Evidence-based Medicine), ein jungfräulicher Ableger der Schulmedizin, der die wissenschaftliche Methodik auch auf die eigenen Maßnahmen anwendet, hat sich hier mit vielen enthüllenden Studien hervorgetan.

Jungfrau-Merkurenergie im Namen

Ein für Jungfrau-Merkur typischer Name ist Hildegard. Damit klingt schon gleich Hildegard von Bingen an, die als wissende Kräuterfrau und Heilerin ihrer Zeit in der Heil-Kunde weit voraus war. Hildegard kann sich schützen, das besagt der zweite Namensteil, wie er noch in Garde anklingt.

Die bei diesem Lebensprinzip ansonsten anzutreffenden Namen sind eher Allerweltsnamen ohne großen Anspruch, aber mit bodenständigem Klang wie Gertraud, eine Frau, die sich traut, den Ger oder Speer zu führen und sich zu sperren und zu schützen. Bei den Männern ist Ulrich der an Erbe und Heimat reiche, also ein bodenständiger Mensch, und Manfred ein dem Frieden dienender Mann. Franz ist dagegen einer, der frank und frei und auch etwas frech sein kann. Populär wurde der Name durch den heiligen Franz von Assisi, der für die umfassende Liebe zu allen Geschöpfen steht und für das Jungfrau-Merkurprinzip eine ziemliche Herausforderung und Lernaufgabe darstellt.

Bearbeitung und Einlösung von Jungfrau-Merkurthemen

1. Auf der untersten Stufe lassen Pedanterie und Haarspalterei bereits die Liebe zum Detail und die Achtsamkeit für kleine Dinge anklingen. Aus Zynismus und Sarkasmus ließe sich gutes Kabarett entwickeln, aus Verurteilung und Abwertung anderer treffende Einschätzung. Ordnungs- und Sauberkeitswahn wollen in Ordnungsliebe im Hinblick auf die große Ordnung gewandelt werden. Zwanghaftigkeit verlangt nach unbedingtem Gehorsam gegenüber der wirklichen Ordnung.

 

2. Auf der nächsten Ebene wären Kritiksucht, Nörgelei und Misstrauen in scharfes kritisches Denken, Mut zur eigenen Meinung und gesunde Vorsicht zu transformieren. Aus Erbsenzählerei und Wortklauberei können Genauigkeit und Präzision wachsen, die Schule machen. Aus Schlaumeierei möchte Klugheit entstehen. In Ämtern könnten Bürokraten und Paragraphenreiter Freude darin entdecken, anderen rasch und effizient weiter und Projekten auf den Weg zu helfen. Duckmäuserei will zu Demut werden; Angst die ihr entsprechende Enge erkennen und darüber hinauswachsen. Opportunismus zielt auf Anpassung. Putzfimmel und Aufräumsucht lassen die Aufgabe erkennen, für Sauberkeit auf allen Ebenen und unter Einschluss der Gedanken zu sorgen und die große Ordnung zu finden und zu achten. Aus der Tatsache, dass fast alles käuflich ist, könnten Entspannung und Bescheidenheit folgen, weil man fast nichts braucht.

 

3. Fachidioten und Besserwisser der dritten Ebene können Spezialisten werden mit Beobachtungsgabe und Liebe zum Detail, die mit der Zeit lernen, es wirklich besser zu wissen und in all den Details Ordnung zu finden, nämlich die große. Wenn die Ängstlichkeit hinter wertendem Schubladendenken als solche durchschaut ist und aus der Enge Weite wächst, können sinnvolle und hilfreiche Ordnungssysteme entstehen und gelehrt werden. Die hier typische Hypochondrie ist eine – wertfrei betrachtet – große, übertriebene Faszination und Beachtung des Organismus. Viele der besten Ärzte und Therapeuten haben als Hypochonder begonnen und sich weiterentwickelt. Wissenschaftsgläubigkeit könnte in echtes Wissen gewandelt werden, aus dem sogar einmal Weisheit wird. Statt sich in unwichtigen Details zu verlieren, sind diese zu ordnen und wie bei einem Mosaik als Teile des Großen und Ganzen zu erkennen. Aus dem Hang, alles als (ver-)käuflich zu betrachten, wollen Geschäftstüchtigkeit und fairer Handel wachsen.

 

4. Auf der vierten Ebene ließe sich das Effizienzdenken bewahren und durch Gefühl und Lebendigkeit ergänzen. Beobachtungsgabe, Genauigkeit, Gelehrsamkeit, Arbeitsfreude, Anpassungsfähigkeit und Forschergeist sind lediglich auf die Themen zu richten, die zum eigenen Muster und zur persönlichen Struktur passen. Dem eigenen Lebensplan entsprechend eingesetzte Beständigkeit und Ausdauer, Vor- und Übersicht werden zu Geschenken.

 

5. Abstraktionsfähigkeit und strukturiertes Denken der fünften Stufe, gepaart mit ordnender Vernunft und Klugheit, können das Leben im tieferen Sinn in Ordnung bringen. Ökonomisches Denken und Handeln ohne Hintergedanken kann Grundlagen schaffen, um Träume zu verwirklichen. Beobachtungsgabe und Unterscheidungsfähigkeit, gekoppelt mit effizienter Planung, Selbstdisziplin und Ordnungsliebe, machen große Werke möglich und unterstützen die Selbstverwirklichung.

 

6. Auf der sechsten Ebene bringen die Liebe zu den Details des Lebens, Sorgfalt und Achtung gegenüber den kleinen alltäglichen Dingen, Geduld, Bescheidenheit und Demut dahin, sich an seinem Platz in dieser Schöpfung einzuordnen, ins rechte Licht zu setzen und für letzte Schritte vorzubereiten. Rücksichtnahme, Sorgfalt und Gehorsam gegenüber den Schicksalsgesetzen sind in Fleisch und Blut übergegangen und werden selbstverständlich.

 

7. Die letzte Stufe bringt Ankommen in völliger Achtsamkeit und die Verwirklichung und Erkenntnis der großen göttlichen Ordnung innen wie außen. Es entsteht Dankbarkeit für alles, was das Leben schenkt.

Meditationen, Therapien, Rituale

Rituelle Reinigungszeremonien, auch spirituelle Heilungen und Glaubensheilungen, wie sie das Neue Testament von Jesus Christus beschreibt, gehören zum Jungfrau-Merkurprinzip. Weiterhin fallen Arbeitsmeditationen, die zur Achtsamkeit anregen, darunter, etwa bewusste Gartenarbeit, wie sie in Findhorn kultiviert wurde. Hinzu kommen jene Achtsamkeitsmeditationen wie Zen-Kloster prägen und die Richtung des Za-Zen auszeichnen – und zum Buddhismus gehören. In diesem Sinne sind auch Kalligraphie, das bewusste Schreiben mit Tusche, zu nennen sowie Karma-Yoga. Bei dieser Form des Yoga geht es darum, sehr bewusst die Karma-Früchte zu ernten, die man in früheren Situationen und Leben gesät hat, und sie entsprechend zu verarbeiten.

In der naturheilkundlichen Therapie findet Jungfrau-Merkur Ausdruck in Diäten und Ernährungsumstellungen. Veganes Leben als Exerzitium der Achtsamkeit ist solch eine anspruchsvolle Übung; im Übrigen finden wir hier als typische Diätformen die Rohkost nach Bircher-Benner oder Brucker, Waerland-Kost, Haysche Trennkost, außerdem Buchinger-Fasten und Fasten-Wandern.

Symbioselenkung und Darmreinigung im Sinne von Colon-Hydrotherapie passt natürlich ebenso gut zu Jungfrau-Merkur wie auch jene Kräuterkuren, die besondere Darmreinigung versprechen wie die mit »Blessed Herbs«.

Schließlich ist die ganze Detox-Welle, die die moderne Welt erfasst, vom Jungfrau-Merkurprinzip geprägt – mit all den (arche-)typischen Fehlern, die hier naheliegen. Oft fragt man sich, was körperlich noch alles gereinigt werden soll, wo schon längst Gedanken und Bewusstsein das Problem sind. Darmreinigung hat ihre Grenzen, und Ehrgeiz ist hier praktisch nie zielführend. Letztlich geht es natürlich darum, die Gedanken zu klären und zu ordnen und in dieses Chaos Ruhe zu bringen. Jungfrau-Merkur gerät aber rasch in Gefahr, es körperlich mit zu viel Akribie und Genauigkeit und manchmal mit dem Stahlbesen zu übertreiben und dafür die geistig-seelischen Herausforderungen zu übersehen.

Neben den bereits erwähnten Ritualen der Reinigung und Heilung sind noch solche der Ernte und des Herbstes, etwa Erntedankfeste, zu nennen. Alle Bilanzrituale bei jedem Lebensübergang – wie in Lebenskrisen als Entwicklungschancen beschrieben – gehören zum Jungfrau-Merkurprinzip. Auch alles, was in Richtung ritueller bewusster Arbeit geht, ist hier typisch.

Bewegung und Sport

Bei diesem merkurialen Lebensprinzip ist aller Gesundheitssport anzusiedeln, zum Beispiel Laufen im Sauerstoffgleichgewicht, weil er für das Herz-Kreislauf-System so wichtig ist. Außerdem alles, was an Yoga und Tai Chi, Qi Gong und Kampfkunst für die Gesundheit betrieben wird. »Vernunftsport« hat hier also seine Heimat.

Hinzu kommen pädagogisch angelegte Sportarten, bei denen etwas zu lernen ist. In meinem Umfeld sind das Bewusstseinsgymnastik und Jonglieren, um den Geist zu trainieren und um Intelligenz, Koordination und Flexibilität zu fördern. Im (leistungs-) sportlichen Umfeld wäre an Dressurreiten zu denken, an das Pflichtprogramm im Eiskunstlauf oder an Skilanglauf in gesunder Natur, frischer Luft und natürlich im Sauerstoffgleichgewicht.

Jede Form von Fitnesstraining und all die Sportpädagogen, Fitnesstrainer, Gesundheitsberater und Personal Coaches, von denen es inzwischen fast mehr gibt als Menschen, die sie in Anspruch nehmen, sind hier angesiedelt und meist mit jungfräulichen (guten) Absichten unterwegs.

Hobbys

Werken im Sinne von schnitzen und töpfern ist Sache von Jungfrau-Merkur, um Gebrauchsgegenstände herzustellen, die wirklich benutzt und gebraucht werden und Lob und Dank (ein)bringen, In Kindheit und Jugend entstehen Laubsägearbeiten (nach Vorlage) für Eltern und Geschwister als Geschenke, die man ja sowieso braucht. Wenn sich dann Erwachsene mit dem Hintergedanken, Wertvolles, Wichtiges und Nützliches zu schaffen, mit Restaurieren und Heimwerken (Kupferstechen, Ziselieren, Gravieren) beschäftigen, ist das die Weiterführung. Ähnlich das (technische) Zeichnen als Hobbyarchitekt in der Hoffnung, dadurch den teuren Architekten einzusparen und wirklich gebraucht zu werden. Was auf der Schattenseite ländlichen Landschaften nicht gerade gutgetan, sondern sie mit hässlichen Zweckbauten überzogen hat.

Hobbygrafik und Hobbyfotografie im Hinblick auf eine spätere Verwertung sowie kunsthandwerkliche Hobbys, die in eine Art Geschenkefabrikation ausarten, sind (arche-)typisch. Das Selbstgemalte – am liebsten naturalistisch, detailgetreu – und Selbstgebastelte ist allerdings nur schwer an den Mann zu bringen. So viele Geburtstage, so viele Stellflächen gibt es nicht und schon gar keine Männer, die man damit erfreuen könnte. Dieses Problem ist spezifisch für Jungfrau-Merkur, da bei anderen Prinzipien Hobbys nicht so leicht in Produktion entgleisen.

Zu den Hobbybeschäftigungen gehören auch sozialkritisches Kabarett mit zur Gitarre gesungenen Liedern, wenn möglich auf Kleinkunstbühnen für einen kleinen Nebenverdienst, oder das Diskutieren von Problemen und Zeitthemen, um verfehlte Politik zu verbessern. Man hat Freude daran, lehrreiche Filme, gern Dokumentationen, sogar in Fremdsprachen anzusehen, um diese so nebenbei zu lernen. Dazu passt auch das Schreiben von Sachbüchern wie bei mir, das nebenbei zum Arztberuf entstanden ist – mit einem ersten Fastenbuch und der Rationalisierung: »Damit ich nicht immer dasselbe erklären muss.«

Sinnlichkeit, Erotik und Sex

Jungfrau-Merkur ist nicht gerade ein sinnlich-erotisches Prinzip, aber das bedeutet nicht, hier nur Kostverächter anzutreffen. Allerdings kann es schon passieren, dass das Tantrabuch mit ins Bett genommen wird, um wichtige Techniken noch einmal kurz nachzulesen, die man dann gemeinsam üben kann. Auch der Wunsch, immer besser zu werden und zu lernen, mit der kostbaren Energie hauszuhalten, ist nicht jedermanns Sache und bei vielen anderen Prinzipien wenig beliebt. Hinzu kommt oft noch der Wunsch der Energielenkung, das heißt, die Energie wird mit gesundheitlichen oder spirituellen Zielen erst »aufgebaut«, um dann zu Heilungszwecken in bestimmte Organe oder mit spirituellen Hintergedanken in irgendein unterversorgtes Chakra geschickt zu werden. Auf Dauer fühlen sich manch andere dadurch missbraucht oder jedenfalls genervt. Bei Sex denkt ja nicht jeder gleich an Gesundheit, Heilung und Spiritualität. Aber wie immer, wenn sich zwei mit ähnlichen Ambitionen finden, kann sich da einiges aufbauen und dann auch von selbst ergeben.

Filme

Vor allem sozial- und gesellschaftskritische Dokumentarfilme spiegeln das jungfräulich-merkuriale Lebensprinzip wider, etwa We Feed the World. Thema dieses vielfach ausgezeichneten Filmes ist die Ernährung in unserer globalisierten Welt. In eindruckvollen und aufrüttelnden Bildern gibt der Film Einblick in die Produktion der Lebensmittel, die immer mehr zu Massennahrung verkommen. Er zeigt den unachtsamen und ungerecht aufgeteilten Umgang mit unseren Ressourcen und was der Hunger in der Welt mit uns zu tun hat. Zu Wort kommen nicht nur Konzernchefs, sondern auch viele ganz normale Arbeiter. Ebenfalls hier einzuordnen sind alle kritischen Fernsehreportagen, die vielfältige (auch die kleinen und alltäglichen) Missstände in Politik, Staats(un)wesen und Gesellschaft aufzeigen.

Die schönen Seiten dieses Prinzips greift der wundervolle Film Mikrokosmos. Das Volk der Gräser auf. Mit Hilfe hochdifferenzierer Makroobjektive streiften die Filmmacher, eigentlich Biologen, durch eine Wiese und fanden einen Kosmos jenseits der Wahrnehmung des menschlichen Auges. Diese Naturfilmdokumentation mit Spielfilmcharakter zeigt diese mikrokosmische Wiesenwelt als Abbild unserer makrokosmischen. Hier wie dort geht es um Lebenskampf, Sex, Naturkatastrophen, Liebe. Zu den zahlreichen Hauptdarstellern zählen Läuse, Schnecken, Hirschkäfer, Ameisen, Libellen und viele andere. Es ist ein Film über das Wunder der kleinen Dinge des Lebens.

Ein weiterer für Jungfrau-Merkur typischer Film der etwas anderen Art ist: Am Anfang war das Licht. In dieser Dokumentation folgt der ORF-Filmspezialist P. A. Straubinger den Spuren des Phänomens Lichtnahrung und findet nicht nur viele Menschen, die ohne physische Nahrung leben, sondern dokumentiert alles bis in wissenschaftliche Bereiche. Ein indischer Yogi existiert beispielsweise seit siebzig Jahren ohne Nahrung und lässt seinen Körper von Schulmedizinern und Wissenschaftlern bis ins letzte Detail untersuchen. Selbst unvoreingenommene Wissenschaftler macht dieser Film, an dem ich gern mitgewirkt habe, sprachlos. Und er spaltet die Wissenschaftswelt in jene echten Wissenschaftler, die zum Schluss staunend bekennen, dass es Sachen gibt, die es nach ihrem Weltbild nicht geben dürfte, die aber schon deswegen weiterer Erforschung bedürfen. Auf der anderen Seite entlarvt er jene ewigen Besserwisser, die, um ihr altes Weltbild zu retten, sogar die Kriterien echter Wissenschaft verraten.

Humorvoll und doch vielsagend deutlich beschreibt auch der Film Angsthasen das Thema von Jungfrau-Merkur. Den Versicherungsvertreter Adrian plagen alle möglichen Wehwehchen und Phobien. Als Hypochonder, wie er im Buche steht, beschäftigt er zahlreiche Ärzte. Als er dann endlich die gefürchtete, aber immer erwartete Diagnose Leukämie erhält, kann er wie erleichtert alle Ängste ablegen, und in Erwartung seines baldigen Ablebens beginnt er, sein Leben in vollen Zügen zu genießen. Doch dann stellt sich heraus, dass die Befunde verwechselt wurden. Ein Rückfall in alte Ängste erscheint unvermeidbar, aber Adrian hat inzwischen zu viel Geschmack an wirklicher Lebendigkeit gefunden.

Witz und Weisheit

Mullah Nasrudin ist auf Ägyptenreise und läuft beim Besuch des ägyptischen Museums zu großer Form auf. Kaum weiß der zuständige Ägyptologe zu berichten, eine bestimmte Mumie sei 6000 Jahre alt, verbessert er und sagt: »Bitte, es sind 6007 Jahre.« Eine Pharaonenfigur, die auf 4800 v. Chr. datiert wird, ordnet er exakt auf 4807 v. Chr. ein, und so geht das den ganzen Nachmittag weiter. Am Ende fragt ihn der entnervte Ägyptologe: »Offenbar sind Sie ein besonderer Spezialist für unser Museum und ägyptische Artefakte? « Darauf der Mullah: »Ach nein, ich war nur vor sieben Jahren schon mal hier.«

 

Der Weise kennt keine unumstößlichen Gesetze, er passt sich anderen an. (Laotse)

 

Ein Zyniker ist ein Mensch, der von allem den Preis und von nichts den Wert kennt. (Oscar Wilde)

 

Manche Leute zahlen für Geld jeden Preis. (Arthur Schopenhauer)

 

Es kommt darauf an, den Körper mit der Seele und die Seele durch den Körper zu heilen. (Oscar Wilde)

 

Die zweitwichtigste Kunst nach der Fähigkeit, Gelegenheiten zu ergreifen, ist zu wissen, wann ein Vorteil ungenutzt bleiben muss. (Benjamin Disraeli)

 

Vorsicht und Misstrauen sind gute Dinge, nur ist ihnen gegenüber Vorsicht und Misstrauen nötig. (Christian Morgenstern)

 

Blinder als blind ist der Ängstliche. (Max Frisch)

 

Man muss die Spreu vom Weizen trennen. (Sprichwort, nach Matthäus 3, 12)

 

Du sollst den Tag nicht vor dem Abend loben. (Sprichwort)

 

Wer den Alltag meistert, ist ein Held. (F. M. Dostojewski)

 

Es ist viel schwerer, den Tag in wahrhafter Aufmerksamkeit und Wachsamkeit von Anfang bis Ende zu verleben, als ein Jahr in großen Absichten und hochfliegenden Plänen. (Christian Morgenstern)

 

Carpe diem – Nutze den Tag. (Horaz)